Weinheim – „Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, welche dem Leben seinen Wert geben.“ Mit diesem Satz von Wilhelm von Humboldt hat sich Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard am Freitagabend in der Stadthalle bei einer offiziellen Feier von den Bürgerinnen und Bürgern seiner Stadt verabschiedet.
„Ich freue mich deshalb sehr, dass viele Menschen heute gekommen sind, die meinem Leben seinen Wert gegeben haben“, fasste Bernhard in seinen Schluss- und Dankesworten zusammen. Nach 16 Jahren im Amt ist der bald 61-jährige Verwaltungsjurist in diesem im Frühjahr nicht mehr zur Wahl angetreten.
Heute-Bluhm: „Motivator für die Kollegen“
In mehreren von Radio-Journalist Gerhard Mandel moderierten Gesprächsrunden und in wenigen Grußworten würdigten Wegbegleiter Bernhards Wirken in diesen zwei Amtszeiten als Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt. Gudrun Heute-Bluhm, Geschäftsführende Vorsitzende des Städtetages Baden-Württemberg nannte Heiner Bernhard einen „Motivator für alle Kolleginnen und Kollegen im Land“. Sie schmunzelte: „Er wusste immer, was er wollte – und die anderen wussten es dann auch“. Mit Heiner Bernhard gehe in der kommunalen Familie des Landes „Herz und ein Stück Kompetenz verloren“. Dr. Peter Kurz, OB in der großen Nachbarstadt Mannheim und Vorsitzender des Städtetages, beschrieb, dass er sich mit seinem Weinheimer Amtskollegen stets auf Augenhöhe begegnet sei. Regierungspräsidentin Nicolette Kressl nannte Bernhard „einen OB mit Profil“.
Gerber: „Aufbruchstimmung für Bildung“
Weitere Gesprächsrunden führten zum Beispiel in die Kommunalpolitik, in das Soziale Leben der Stadt und in den Bildungsbereich; dort wurden die Verdienste Heiner Bernhards immer wieder besonders betont. „Diese Netzwerkarbeit bleibt und wird Weinheim noch lange nützen“, beschrieb SPD-Fraktionschef Wolfgang Metzeltin. Dr. Pia-Gerber, Geschäftsführerin der Freudenberg Stiftung verwies a darauf, dass es mit Heiner Bernhard gelungen sei, „eine Aufbruchstimmung für Bildung“ zu erzeugen. VHS-Leiterin Dr. Cristina Ricca, dass Heiner Bernhard stets die „Demokratisierung der Bildung“ betrieben habe. Dr. Stefan Royar, evangelischer Pfarrer, bezeichnete Heiner Bernhard mit seiner bürgernahen Art als „Obermitbürger Weinheims“.
Bürgermedaillenträger Gerhard Mackert verwies auf die rasante städtebauliche Entwicklung, die Weinheim in der Ära Bernhard genommen hat. Stadträtin Elisabeth Kramer beschrieb es so: „Es ist viel passiert in diesen Jahren, es war eine spannende und manchmal spannungsreiche Zeit.“
Dallinger: „Die spezielle Beziehung“
„Riesige Kompetenz, Humor und Bodenständigkeit, Empathie für die Menschen im Alltag und im Beruf, sportbegeistert, Leidenschaft für soziale Gerechtigkeit, bessere Bildung und für die kommunale Sache – das bist Du“, so beschrieb Landrat Stefan Dallinger seinen Freund Heiner Bernhard. Dallinger beschrieb, wie „die spezielle Beziehung zwischen Weinheim und dem Rhein-Neckar-Kreis mit einer ganz speziellen freundschaftlichen Beziehung zwischen uns beiden entstanden ist“. Der Kreischef verwies auf die wichtigen Einrichtungen der Kreisverwaltung in der größten Stadt des Kreises. Mit Bernhards Unterstützung als Oberbürgermeister, Kreisrat und GRN-Aufsichtsrat sei der Kreis gerade dabei, in Weinheim einen Neubau mit Altersmedizin zu errichten, mit 48 Millionen Euro das derzeit größte Projekt im Landkreis.
Dallinger bescheinigte: „Gerade die Bildungspolitik, das Bemühen um Kinder und Jugendliche, um mehr Chancengleichheit liegen Dir ebenfalls sehr am Herzen.“ Was in Weinheim unter dem Stichwort Bildungsregion entstanden ist, wie Jugendliche und junge Erwachsene – egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund – gefördert werden, um den Übergang Schule-Beruf besser zu schaffen, das, so der Landrat, „ist aller Ehren wert“.
