Bad Kreuznach – Von heute an gibt die Stadt Bad Kreuznach jenen ihrer Bürger, die unter Zwang aus ihrer Heimatstadt deportiert wurden, die in den Tod deportiert wurden, ihren Namen zurück. Und sie gibt ihnen gleichsam eine Grabstätte, einen Ort, an der Verstorbenen gedacht werden kann.
Valeryan Ryvlin, Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde, bedankte sich bei Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer, dass es in Bad Kreuznach eine weitere Gedenkstätte für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus gibt. Gemeinsam mit Ryvlin enthüllte die Oberbürgermeisterin auf der Mühlenteichbrücke eine Stele aus poliertem schwarzem Granit mit 226 Namen von Menschen, die einst Mitglieder der Bad Kreuznacher Stadtgesellschaft waren.
Sie sind nicht vergessen. Oberbürgermeister Dr. Heike Kaster-Meurer gedachte der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgerin der Bad Kreuznacher Stadtgesellschaft: Gefeierte Sportler wie die Gebrüder Baruch, Weinhändler, Hoteliers, Gastronomen. Essig- und Schokoladenfabrikanten, Metzger, Kaufhausbesitzer, Musiker, Fastnachter, Kommunalpolitiker, Lokalpatrioten, Veteranen des Ersten Weltkrieges. Menschen, von denen viele in den Stadtvierteln rund um die Alte Nahebrücke/Mühlenteichbrücke wohnten und arbeiteten. Viele von ihnen wurden im April und im Juli 1942 vom Güterbahnhof Bad Kreuznach aus in die Konzentrationslager deportiert. Es war eine bewegende Zeremonie in einer Atmosphäre der Trauer als alle 226 Namen verlesen wurden. Zum Kreis derer, die an die jüdischen Mitbürger erinnerten, gehörten der Ehrenvorsitzende der jüdischen Gemeinde, Nikolaus Blättermann (97), und Heinz Hesdörffer (95), Sohn eines Bad Kreuznacher Schokoladen- und Zuckerwarenfabrikanten, beide Überlebende des Holocausts.
Mitte der 20er-Jahre zählte die jüdische Gemeinde Bad Kreuznach rund 600 Menschen, 2,2 Prozent der Gesamtbevölkerung (damals 27.000 Einwohner), 1933 waren es 713 jüdische Einwohner, Mitte 1939 noch 200.
Der Kantor der jüdischen Gemeinde, Noam Ostrovsky, wies vor seinem Gebet darauf hin, dass in Israel derzeit aller Tragödien des jüdischen Volkes gedacht wird, so auch dem Völkermord an sechs Millionen Juden im Nationalsozialismus.
„Dreydele“ (in der Besetzung Uli Holzhausen, Sonja Gottlieb, Paul Schaupeter) und der Chor der jüdischen Gemeinde sorgten für den musikalischen Rahmen
Vor zehn Jahren gab es die Idee mitten in der Stadt einen Platz zu finden, an dem man dauerhaft an die jüdischen Mitbürger erinnern kann. Gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Bad Kreuznach, der Kreuznacher Diakonie und den Schulen gründete die Verwaltung unter der Leitung der damaligen Kulturdezernentin Helga Baumann die AG „Stolpersteine“. Da es aber Vorbehalte von Seiten des jüdischen Zentralrates gegen das Gedenken in Form von „Stolpersteinen“ gab , rückte man davon ab und benannte die AG „Topographie Zelemochum“, dem jüdischen Namen für Bad Kreuznach, um.
Nach der Sanierung der Alten Nahebrücke, die als Standort für die Stele auserkoren war, griff Oberbürgermeisterin und Kulturdezernentin Dr. Heike Kaster-Meurer diesen Vorschlag und Beschluss des Kulturausschusses aus dem Jahr 2009 auf und ließ sich von diesem Gremium im März 2017 erneut grünes Licht für das Projekt geben. Der rund 1,60 Meter hohe schwarze Granitstein wurde von der traditionsreichen Bad Kreuznacher Bildhauer- und Steinmetzfirma Bussmer & Orben geschaffen. „Wir danken allen Projektbeteiligten sowie den Spenderinnen und Spendern, die dieses Projekt ermöglicht haben. Wir danken auch Hans-Werner Ziemer, der durch seine Nachforschungsarbeit über die Opfer des Nationalsozialismus im Landkreis Bad Kreuznach die meisten Namen und Schicksale recherchieren konnte“, so die OB abschließend.
Übrigens: Im Jahr 2002 wurde im Schloßparkmuseum die sehr erfolgreiche Ausstellung „Integration und Ausgrenzung – 700 Jahre jüdisches Leben in Bad Kreuznach“ gezeigt. Seine Forschungsergebnisse hat der Bad Kreuznacher Historiker Dr. Martin Senner in einem Buch unter dem Titel der Ausstellung veröffentlicht.