Frankfurt am Main – Zum Altstadtfest am kommenden Wochenende bietet das Archäologische Museum Frankfurt den Besuchern ein ungewöhnliches Highlight. „Zum ersten Mal seit über 1700 Jahren patrouilliert ein römisches Kriegsschiff auf dem Main“, sagt Wolfgang David, Direktor des Archäologischen Museums Frankfurt. Die „Victoria“, der originalgetreue Nachbau eines römischen Flusspatrouillenbootes aus der Zeit um 100 n. Chr., wird am Samstag, 29. September, und Sonntag, 30. September 2018, jeweils ab 11 Uhr am nördlichen Mainufer unweit der Landungsstelle der „Primus-Linie“ anlegen. Bootsführer Hans-Werner Berg und seine Mitstreiter von der I. Roemercohorte Opladen laden dann Gäste kostenfrei zum Mitrudern ein; auch Kinder können bei dieser Gelegenheit „rudern wie die Römer“.
Diese ungewöhnliche Aktion ermöglichte die Kooperation des Frankfurter Museums mit dem LWL Römermuseum Haltern/Westfalen, den Universitäten in Trier und Erlangen sowie der I. Roemercohorte Opladen. Dank der Unterstützung durch die Familie Nauheimer als Eigner der „Primus-Linie“ sowie der Bootsbaufirma Speck (Frankfurt-Höchst) und dem Team des Restaurantschiffes „Freigut“ konnte das Projekt in Frankfurt in kurzer Zeit realisiert werden.
Die „Victoria“ wurde 2008 an der Universität Hamburg in enger Kooperation mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und dem Bootsbauer der Werft von „Jugend in Arbeit“ Hamburg gebaut. Vorbild für den Nachbau sind zwei 1986 im Bereich eines heute verlagerten Nebenflusses der Donau beim römischen Kastell von Oberstimm/Bayern entdeckte römische Kriegsschiffe. Obwohl die Schiffe nicht vollständig erhalten waren, konnten die Maße und das Aussehen rekonstruiert werden. Die „Victoria“ ist 16 Meter lang und fast drei Meter breit. Sie verfügt über 20 Ruderplätze sowie Platz für einen Steuermann und einen Bootsführer. Bei der Rekonstruktion wurden ausschließlich Materialien eingesetzt, die auch in der Antike zum Bau der Originalschiffe verwendet worden waren. Der Projektleiter, Althistoriker Prof. Christoph Schäfer (jetzt Universität Trier), betont: „Das Schiff besteht komplett aus Eichen- und Lärchenholz, und selbst die Holznägel haben wir angefertigt“. Der Nachbau ist der erste eines Schiffes aus dieser Epoche und lieferte somit bedeutende Erkenntnisse zum Schiffbau im ersten Jahrhundert. Die originalen Funde aus Oberstimm sind seit 2006 im Kelten-Römer Museum Manching ausgestellt, dessen ehemaliger Direktor Wolfgang David seit Januar 2018 das Archäologische Museum Frankfurt leitet.
Das Boot ist seit der Fertigstellung anschließend in zahlreichen Fahrten erprobt. Das archäologische Experiment erbrachte dabei völlig neue Erkenntnisse zum Leistungsvermögen derartiger Schiffe und somit zur Bedeutung der Wasserwege für die Eroberung und Grenzsicherung des römischen Germanien. Der Nachbau der „Victoria“ sowie ihre heutige Nutzung ist somit ein Musterbeispiel für die Verknüpfung von aktuellen Forschungsfragen und publikumsnaher Vermittlung.
Zum Altstadtfest bietet das Archäologische Museum aber mehr als das Römerschiff:
In der Kaiserpfalz Franconofurd (dem ehemaligen Archäologischen Garten, jetzt unter dem Stadthaus) beleben „Römer“ und „Karolinger“ das Areal; „Pfalzerklärer“ informieren über die Geschichte des Domhügels. Besucher haben die Möglichkeit, selbst eine Münze aus der Zeit Kaisers Ludwigs des Frommen (813-840) nachzuprägen und als Souvenir mitzunehmen. Dazu können sie dank der Fliegenden Volksbühne Zeugen einer geschichtsträchtigen Begegnung zwischen einem römischen Soldaten und einem chattischen Fischer werden, die aktueller ist als man glaubt. Im Archäologischen Museum in der Karmeliterkirche erwarten die Gäste anschauliche Präsentationen und Führungen zur Herstellung von Schmuck in Römerzeit und frühem Mittelalter.