Bad Kreuznach – Mit der gestrigen Sitzung des Stadtrats haben 21 Mitglieder ein trauriges Kapitel Kommunalpolitik in Bad Kreuznach geschrieben.
Auf Top 12 der Tagesordnung war der Antrag der FWG zu finden, dass „die Stadt Bad Kreuznach … beantragen möge, von der Zuständigkeit als Träger der örtlichen Jugendhilfe vom fachlich zuständigen Ministerium entbunden zu werden“. Nach etwa einstündiger Diskussion hatte der Stadtrat mit 21 zu 20 Stimmen beschlossen, dass die Aufgaben zukünftig vom Landkreis übernommen werden sollen.
„Sicherlich ist es in einer Demokratie richtig, dass man unterschiedlicher Meinung ist und es nach intensiver Diskussion und Abwägung der Argumente und Fakten zu einem Mehrheitsbeschluss kommt, dem sich alle Beteiligten zu beugen haben − das gilt für mich als Oberbürgermeisterin im Besonderen. Mir geht es auch nicht um den Beschluss als solchen, sondern die politische Kultur, die in Teilen der Bad Kreuznacher Kommunalpolitik herrscht und nicht immer die Belange und Interessen unserer Stadt im Auge hat“, sagt Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer.
Seit mehr als 90 Jahren arbeiten in der Stadtverwaltung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Kinder, Jugendlichen und Familien in der Stadt. Die Aufgaben sind vielfältig und die Anforderungen steigen aufgrund des gesellschaftlichen Wandels stetig. Kaster-Meurer: „Egal, ob der Kreis oder die Stadt die Aufgaben erfüllt, die Kosten für die Jugendhilfe müssen getragen werden. Hier stellt sich vielmehr die Frage nach der politischen Gestaltungsmöglichkeit für die eigene Stadt.“
Ohne ein Wort über die Zukunft der mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verlieren, ohne die zu erwartenden gesellschaftlichen und finanziellen Folgen zu kennen, auf Faktenbasis zu diskutieren und abzuwägen, haben 21 Stadtratsmitglieder (CDU, FWG, Liste Faires Bad Kreuznach und Büfep, FDP und Parteilose Partei) dem Antrag der FWG zugestimmt, so Kaster-Meurer weiter. Die CDU-Fraktion habe um Sitzungsunterbrechung gebeten, damit ein bis dahin unentschuldigt fehlendes Faktionsmitglied noch kommen und damit eine Mehrheit schaffen konnte.
Dass sich die Mehrheit der Ratsmitglieder in dieser gesellschaftspolitisch wichtigen Frage nicht mit Fakten auseinandersetzen wolle, zeige die Tatsache, dass den Stadträten bereits seit 2014 mehrere Schreiben des Ministeriums vorliegen (Anlage). Aus diesen Schreiben geht hervor, dass das Amt für Kinder und Jugend Bestandschutz hat, weil es vor der Gesetzgebung bereits existiert hat. Das Ministerium führt aus, dass ausschließlich der Landtag die „Abgabe der Zuständigkeit als örtlicher Träger der Jugendhilfe“ beschließen kann und weder der Stadtrat noch das „zuständige Ministerium“, wie von der FWG beantragt wurde. „Der Beschluss führt also ins Leere und hat keinerlei Konsequenzen, was einem Teil der Stadtratsmitglieder jedoch in vier Jahren entfallen zu sein scheint“, so die Oberbürgermeisterin abschließend.