Buchen / Mosbach – Obwohl er lieber nach vorne als zurückschaut, kann sich Priv.-Doz. Dr. med. Harald Genzwürker am 1. Oktober mit Genugtuung und etwas Stolz eine kleine Rückschau auf sein erstes rundes Dienstjubiläum an den Neckar-Odenwald-Kliniken leisten. Im gleichen Krankenhaus in Buchen, in dem er 1970 geboren wurde, trat er am 1. Oktober 2008 seinen Dienst als Chefarzt für Anästhesiologie an.
Dass dem vielseitig interessierten und engagierten Arzt diese Position schon im Alter von 37 Jahren in seiner Heimatstadt zugesprochen wurde, beschreibt er heute als „eine glückliche Fügung, weil ich sehr heimatverbunden bin und auf unterschiedliche Art und Weise gerne dazu beitrage, dass sich unsere Region weiterentwickelt.“ Diesen Vorsatz setzt Harald Genzwürker in vielen Bereichen tatkräftig um: als Chefarzt und Ärztlicher Direktor im Krankenhaus, als erfahrener Notarzt dort, wo er gebraucht wird, als Dozent und Referent, als Initiator unterschiedlichster Projekte sowie als engagierter Kommunalpolitiker. Zu seinen großen Verdiensten gehört vor allem die tragende und identitätsstiftende Rolle, die er übernahm als die Neckar-Odenwald-Kliniken in den Jahren 2013/14 in existenzielle Bedrängnis gerieten. In engem Schulterschluss mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Brötel, dem damals neuen Geschäftsführer der Kliniken Norbert Ahrens und dem Pflegedienstleiter Kurt Böhrer gehörte Genzwürker als Ärztlicher Direktor der Kliniken seit 2014 zu dem kleinen Personenkreis, der für die Kliniken wieder Stabilität suchte und fand.
Starke Wurzeln in der Region
Seinen bisherigen Lebenslauf fasst Harald Genzwürker wie folgt zusammen: „Meine Kindheit und Jugend in Buchen haben mich gut geerdet und mir starke Wurzeln gegeben. Die Jahre meines Studiums und meiner ärztlichen Ausbildung fanden vor allem in Heidelberg und Mannheim statt, führten mich aber auch in die Schweiz und in die USA. Bei meinen Auslandsaufenthalten lernte ich, offen für Neues zu sein. Auf meinem bisherigen Weg habe ich von einigen Menschen große Hilfe erfahren, wofür ich großen Dank empfinde. Allen voran gilt dies für meine Eltern und Großeltern, große Vorbilder, die mir ermöglicht haben, meinen Weg zu gehen.“
Bei Formel 1-Einsatz kam Chefarzt-Nachricht
Die „Mannheimer Jahre“ von 2000 bis 2008 brachten in der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Universitätsklinikum Mannheim die berufliche Entwicklung vom Assistenzarzt zum Facharzt und Oberarzt. Parallel dazu promoviert Genzwürker (2002) und bereitet seine Habilitation vor, die er 2009 an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg ablegt. In Mannheim wird er auch leitender Notarzt und fliegt unter anderem Einsätze auf dem Rettungshubschrauber Christoph 53. Während eines Einsatzes als Hubschrauberarzt im Sommer 2008 beim Formel 1-Rennen in Hockenheim erreichte ihn der Anruf des damaligen Geschäftsführers der Neckar-Odenwald-Kliniken. Vor dem Hintergrund von lautem Motorengedröhn hörte er: „Sie werden der neue Chefarzt an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin an unseren Häusern.“ Damit hatte sich Harald Genzwürker gegen mehr als 20 andere Bewerber durchgesetzt.
Kein Mann fürs Sofa
Zehn Jahre später, am 1. Oktober 2018, wird Dr. Genzwürker seinen Arbeitstag im OP-Saal in Buchen beginnen, dann bei der Ärztekammer in Heidelberg eine Prüfung für angehende Notfallmediziner abnehmen und abends an einer Gemeinderatssitzung in Buchen teilnehmen. Zwischen diesem Tagwerk bleiben ihm sicher ein paar Minuten, auf bisher Geleistetes zurückzublicken. Innerhalb wie außerhalb der Neckar-Odenwald-Kliniken sind es nicht wenige Entwicklungen und Projekte, an denen er mitwirkte. So verhält es sich mit dem Ausbau der Operationskapazitäten an den Neckar-Odenwald-Kliniken in Mosbach von ehemals 2,5 täglich betriebenen OP-Säle auf heute vier. Auch die Ablauforganisation der OP-Bereiche konnte optimiert werden. Die „Ressource OP“ wird heute an den Neckar-Odenwald-Kliniken besser genutzt als vor zehn Jahren.
