Bonn – Der „Tag der Deutschen Einheit“ 2018 wird für Alexander Gerst wohl unvergesslich werden: Am 3. Oktober wird der 42-jährige Geophysiker und Astronaut als erster Deutscher und zweiter Europäer Kommandant der Internationalen Raumstation ISS. Von 16.10 Uhr bis 16.30 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit soll die Zeremonie an Bord der ISS dauern, die NASA und ESA live im Internet übertragen. NASA-Astronaut Andrew „Drew“ Feustel, Kommandant der aktuellen Crew der „Expedition 56“, übergibt dann offiziell den „Chefposten“ auf der Raumstation an Alexander Gerst. Der deutsche ESA-Astronaut hat danach bis zum Ende seiner Mission und seiner Rückkehr zur Erde – voraussichtlich am 13. Dezember – sowohl die Gesamtverantwortung für die Crew der Expedition 57, als auch für alle Module der Raumstation, also den amerikanischen, russischen, japanischen und europäischen Teil.
„Die Übergabe der Gesamtverantwortung für die Crew und die Raumstation ISS an den deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst ist ein sehr großer Vertrauensbeweis für die Partnerschaft zwischen Europäern und den anderen ISS-Nationen, insbesondere den beiden ISS-Gründungsnationen USA und Russland“, sagt Prof. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
„Deutschland ist der stärkste europäische Partner der ISS, wir sind mit rund 40 Prozent europäischer Spitzenreiter bei der Nutzung der Raumstation. Die Kommandoübergabe an Alexander Gerst ist deshalb auch vor diesem Hintergrund eine besondere Anerkennung seiner Leistungen bei seinen beiden bisherigen ISS-Missionen ‘Blue Dot‘ im Jahre 2014 und ‘horizons‘ in diesem Jahr“, ergänzt Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand für das Raumfahrtmanagement und in dieser Funktion zuständig für die deutschen Beiträge zur horizons-Mission und zur ESA.
Zu Gersts Crew gehören nach wie vor die NASA-Astronautin Serena Aunon-Chancellor und der russische Kosmonaut Sergei Prokopjev – mit ihnen ist @Astro_Alex am 6. Juni 2018 gemeinsam zu seiner horizons-Mission zur ISS aufgebrochen. Neu an Bord sind ab Mitte Oktober der NASA-Astronaut Nick Hague und der Kosmonaut Alexey Ovchinin. Sie sollen mit einer russischen Sojus-Kapsel am 11. Oktober zur Raumstation starten.
Kapitän des gesamten Raumschiffs zu sein bedeutet im Vergleich zum „normalen“ Astronautenalltag als Missionsspezialist, also zum Beispiel Bordingenieur oder Wissenschaftler, „vor allem auch in kritischen Situationen den Überblick zu behalten und überlegt Entscheidungen zu treffen“, erklärt Volker Schmid, horizons-Missionsmanager und ISS-Fachgruppenleiter beim DLR Raumfahrtmanagement in Bonn. Erfahrung mit den Abläufen an Bord der ISS spiele hier eine ebenso große Rolle wie die Akzeptanz innerhalb der Crew. „Der Kapitän muss mehr als jeder andere ein Teamplayer sein, zugleich aber auch den Respekt und das Vertrauen genießen, auch im Krisenfall für die gesamte Mannschaft und das Schiff Verantwortung zu übernehmen“, sagt Schmid. Zusätzlich arbeite der Kommandant besonders eng mit dem Flugdirektor und dem Missionsteam am Boden zusammen, um eine erfolgreiche Gesamtmission zu gewährleisten. Außerdem ist Alexander Gerst für die Sicherheit, die Gesundheit der Crew und den Schutz der ISS-Module zuständig. Im Notfall entscheidet er über Rettungsmaßnahmen bis hin zum Missionsabbruch oder eine vorzeitige Rückkehr zur Erde.