Karlsruhe: VON FURCHT UND FREIHEIT – Das STAATSTHEATER zieht in Kunst und Zahlen positive Saisonbilanz

Prof. Birgit Keil (Ballettdirektorin), Johannes Graf-Hauber (Kaufmännischer Direktor), Otto A. Thoß (Leiter JUNGES STAATSTHEATER), Michael Fichtenholz (Operndirektor), Beata Anna Schmutz (Leiterin VOLKSTHEATER), Axel Preuß (Schauspieldirektor), Dorothea Becker (Stellv. Orchesterdirektorin), Peter Spuhler (Generalintendant) (Foto: Felix Grünschloß)
Prof. Birgit Keil (Ballettdirektorin), Johannes Graf-Hauber (Kaufmännischer Direktor), Otto A. Thoß (Leiter JUNGES STAATSTHEATER), Michael Fichtenholz (Operndirektor), Beata Anna Schmutz (Leiterin VOLKSTHEATER), Axel Preuß (Schauspieldirektor), Dorothea Becker (Stellv. Orchesterdirektorin), Peter Spuhler (Generalintendant) (Foto: Felix Grünschloß)

Karlsruhe – „Wir sind in der zurückliegenden Saison ein großes Stück weitergekommen, ein offenes Haus für eine offene Gesellschaft zu sein. Alle Sparten haben künstlerisch sehr viel geleistet. Wir haben mehr Besucher als in der Vorsaison in Karlsruhe, und Ballett und Konzert verzeichnen sogar herausragende Ergebnisse. Leider fehlen uns vor allem in der Oper noch neue Besucherschichten. Hier liegt eine wichtige Zukunftsaufgabe vor uns. Ich freue mich jedoch sehr, dass wir mit unseren internationalen Koproduktionen in einer Liga mit den führenden Opernhäusern Europas spielen und künstlerisch von einer besonders erfolgreichen Opernsaison sprechen können. Besonders gefreut hat mich eine Nominierung für die International Opera Awards mit der Uraufführung Wahnfried“, sagt Generalintendant Peter Spuhler bei der Vorstellung der Spielzeit-Bilanz.

Gemeinsam mit dem Kaufmännischen Direktor Johannes Graf-Hauber, der Leiterin des VOLKSTHEATERS Beata Anna Schmutz, dem Leiter des JUNGEN STAATSTHEATERS Otto A. Thoß, Operndirektor Michael Fichtenholz, Schauspieldirektor Axel Preuß und der stellvertretenden Orchesterdirektorin Dorothea Becker stellte Peter Spuhler die Ergebnisse der zu Ende gehenden Saison vor. Der Kaufmännische Direktor Johannes Graf-Hauber zeigt sich mit dem Saisonergebnis zufrieden: „Bei unseren Vorstellungen in Karlsruhe konnten wir rund 4.000 Besucher mehr als im Vorjahr verzeichnen. Insgesamt 284.503 Besuche wurden bei den Vorstellungen am Standort in Karlsruhe gezählt. Mit den absoluten Besucherzahlen stieg in den Sparten Ballett, Konzert und Schauspiel auch die Auslastung, während in der Opernsparte Rückgange zu verzeichnen sind. Die Gesamtbesucherzahl inklusive Gastspielen und theaternahem Rahmenprogramm blieb mit 307.852 deutlich über der Marke von 300.000 – sie fiel allerdings niedriger aus als in der Vorsaison, was an einem temporären Rückgang von großen Gastspielen im In- und Ausland begründet liegt.“ Auch hinsichtlich der Einnahmen sind die Ziele erreicht worden, was vor dem Hintergrund der Budgetkürzungen auf Grund der Sparmaßnahmen besonders wichtig war.

OPER
Höhepunkt der Spielzeit 2017/18 war Fertigstellung des Rings der Vielfalt mit der Premiere der Götterdämmerung. Zweimal wurde der gesamte Zyklus aufgeführt und von Kritikern national und international sowie den Zuschauer gefeiert. Die Aufführungen wurden erweitert durch die Wiederaufnahme des Auftragswerks Wahnfried und der Operette Die lustigen Nibelungen.