Hinsichtlich seines Fachgebietes der Anästhesiologie ist als deutlicher Fortschritt auf die Weiterentwicklung der Regionalanästhesie und Einführung des Ultraschalls in diesem Bereich zu verweisen. In vielen Fällen kann damit auf die Vollnarkose verzichtet werden, was sich für den Patienten als schonender erweist. Außerdem wurde an beiden Standorten gemeinsam mit dem Pflegedienst ein zeitgemäßes Schmerzkonzept implementiert. „Alles Fortschritte, die ohne mein engagiertes ärztliches und pflegerisches Team nicht möglich gewesen wären“, betont Dr. Genzwürker.
Auch außerhalb der Klinikmauern sieht Harald Genzwürker, wo Handlungsbedarf besteht. Er engagierte sich dafür, dass im Neckar-Odenwald-Kreis die Zahl der öffentlich zugänglichen Laien-Defibrillatoren auf heute 190 Geräte wuchs. Er hat dazu beigetragen, dass zu den Notarztstandorten Buchen und Mosbach 2014 auch Osterburken dazu gekommen ist. Auch bereicherte er das Bildungsangebot in Buchen und Mosbach durch eine „Kinderhochschule Medizin“, bei der acht- bis zwölfjährige Kinder seit 2012 jährlich zu Beginn der Sommerferien mit zentralen Themen des menschlichen Körpers und der ärztlichen Hilfe vertraut gemacht werden.
Das Projekt „Mobile Retter“ als schönstes Jubiläumsgeschenk
Als „schönstes Geschenk“ zu seinem zehnjährigen Dienstjubiläum beschreibt Chefarzt Dr. Genzwürker den Start des von ihm initiierten Projekts „Mobile Retter – Retten mit der App“ am 1. Oktober im Neckar-Odenwald-Kreis.
Ein Blick auf das berufliche, soziale und private Leben von Harald Genzwürker führt schnell zu dem Eindruck, dass dieser Mann vorgefundene Situationen verbessern will. In dieses Bild passt auch Harald Genzwürkers Tätigkeit als Hochschullehrer und wissenschaftlicher Publizist. Sein Namenszusatz „Priv.-Doz.“ weist darauf hin, dass er als Universitätslehrer wirkt. Dazu hat ihn seine Habilitation im Juli 2009 befugt. Bisher hat er als Autor oder Herausgeber fünf Fachbücher und zahlreiche Beiträge in nationalen und internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht.
Trotz vielfachem und oft pausenlosem Engagement wirkt Harald Genzwürker in keiner Weise hektisch oder getrieben. Im Gegenteil: Bei Notarzteinsätzen, bei Operationen und überall sonst, wo ein kühler Kopf und eine ruhige Hand wichtig sind, erlebt man ihn als Vorbild und als verantwortungsvoll handelnden Arzt. Die Frage, was ihm diese innere Ruhe und die Kraft für sein großes Pensum gibt, beantwortet er schnell: „Meine Familie!“ – Ehefrau Karen hat Harald Genzwürker 1998 während seiner Zeit als „Arzt im Praktikum“ auf der Intensivstation im Krankenhaus Sinsheim kennengelernt. Sie war dort als Intensivkrankenschwester tätig und arbeitet heute als Anästhesiepflegerin in Buchen. Dass die drei Töchter in Buchen aufwachsen, freut das heimatverbundene Ehepaar.
Einer von hier
Womit ein weiteres Persönlichkeitsmerkmal von Harald Genzwürker anklingt. Er ist „Einer von hier“, oder in seinen eigenen Worten: „Ich fühle mich der Region Neckar-Odenwald und ihren Menschen sehr verbunden und glaube, dass ich die Leute hier tiefer erfasse als anderswo. Dabei ist mir Gesprochenes sehr vertraut, das Ungesagte aber auch. Mit vier oder fünf Jahren durfte ich den Bulldog in der Spur halten. Dabei habe ich intensiv gespürt, wie frisch gepflügte Erde riecht.“
Der „Buchener Bub“ schätzt es auch als Erwachsener sehr, dass ländliches Leben eine größere Nähe zu Nachbarn bedeutet: „Man kennt sich und hilft sich. Wenn etwas auf die Beine zu stellen ist, dann funktioniert es auf kurzen Wegen und mit guten Vernetzungen. Und damit meine ich keine Vetternwirtschaft, sondern alle möglichen Aktivitäten für das Gemeinwohl.“
Fragt man den jungen Jubilar nach seinen Wünschen und Zielen, kommen die Antworten ohne langes Zögern: „Zuerst wünsche ich mir, dass mir meine Familie weiter den Rückhalt gibt, für den ich ihr sehr dankbar bin. Außerdem wünsche ich mir, dass die Kliniken in ihrer jetzigen Form erhalten bleiben und prosperieren.“