Karlsruhe. Am vergangenen Wochenende fand in Nürnberg mit den Deutschen Meisterschaften der nationale Höhepunkt der diesjährigen Leichtathletiksaison statt. Für die Titelkämpfe im fränkischen Grundig-Stadion hatte sich auch erstmals eine breite Vielfalt von LGR-Athlet/innen qualifiziert, die bei ihren Auftritten durchweg überzeugende Leistungen brachten und tolle Platzierungen erreichten. „Man hat so oft LG Region Karlsruhe gehört und gesehen, dass es eine wahre Freude war“, kommentierte einer der anwesenden LGR-Coaches im Nachhinein das Geschehen im Frankenland.
Den Auftakt vor ungewohnter Kulisse machte dabei Weitenjäger Julian Howard (PSK), der schon freitags auf einer eigens errichteten Rampe auf dem Nürnberger Hauptmarkt zu großen Sprüngen anssetzen durfte bzw. musste. Einerseits war die abendliche Atmosphäre in der Innenstadt gigantisch und den Weitspringern hat es sichtlich Spaß gemacht, einmal ganz im Mittelpunkt zu stehen. Andererseits war die Anlage – wie bereits vorher befürchtet – kaum meisterschaftstauglich, da nicht schwingungsfrei. Wer die deutschen Meisterschaften als Normwettkampf für die WM ausschreibt, muss auch optimale Bedingungen für die Athleten liefern. Dies war nach übereinstimmender Meinung eher nicht der Fall und sollte auch nicht durch die zweifellos positiven Marketingeffekte schöngeredet werden.
Wie dem auch sei, mit seinen im zweiten Durchgang erzielten 7,81 Metern belegte Julian am Ende eines durchaus spannenden Wettbewerbs den dritten Rang. Mehrere sehr weite Sätze des KIT-Studenten waren leider ungültig, bevor zu Beginn des sechsten Durchgangs auch noch die gebrochene Aufhängung des Absprungbretts neu justiert werden musste. Insgesamt zeigte sich Julian dennoch zufrieden mit seiner mit Bronze belohnten Leistung, hatte er wegen einer langwierigen Verletzung doch bis dahin einen eher verkorksten Saisonverlauf hinter sich.
Am Samstagmorgen, jetzt im Stadion, waren zunächst die beiden 4×400 Meter Staffeln der Altersklasse U20 gefragt. Für die Jungs (Denis Zimmermann, Alexander Menyhart, Ilja Pricker, Philipp Ziel) war das Rennen allerdings wegen eines verpatzten ersten Wechsels schnell beendet. Unsere besonders junge U20-Mädchenstaffel mit Aileen Speck, Pia Ringhoffer, Valesca Hoffmann und Franziska Heidt machte es anschließend besser. In neuer Saisonbestleistung von 4:02,61min verfehlte das Quartett nur knapp den Finallauf und belegte am Ende einen starken 9. Platz.
Am Abend gab es dann einen weiteren Höhepunkt aus LGR-Sicht, als Melina Tränkle über 5.000 Meter – aus ihrer Sicht eindeutig eine Unterdistanz – auf den starken siebten Platz lief. In dem vom jungen Shooting-Star Alina Reh angeführten und dominierten Feld meisterte Melina die zwölfeinhalb Runden in schnellen 16:36,54min. Ab Kilometer drei stand die LGR-Topläuferin dabei allerdings vor der Frage „alleine nach vorne in den böigen Wind?“ oder lieber im Verfolgerfeld bleiben. Die Entscheidung für den Verbleib in der Gruppe hat Melina am Ende möglicher Weise eine noch bessere Platzierung gekostet, da sie im Endspurt von zwei Konkurrentinnen übersprintet wurde.
Am Sonntag waren dann zunächst wieder die Staffeln an der Reihe. Während die 4×100 Meter-Frauenstaffel (Nina Garay, Katja Ulmer, Larissa Kaufmann und Patricia Jendrzok) wegen der Verselbständigung des Staffelholzes aufgeben musste, konnten ihre männlichen Kollegen letztendlich mit Rang 13 ihre starken Saisonleistungen bestätigen. In 41,43sec verfehlten Marvin Hock, Yannick Hornung, Anton Epp und Florian Gedemer ihre Hausmarke nicht einmal um zwei Zehntelsekunden.