Begleitend erschien ein Making of Buch, das die Kreativität der sechs Teams nachvollziehbar zeigt. Wahnfried wurde bei den International Opera Awards in der Kategorie Uraufführung des Jahres nominiert. Simon Boccanegra in Zusammenarbeit mit der Opera Ballet Vlaanderen in Antwerpen und Gent, der Opera Orchestra National Montpellier und den Théâtres da la Ville de Luxembourg und Lucio Silla gemeinsam mit dem Théâtre Royal da la Monnaie in Brüssel, sind als internationale Koproduktionen mit ersten Häusern Ausweis für die hohe künstlerische Qualität des STAATSTHEATERS. Als letzter Höhepunkt der Spielzeit beschloss der umjubelte Lucio Silla in der Regie von Tobias Kratzer die letzte Saison von Operndirektor Michael Fichtenholz, der zum Herbst als Operndirektor nach Zürich wechselt. „Es war für mich eine große Freude, in Karlsruhe zu sein und mit den Kolleginnen und Kollegen am Haus zu arbeiten. Wenn ich mir einem Wort die vier Jahre hier beschreiben soll, dann ist es: Glück. So wie zum Beispiel bei der Arbeit an der Mozartrarität Lucio Silla, die gerade erst Premiere hatte, von hoher künstlerischer Qualität ist und eine ausgezeichnete Auslastung hat “, freut sich der Operndirektor. Ihm folgt die Wiener Sängerin und Agentin Nicole Braunger als erste Frau auf dieser Position.

In die Oper kamen 14.412 Besucher weniger als im Vorjahr, die Auslastung ist um 9,5 Prozentpunkte auf 70,02% zurückgegangen. Nicht eingerechnet sind 2.312 Besucher bei vier Gastspielen von La Clemenza di Tito in Heilbronn. Zu berücksichtigen ist, dass die Aufführung zweier Ring-Zyklen die Repertoirevielfalt verkleinerte und sich auf die Disposition auswirkte, so dass Wiederaufnahmen mit zu hoher Vorstellungsanzahl angesetzt wurden. Die Erhöhung der Kartenpreise sowie die Tatsache, dass eine Oper konzertant aufgeführt werden musste, wirkten sich auf das Ergebnis aus. Aufgrund der schwierigen Verkehrssituation in und um Karlsruhe kamen weniger Besucher aus dem Umland in die Opernaufführungen. Sie stellen in dieser Sparte traditionell einen höheren Anteil als in den anderen.

BALLETT
Das STAATSBALLETT nahm mit Kenneth MacMillans Meisterwerk Romeo und Julia und Juri Vamos‘ humorvollem Sommernachtstraum zwei große Handlungsballette mit Orchester ins Programm auf. Ein Herzenswunsch von Ballettdirektorin Birgit Keil war die spartenübergreifende Hommage an den verstorbenen Karlsruher Ballettchef Germinal Casado: STAATSBALLETT, OPER, BADISCHER STAATSOPERN- und EXTRACHOR, Kinderchor Cantus Juvenum e.V. und BADISCHE STAATSKAPELLE brachten Carmina Burana auf die Bühne. Bei Choreografen stellen sich vor erhielten zehn junge Choreographen-Talente, davon neun aus der Compagnie, die Gelegenheit, ihre ersten Arbeiten zu zeigen.

Das Ballett verzeichnet mit 49.501 Besucher eine Rekordspielzeit. Die Auslastung stieg um 16,5 Prozentpunkte auf sensationelle 99,03%.

