Lorsch – Aus dem berühmten und buchstäblich heiteren Himmel traf das Lorscher Tabakprojekt die Nachricht, dass die ungewöhnliche Bürgerinitiative von der Bergstraße mit einem internationalen Preis ausgezeichnet wird: Am 21. September 2018 erhielten die Lorscher Tabakpflanzer die Cigar Trophy „Ambassador 2018“ im Rahmen der Messe InterTabac in den Dortmunder Westfalenhalle.
“Der Ambassador Award wird jährlich Personen oder Organisationen verliehen, die sich durch besonders kommunikative Leistungen rund um die Zigarrenkultur als Botschafter der Zigarre verdient gemacht haben“, so Reinhold C. Widmayer vom Cigar Journal. Das internationale Magazin vergab jetzt den Preis im Rahmen einer feierlichen abendlichen Preisverleihung in Anwesenheit aller namhaften Zigarrenproduzenten. Aus Lorsch waren in Vertretung der gesamten, etwa 25-köpfigen Gruppe vier Vertreterinnen und Vertreter angereist, darunter der Prokjektleiter Bernhard Stroick und die Kulturamtsleiterin Gabi Dewald.
Das Cigar Journal gibt es seit 24 Jahren, es erscheint in drei Sprachen (Englisch, Spanisch, Deutsch) in 56 Ländern der Welt. Zum 18. Mal verlieh das Fachmagazin die Cigar Trophy, einen Preis, bei dem dessen Leserinnen und Leser die beste Zigarre, die beste Zigarrenmarke oder beispielsweise die attraktivste Zigarren-Lounge weltweit nominieren und schließlich wählen.
Die Ambassador Trophy jedoch ist eine Auszeichnung, die redaktionsintern vergeben wird. „Darauf sind wir natürlich besonders stolz“, so der Projektleiter Bernhard Stroick. „Dass uns die Fachwelt, die ja einen weltumspannenden Überblick und Vergleich hat, für eine derartige Auszeichnung benennt – das tut uns allen gut!“ Er weiß, wovon sie spricht, denn gerade ist die Tabakernte in Lorsch zu Ende gegangen, in diesem Jahr durch die ungewöhnlich hohen Temperaturen eine ganz besondere Anstrengung. Und immer wieder hat das Projekt mit Gegenwind zu kämpfen. „Zumeist von Leuten, die das Thema Tabak auf dessen krebserregende Wirkung bei übermäßigem Genuss reduzieren.“
Doch den Lorschern geht es um die kulturanthropologischen Zusammenhänge und Einflüsse, die durch die jahrhundertelange Tradition des Tabakanbaus und der Tabakverarbeitung die Metropolregion Rhein-Neckar prägten. „Wer den Tabak versteht, versteht die Menschen – so einfach ist das“, fasst Kulturamtsleiterin Dewald ihre Erfahrungen zusammen. Und fährt fort: „Wer würde den Wein verteufeln, anstatt demjenigen die Schuld zu geben, der durch übermäßigen Genuss, also Missbrauch, am Alkoholabusus zugrunde geht?“ Wie die überwiegende Mehrheit der Projektler ist sie Nichtraucherin. „Alle Welt redet von Entschleunigung, von regionalen Produkten und kurzen Wegen – unsere Zigarre ist diesbezüglich ein wahres Vorzeigeprodukt!“ Mehr als 60% Lorscher Tabak stecken in der Lorsa Brasil, einem Shortfiller im Corona-Format.
Das Lorscher Tabakprojekt baut mit einer Gruppe Freiwilliger seit fünf Jahren wieder Tabak an. Von der Aussaat bis zur Fermentierung wird der Geudertheimer (Zigarren-)Tabak in Lorsch über ein Jahr gemeinsam gepflegt, ehe er in einer nordbadischen Manufaktur zur „Lorsa Brasil“ gerollt wird. Seit kurzem steht man mit einem Frankfurter Designunternehmen in Kontakt, das Leder aus Tabak herstellen möchte und vor Ort beraten wurde sowie Lorscher Tabak zu Versuchszwecken bekam. Doch auch international ist die rührige Truppe aktiv: Im Frühjahr reisten VertreterInnen nach Kuba, um dort mit den Tabakbauern auf den Feldern zu arbeiten. Nun wurde ein universitäres Austauschprojekt zwischen Bremen und Pinar del Rio angestoßen und das Kulturamt arbeitet an einem bundesländerübergreifenden UNESCO-Antrag. „Insgesamt ein wirklich gutes Jahr für uns“, sind sich die Traditionspfleger einig. „Aber die Krönung ist nun wirklich dieser Preis. – Großartig! Danke dafür!“