Ingelheim – Die Europäische Kommission hat ein Themenjahr mit dem Motto SHARING HERITAGE initiiert. Im Fokus steht das Gemeinschaftliche und Verbindende Europas. Das wurde auch in Ingelheim aufgegriffen und die Kaiserpfalz als Bewahrerin und Vermittlerin ihres kulturellen Erbes mit europäischer Dimension dargestellt.
Bei der offiziellen Eröffnung der Präsentation betonte Oberbürgermeister Ralf Claus, dass es immens wichtig sei, Europa wieder näher zu bringen und das gelänge mit der gemeinsamen Kulturvergangenheit sicherlich einfacher als mit harter Politik. Und dass die Stadt vom Bund als eines von 34 Projekten finanziell mit 100.000 Euro gefördert werde, sei ein Beweis für die langjährige und erfolgreiche archäologische Arbeit.
Der Kulturdezernentin Irene Hilgert war wichtig, dass neben der gemeinsamen Herkunft und Zugehörigkeit zu Europa auch das Projekt in Ingelheim seine volle Aufmerksamkeit bekomme, was mit weiteren Meilensteinen sicherlich perfekt gelingen werde. „Die Erben des Erbes“, junge Menschen also, sind eine besonders wichtige Zielgruppe. Sie sollen im Rahmen von Sharing Heritage für unser gemeinsames Kulturerbe und dessen Erhalt begeistert werden.
In einem anschaulichen Vortrag schlug Prof. Dr. Caspar Ehlers Brücken aus der europäischen Vergangenheit bis heute. So sei zwar die Solidus-Münze in Ingelheim gefunden worden, aber in Südfrankreich geprägt und wer wisse, welche Wege die Münze genommen habe. Vor allem wollte Karl der Große seinerzeit bereits ein einheitliches europäisches Münzsystem einführen. Oder nehme man den Wein, den die Römer hierherbrachten und der wiederum heutzutage in der ganzen Welt getrunken wird. „Das eine Erbe ist auch des Anderen Erbe“ lautete sein Fazit, denn erst wenn man das Eigene verstünde, könne man lernen das Andere zu akzeptieren.
Zum Abschluss erläuterte Holger Grewe von der Forschungstelle Kaiserpfalz die Objekte: Für eine begrenzte Zeit soll jenes mächtige Königtum veranschaulicht werden, das vor 1250 Jahren von Karl dem Großen angetreten wurde. Drei 1:1-Rekonstruktionen der Bauausstattung der Pfalz nehmen die Besucher mit auf eine Zeitreise ins Frühmittelalter. Ein Ausschnitt von Wandmalerei der Aula regia mit einem der beiden Seitenportale und den gemauerten Bänken lässt die ehemalige Monumentalität des Baues anklingen. Zwei Säulen am ehemaligen Säulengang des Nordflügels mit 4,30 Höhe verdeutlichen, wie über 50 dieser Säulen gewirkt haben müssen. Die beiden reproduzierten Marmorböden des Halbrundbaues vermitteln einen Eindruck von der Kostbarkeit der ehemaligen Pfalzausstattung.
Eine Sonderbeschilderung erläutert die Herkunft der Ideen und zieht Vergleiche heran, eine webbasierte App (www.sharingheritage-ingelheim.de) bietet reichlich Bildmaterial und eine Actionbound-App soll bei Jugendlichen Interesse an ihrer Geschichte wecken. Ein „Fernrohr in die Vergangenheit“ im Norden der Aula regia spielt mit den Übergängen zwischen heutiger Ruine und einer 3D-Rekonstruktion des einstigen Regierungssaales.
Musikalisch wurde die Veranstaltung in der Saalkirche von den Organisten Iris und Carsten Lenz begleitet, die das Publikum durch verschiedene europäische Länder reisen ließ.