SCHAUSPIEL
Axel Preuß schließt seine zweijährige Schauspieldirektion mit einer sehr erfolgreichen Saison ab. Er verantwortete einen gesellschaftspolitisch orientierten Spielplan und zeigte starke zeitgenössische Stücke zur Auseinandersetzung mit drängenden Fragen: Safe Places, Bestätigung, Afzals Tochter, Willkommen oder Am Boden behandelten politische Themen wie Populismus, Rechtsradikalismus, Europas Einheit, Extremismus, die deutsche Willkommenskultur oder die Kriegsführung mit Drohnen. Zum Publikumsrenner wurde das Musical Hair. Wegen des großen Erfolges sind Aufführungstermine bereits im Vorverkauf. Das Dokumentartheater Stolpersteine Staatstheater war unter anderem zu Festivals in Vilnius, Riga, Nancy, Tiflis und Tel Aviv eingeladen. Zu den EUROPÄISCHEN KULTURTAGEN sorgten Gastspiele aus dem Iran und Syrien für interkulturellen Dialog. Tiger und Löwe, die Koproduktion über die von Stalin verfolgten Künstler in Georgien, beeindruckte mit poetischer Erzählsprache und sinnlichem Schauspielertheater. Karlsruhe ist ein Karrieresprungbrett: Zur kommenden Spielzeit wechselt Axel Preuß als Intendant an die Schauspielbühnen Stuttgart: „Ich habe mich in Karlsruhe sehr wohl gefühlt und freue mich, eine sehr gut aufgestellte Sparte zu übergeben.“ Seine Nachfolgerin wird zum ersten Mal auf dieser Position eine Frau: Regisseurin Anna Bergmann.

Das Schauspiel wurde von knapp 76.000 Zuschauer besucht, ein Plus von 11,5% vor Ort. Dazu kommen ca. 2.000 Besucher bei 15 Gastspielen im In- und Ausland.

JUNGES STAATSTHEATER
Mit Beginn der Spielzeit 2017/18 übernahm Regisseur Otto A. Thoß das JUNGE STAATSTHEATER. Mit seinem neuen Team brachte er sieben Premieren in der Saison heraus. Größter Beliebtheit erfreuen sich die Klassenzimmerstücke Der kleine Prinz und Schwalbenkönig mit 67 bzw. 48 Vorstellungen. Die poetische Erzählung vom kleinen Prinzen und das berührende Outing eines homosexuellen Fußballers wurden in Klassenzimmern in Karlsruhe und Umgebung gespielt und brachten ein direktes, intensives Theatererlebnis sowie spannende Diskussionen direkt zu den Schüler. Schwalbenkönig wurde z. B. im Nachwuchsleistungszentrum des KSC aufgeführt. Gastspiele führten das JUNGE STAATSTHEATER mit Der kleine Prinz und #esistkompliziert nach Weimar, mit Zwei im Dunkeln nach Stuttgart mit Schwalbenkönig nach Bruchsal. Ein weiterer Abstecher der Erzählung von Saint-Exupéry ging nach Heilbronn. Die Produktion Zwei im Dunkeln wurde zum Festival Schöne Aussicht in Stuttgart eingeladen.

Das JUNGES STAATSTHEATER blieb mit 31.586 jungen Zuschauer in etwa beim Vorjahresergebnis und der Vorjahresauslastung von 79%, ein bestärkendes Ergebnis bei einem Leitungswechsel.

VOLKSTHEATER
Die jüngste Sparte des STAATSTHEATERS zeigte in der Spielzeit 2017/18, wie viel Kraft in Auf- und Umbrüchen liegt. Die Leiterin des VOLKSTHEATERS, Beata Anna Schmutz war von März 2017 bis Februar 2018 in Elternzeit und wurde von Stefanie Bub vertreten. Fünf Neuproduktionen sind entstanden, darunter vier Uraufführungen, die der Stadtgesellschaft unterschiedliche Zugänge zur Partizipation boten und innovativ mit Publikum umgingen. Mit Instant Integration. Anruf genügt, gefördert im Innovationfonds Kunst, konnten neue Partner aus der Stadt und Theater-Erstbesucher gewonnen werden. Radikale Akte eröffnete die EUROPÄISCHEN KULTURTAGE im KLEINEN HAUS. Regisseurin Mizgin Bilmen und Autorin Gerhild Steinbuch versammelten in ihrer Stückentwicklung 18 Karlsruher Frauen zum Thema Frauenrechte. Beata Anna Schmutz beendete ihre Zeit in Karlsruhe mit Stage Your City, einer digitale Koproduktion mit Nancy, Tiflis und dem ZKM / Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe im Rahmen des European Theatre Lab „Drama Goes Digital“ der European Theatre Convention ETC, gefördert von der EU. Die Produktion wurde in Nancy und Oslo gezeigt, zur ars electronica in Linz eingeladen und bekräftigt den innovativen Anspruch des VOLKSTHEATERS unter Beata Anna Schmutz. Damit und mit dem VOLKSTHEATER-Festival sorgte die Spartengründerin für einen starken Abschied. „Das VOLKSTHEATER als experimentelle Sparte des STAATSTHEATER konnte sich nicht nur etablieren, sondern festigen. Das Publikum hat Vertrauen zu uns, und Karlsruhe wagt unsere Experimente gerne“, so Beata Anna Schmutz. Auf sie folgt die Regisseurin Stefanie Heiner.

