Nanzdietschweiler – Vor einem Jahr, am 9. September 2017, verunglückten 27 junge Leute, die sich auf dem Anhänger eines Traktors befanden, als der Anhänger im Kreisverkehr am Ortseingang Glan-Münchweiler, Ortsteil Bettenhausen, umkippte.
Als „Straußjugend“ von Nanzdietschweiler waren die jungen Leute an diesem Tag in den umliegenden Ortschaften mit dem Gespann unterwegs gewesen, um auf ihre Kerwe am darauffolgenden Wochenende aufmerksam zu machen.
Alle 27 Personen waren durch den Aufprall auf den Boden verletzt worden und zur medizinischen Betreuung in umliegende Krankenhäuser verbracht worden. Schwer verletzt wurden fünf Mitfahrer, davon zwei junge Frauen im Alter von 16 und 22 Jahren sowie drei Männer zwischen 22 und 24 Jahren. Die Kerwe wurde damals im Hinblick auf den Unfall abgesagt. Zwei Wochen nach dem Unfall starb einer der drei schwerverletzten Männer im Alter von 23 Jahren im Krankenhaus. Nach dem Ergebnis der Obduktion verstarb der 23-Jährige an einer Folgeerkrankung, die ohne den Unfall nicht aufgetreten wäre.
Die Ermittlungen zur Unfallursache sind nunmehr abgeschlossen. Die Dauer des Verfahrens erklärt sich aus der Komplexität der Ermittlungen, bei denen unterschiedliche Verkehrssicherungspflichten geprüft werden mussten. Ferner wurde ein Täter-Opfer-Ausgleich versucht.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen handelte es sich nicht um eine sogenannte Brauchtumsfahrt. Eine solche, bei welcher die Vorschriften der Personenbeförderung gelockert sind, ist nur in ganz wenigen, streng umrissenen Ausnahmefällen gegeben. Im Rahmen von Kirmesveranstaltungen ist dies möglich. Allerdings auch hier nur begrenzt. So ist der Kirmesumzug als solcher eine Brauchtumsfahrt. Dieser unterscheidet sich aber in erheblichen Punkten von der hier vorliegenden Fahrt. So ist die Personenbeförderung nur während des eigentlichen Umzuges gestattet. Bei der Fahrt zur Aufstellung und von dem Umzug weg, ist eine solche nicht erlaubt. Während des Umzuges darf nur mit Schrittgeschwindigkeit gefahren werden. Die Strecke ist für den sonstigen Verkehr für die Zeit des Umzuges gesperrt.
Die Verantwortung für die Werbefahrt am 9. September 2017 liegt demnach bei den handelnden Personen, die die Fahrt durchgeführt haben. Hierzu haben die Ermittlungen ergeben, dass das Gespann aus Traktor und Anhänger auch bei vorsichtigem Fahrverhalten nicht dazu geeignet war, Personen im öffentlichen Straßenverkehr zu befördern, und dass dieses Risiko sich in dem Unfall realisiert hat. Die Fahrt hätte überhaupt nicht unternommen werden dürfen. Die Ermittlungen haben keine Anhaltspunkte für ein darüber hinaus gehendes Fehlverhalten ergeben. Insbesondere ergaben sich keine Hinweise auf einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung während der Fahrt und keine Anhaltspunkte dafür, dass sich Personen auf dem Anhänger falsch verhalten hätten. Einen einzelnen Veranstalter der Werbefahrt haben die Ermittlungen nicht ergeben. Vielmehr handelten die Mitglieder der Straußjugend gleichberechtigt.
Nach der rechtlichen Bewertung der Staatsanwaltschaft hätte sich bei dieser Sachlage der Fahrer vor der Fahrt um die Eignung des von ihm geführten Gespanns zur Personenbeförderung kümmern müssen und hätte die Fahrt mit diesem Gespann nicht unternehmen dürfen.
Aufgrund des Ergebnisses der Ermittlungen macht die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern dem 42-jährigen Fahrer den Vorwurf der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung. Der Fahrer hat von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage zum Amtsgericht Kusel erhoben. Das Amtsgericht Kusel hat nunmehr über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden.