Aus der Geschichte kann man nicht nur lernen, dass sie "rum" ist. Historisches Wissen und Bildung sind wichtig für die Identität von Individuen, Gruppen, eigentlich der ganze Bevölkerung eines Landes oder einer Region. Somit sind Museen wichtige Orte der Kulturvermittlung. Doch schon seit Herodot oder Thukydides weiß man, dass Geschichtsschreibung ihre Tücken mit sich bringt. Wie wird Geschichte überliefert? Wie soll sie dem breiten Publikum präsentiert und dargeboten werden? Fragen über die Historiker regelmäßig debattieren. Was hinter einer anspruchsvollen Museumsausstellung an Vorbereitungen und Arbeit steckt bleibt somit selbst regelmäßigen Besuchern und Freunden der hiesigen Museen doch in aller Regel verborgen. Am 8. und 9. November 2012 trafen sich internationale Experten, Historiker und Museumsmitarbeiter, um über das Format der „Landesausstellung“ zu diskutieren.
Neben Fachbeiträgen am Donnertag und Freitag im Florian-Waldeck-Saal des Reiss-Engelhorn-Museum (rem) gab es eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion. Zum Thema „Geschichte, Vermittlung und Identität“ diskutierten Prof. Guido Knopp (ZDF), Dr. Tanja Kinkel (Bestseller-Autorin), Dr. Harald Eggebrecht (Feuilletonist für die SZ), Prof. Dr. Bernd Schneidmüller und Prof. Dr. Stefan Weinfurter (beide Historiker an der Universität Heidelberg). Moderiert wurde der Abend von Teresa Henkel, Studioleiterin des SWR.
„Landesausstellung“ – Schon das bloße Wort in den Ohren eines Laien lässt Großes erwarten. Umfassende Informationen wird man dort wohl erhalten. Geschichte und Kultur, die Kulturgeschichte oder das Leben berühmter und prägender Persönlichkeiten wird es zu erleben geben. Das stimmt auch. Doch decken diese Assoziationen nur einen Teil der Bedeutung von „Landesausstellung“ ab.
Eine Landesstellung muss qua definitione von einem der staatlichen Museen veranstaltet werden. Zudem ist das Land als Geldgeber, wenn nicht auch als Ideengeber beteiligt, wie es bei der ersten Landesausstellung in Stuttgart 1977 der Fall gewesen sein soll. Wie das Wort schon sagt, sind Länder Mittelpunkt und Gegenstand dieser Ausstellungen. Allerdings nicht nur Nationalstaaten, sondern in erster Linie Bundesländer oder Länder bzw. Kleinstaaten aus vergangenen Tagen. So sind in jüngerer Zeit länderübergreifende Kooperationsprojekte neu hinzugekommen, die dem Umstand Rechnung tragen, dass historische Kulturräume nicht immer an modernen Landesgrenzen enden.
Das Format der Landesausstellung hat sich im Kulturleben Deutschlands und Österreichs in den letzten 35 Jahren fest etabliert. Konzepte, Trägerschaften, Vermittlungsmöglichkeiten, kulturpolitische Absichten und Erwartungen unterscheiden sich allerdings von Land zu (Bundes-)Land durchaus. Mit der Expertentagung „Land und Geschichte – die großen kulturhistorischen Ausstellungen der Länder im Vergleich“ sollten die verschiedenen Formate von landesgeschichtlichen Landesausstellungen in ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden vorgestellt und diskutiert werden, Um eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen, richtete sich der Blick auf landesgeschichtliche Themen vom Mittelalter bis in die Neuzeit.
Die Tagung widmete sich vier Themenschwerpunkten. Den thematischen Einstieg bildeten Vorträge über die „Landesausstellung als Ehrentitel“ für kommunale Museumsausstellungen. Hochkarätige Referenten berichteten aus der Praxis und über ihre direkten Erfahrungen mit der Organisation von Landesausstellungen in Baden-Württewmberg, Niedersachen und Sachen-Anhalt. Bedeutende Ausstellungen verlangen nach einem bedeutenden Ort. So hieß der zweite Themenkomplex: „Häuser der Geschichte“ – Orte, an denen auf Dauer Landesgeschichte erlebbar gemacht werden sollte.
Wo es um Geschichte geht, kann die Politik nicht weit sein. Im dritten Teil referierten Experten aus Deutschland und Österreich über Ausstellungen mit klar bundeslandspezifischem Schwerpunkt. Den Abschluss bildete eine Vortragsreihe über das moderne Format der länderübergreifenden Ausstellungen.
Der Aufwand für eine Landesaustellung ist enorm – nicht zuletzt finanziell. Unter einer Million sei eine Landesausstellung nicht zu haben, so Prof. Dr. Harald Siebenmorgen in seinem Beitrag. Die finanzielle Ausstattung der Museen entspräche leider immer noch derjenigen zu D-Mark-Zeiten. Drittmittel seien für eine große Ausstellung unabdingbar geworden. Allein mehrere hunderttausend Euro müssten für Marketing und Pressearbeit regelmäßig eingeplant werden. Der Vorlauf, die Konzeptionierung , die Organisation und Ausleihe der Exponate über das europaweite Vergabesystem seien die weiteren großen Herausforderung einer solchen Ausstellung.
Kommende Ausstellungen in der Region, die dem Format und den Zielsetzungen einer Landesaustellung entsprechen oder sehr nahe kommen, sind:
Speyer – Historisches Museum der Pfalz:
Königreich Pfalz (3. März 27. Oktober 2013)
Mannheim – Landesmuseum für Technik und Arbeit:
Durch Nacht zum Licht? Die Geschichte der Arbeiterbewegung 1863 bis 2013 (2. Februar – 14. Juli 2013)
Mannheim – Reiss-Engelhorn-Museum / Barockschloss Mannheim:
Die Wittelsbacher – Die Kurpfalz und Europa am Rhein (8. September – 2. März 2014)
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