Nicht ohne Grund seien die Arbeitsgemeinschaft „Weinheimer Initiative“, die „Weinheimer Bildungskette“ und der „Bildungsstandort Weinheim“ bundesweit bekannt geworden. Er erkannte auch an, dass Weinheim bei der Aufnahme von Flüchtlingen ein enormes Pensum bewältigt habe. „Der Kreis hätte das alleine nicht stemmen können“, bekannte er. Dallinger charakterisierte Bernhard so: „Mit Deinem hohen Maß an sozialer Integrität gibst Du Dich nicht mit einfachen Antworten zufrieden, fragst durchaus auch einmal kritisch nach, nicht nur um die Sachverhalte zu erläutern, sondern um Rückschlüsse für die künftige Arbeit zu ziehen. Deshalb, lieber Heiner, hat Deine Meinung bei allen Ausschussmitgliedern sowie im Kreistag großes Gewicht.“
Bernhard: „Demokratie ist gebaut, um zu entscheiden“
SPD-Mitglied Heiner Bernhard stieg in seine Dankesworte ein, in dem er sich selbst und CDU-Landrat Dallinger als „die beste GroKo der Republik – zumindest aber im Rhein-Neckar-Kreis“, bezeichnete. Der scheidende OB ging aber auch auf schwierige Phasen seiner Amtszeit ein.
Er beschrieb „Projekte, die gemeinsam, zumeist nach intensiver Bürgerbeteiligung auf deren einhelligen Wunsch hin für richtig und zukunftsweisend erkannt und vom Gemeinderat beschlossen worden waren, dann aber auf dem Weg zur Realisierung, oft sogar kurz davor, auf heftigen Widerstand stießen“. Bernhard: „Je lauter der Protest sich artikulierte, umso größer wurde die Bühne, die ihm die Lokalpresse zur Verfügung stellte. Und schließlich wurde – ungeachtet früherer Beschlüsse – auch im Gemeinderat der Rückhalt für das Projekt und für die Verwaltung schwächer.“ Sein Fazit im Rückblick: „Das alles hat es bei vielen wichtigen Themen der Stadtentwicklung oft schwer gemacht, zum Ziel zu kommen. Das hat viel Kraft gekostet.“
Bernhard nutzte die Gelegenheit zu einer Einordnung mancher Bürgerinitiativen und erklärte: „Nicht jedes kommunalpolitische Thema eignet sich für Gefühlsentscheidungen. Unsere repräsentative Demokratie ist dafür gebaut, Konfliktsituationen nach gründlicher Diskussion der für und wider streitenden Interessen zu entscheiden, auch gegen die Wünsche Einzelner.“
Fetzner: „Er hat der Stadt gut getan“
In diesem Zusammenhang brach er für seinen Gemeinderat eine Lanze und beschrieb: „Diese Haltung haben die Weinheimer Stadträtinnen und Stadträte bei einem ganz zentralen Thema für unsere Kommunen in den letzten Jahren überzeugend eingenommen. Bei der Frage nämlich, wie wir in dieser Stadt mit geflüchteten Menschen umgehen und welche Anstrengungen wir unternehmen, um ihnen Wohnraum zu verschaffen. Deshalb kann ich, damit kein falscher Eindruck bleibt, voll Überzeugung sagen: ich empfand die Zusammenarbeit mit den städtischen Gremien als durchweg konstruktiv.“ Weinheim könne stolz sein auf seine vielen Bürgernetzwerke. Bernhard: „Der dort anzutreffende Enthusiasmus hat auf mich immer ansteckend gewirkt.“
Anfangs hatte Erster Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner in seiner launigen Art die Gäste begrüßt und die Stimmung gelockert. Aber ganz im Ernst betonte er: „Heiner Bernhard hat der Stadt Weinheim gut getan und er hat vieles richtig gemacht.“ Fetzner wird am 11. August im Weinheimer Rathaus die Geschäfte übernehmen, bevor der gewählte Nachfolger Manuel Just nach einer Wahlanfechtungt erst verspätet sein Amt antreten kann. Fetzner beruhigte die Gäste der Verabschiedungsfeier: „Das Verwaltungsschiff wird unbeirrt weiter fahren, egal wer auf der Brücke steht und wie rauh die See ist.“