Das VOLKSTHEATER hat als Sparte für die Bürger und die Stadtgesellschaft keine feste Spielstätte. Diese wird projektbezogen ausgewählt und richtet sich nach den jeweiligen künstlerischen Erfordernissen. Damit unterliegen Auslastung und Gesamtbesucherzahl starken Schwankungen. In der Spielzeit 2017/18 besuchten 2.655 Zuschauer Vorstellungen des VOLKSTHEATERS, das entspricht einer Auslastung von 60,2%, ein Minus von 12,41 Prozentpunkten zum Vorjahr.

KONZERT
Im Herbst 2017 wurde Justin Browns Vertrag um zwei Jahre verlängert. In der zuende gehenden Spielzeit feierte er sein 10-jähriges Jubiläum am STAATSTHEATER und begeisterte als Generalmusikdirektor mit der BADISCHEN STAATSKAPELLE 12% mehr Zuschauer im Vergleich zum Vorjahr und damit so viele wie nie zuvor. Einen großen Anteil daran hat die ausgebaute Arbeit mit und für Kinder und Jugendliche. Eigentlich als seine letzte Spielzeit geplant, vereinte die Konzertsaison 2017/18 die persönlichen Highlights des Briten. Die abwechslungsreiche Auswahl der Solisten brachte als „Rising Stars“ den erst 16-jährigen Geiger Daniel Lozakovich, Absolvent der Hochschule für Musik Karlsruhe. Der französische Shooting-Star Lucas Debargue spielte sich mit Saint-Saëns und in einem Solo-Klavierabend in die Herzen des Zuhörer. Publikumsliebling Tianwa Yang brillierte im Rahmen eines englischen Programms. Gemeinsam mit Tenor Norbert Ernst und Mezzosopran Daniela Sindram brachte Justin Brown Gustav Mahlers Das Lied von der Erde ins GROSSE HAUS. Außerdem faszinierte er das Publikum zusammen mit 23 Solo-Streichern in Richard Strauss‘ Metamorphosen. Im letzten Sinfonie- und Sonderkonzert der Spielzeit begeisterte der Generalmusikdirektor zusammen mit der STAATSKAPELLE gleich zweifach – am Pult und am Klavier.

Das Konzert blickt auf eine Rekordspielzeit zurück: es konnte die Besucherzahl um 4.131 Besucher auf 39.446 steigern, das sind 11,7 Prozentpunkte mehr. Die Auslastung stieg um 3,7 Prozentpunkte auf 91,02%.

SERVICE
Der Vorverkauf für alle bereits disponierten Vorstellungen der Spielzeit 2018/19 beginnt am 10.9.18. Für die Vorstellungen im September und Oktober sind bereits jetzt Karten erhältlich. Während der Theaterferien vom 23.7.bis 9.9.18 können Tickets im Webshop unter www.staatstheater.karlsruhe.de gebucht werden. Aufgrund der großen Nachfrage und stets ausverkaufter Vorstellungen sind bereits jetzt alle Vorstellungen von Hair, Der Nussknacker, Die Götterdämmerung, My Fair Lady und Carmina Burana in der neuen Spielzeit im Vorverkauf.