Wiesbaden – Nach dem Abbau der Erdogan-Statue am späten Dienstagsabend nehmen der Intendant des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden und das Kuratoren-Team der Wiesbaden Biennale Stellung.
„An einer goldenen Statue von Recep Tayyip Erdogan haben am 28. August 2018 sehr viele Menschen miteinander diskutiert und geredet. Deutsche, Türken, Kurden, alte und junge Menschen, Verehrer des türkischen Staatschefs sowie Kritiker und vehemente Gegner. In der Türkei ist das zurzeit nicht möglich, da Kritiker von Erdogan mit Gefängnis bedroht werden, und eine freie Presse und Kunstausübung in der Türkei derzeit kaum mehr möglich sind.
In Deutschland ist das möglich und nötig.
Auch wenn die hohen Emotionen, die dabei ins Spiel kommen, die Gefahr einer Eskalation darstellen, verlief dieser Tag friedlich. Die Stadt beschloss dennoch, aus Besorgnis und der Stadt vorliegenden Informationen, dass größere Protestgruppen sich auf den Weg nach Wiesbaden gemacht hätten, die Statue gestern nach 22 Uhr abbauen zu lassen und entschied am 29. August 2018, diese in der Zeit der Biennale Wiesbaden (bis zum 2. September 2018) nicht mehr am Platz der Deutschen Einheit aufstellen zu lassen.“
Uwe Eric Laufenberg, Intendant des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden
„Als Kuratoren-Team der Wiesbaden Biennale sind wir nach einem Tag der intensiven Kontroversen und sehr lebendigen Diskussionen auf dem Platz der deutschen Einheit über den Abbau der Statue überrascht. Die gestern Morgen herausgegebene Stellungnahme der Landeshauptstadt Wiesbaden mit dem deutlichen Bekenntnis zur Freiheit der Kunst haben wir sehr begrüßt.
Zweifellos respektieren wir die Kompetenz und Einschätzung der staatlichen und städtischen Ordnungskräfte in Bezug auf die öffentliche Sicherheit. Die Aneignung des öffentlichen Raumes durch politische Kunst und ihr Schutz ist jedoch ein ebenso hohes Gut.
Die Landeshauptstadt führt die hohen Kosten für die dauerhaft notwendige Anwesenheit der Polizei an. Gleichwohl möchten wir hier in aller Entschiedenheit die Frage nach dem Preis und der Freiheit der Kunst stellen. Und danach, was sind wir bereit sind auszugeben für Veranstaltungen und Anlässe wie etwa den geplanten Staatsbesuch des türkischen Präsidenten, der mit militärischen Ehren empfangen werden wird, oder auch jedes erdenkliche Fußballspiel am Samstagnachmittag?“
Maria Magdalena Ludewig und Martin Hammer, Kuratoren der Wiesbaden Biennale