Herausragend gut präsentierten sich im Anschluss Gunnar Hofmann, Jan Anstett und Pascal Kleyer über 3×1.000 Meter der U20. Nachdem sich das junge Trio am Vortag mit 7:49min sicher für das Finale qualifiziert hatte, pulverisierten sie dort schließlich ihre Saisonbestleistung. Gunnar lief die Staffel in 2:40min an, Jan konnte mit seinen starken 2:33min die gerissene Lücke wieder schließen und Pascal erkämpfte letztlich in ganz starken 2:26min den tollen sechsten Platz. In 7:39,74min erreichten die Drei, die im nächsten Jahr alle weiterhin der Jugendklasse angehören, nicht nur einen tollen 6. Rang, sondern zugleich einen neuen Kreisrekord.
Geradezu sensationell stark zeigte sich eine gute Stunde später Lena Knirsch. Als Jugendliche startete sie auf der 3.000 Meter-Hürdendistanz und belegte in dem 18er-Feld der Frauen am Ende einen grandiosen siebten Platz. Wiie ein Uhrwerk, präzise und kontrolliert, mit hervorragender Technik am Wassergraben und den Hindernissen, meisterte sie schließlich die fast acht anstrengenden Runden. Insehr guten 10:40,74min verbesserte sie nach ihrem klugen und couragierten Lauf auch gleich noch den von ihr selbst erst vor Monatsfrist aufgestellten Kreisrekord um weitere neun Sekunden.
Nur wenige Minuten später stand bereits der nächste LGR-Athlet im Nürnberger Stadionrund bereit. 800 Meter-Läufer Christoph Kessler hatte sich trotz schwieriger Konstellation am Vortag (mit dem Nachteil im ersten Vorlauf starten zu müssen) in einem Temporennen mit 1:49,96min für das Finale qualifiziert. Dort entwickelte sich ein eher unruhiges und taktisches, am Ende sehr enges Laufgeschehen. Dabei hatte Christoph ein wenig Pech, weil er etwas eingeklemmt war, als in der entscheidenden Phase die Post abging. Mit 1:50,45min belegte er als Jüngster im Feld schließlich einen bombigen sechsten Rang. Damit demonstrierte der KIT-Student nochmals eindrucksvoll seine Wettbewerbsfähigkeit, die ihn eigentlich zu den U23-Europameisterschaften hätte führen müssen – leider stand dem bekanntlich die strikte Auslegung der Nominierungskriterien durch den DLV entgegen.
Den letzten LGR-Einzelauftritt hatte dann kurze Zeit später Jannik Arbogast über 5.000 Meter. In dem typischen Meisterschaftsrennen entschied Jannik bereits bei Kilometer vier zu attackieren, um das Feld auseinanderzureißen. Der letztlich entscheidende vom späteren Sieger Richard Ringer angezogene knackige Endspurt über 400 Meter war dann aber für Jannik am Ende etwas zu kurz. In 14:09,21min belegte er schließlich den undankbaren vierten Platz, hat damit aber nicht Bronze verloren, sondern Rang vier gewonnen. Ein blutender Zeh und ein zerstörter Spikeschuh waren im Übrigen die fast schon logischen Begleiterscheinungen des sehr taktischen Rennens mit vielen Tempoverschleppungen und entsprechenden Ziehharmonikaeffekten.
Zur abschließenden 4×400 Meter-Konkurrenz war das LGR-Quartett quasi als „Azubistaffel“ zum Lernen angereist – schließlich fehlten mit Stephan Reither, Christoph Kessler und Pascal Kleyer die stärksten Karlsruher Viertelmeiler. Stefan Kohler lief die Staffel in sehr starken 49,9sec aus dem Startblock an, Holger Körner blieb als Schlussläufer mit 49,8sec ebenfalls unter der 50 Sekunden-Grenze. Max Schmidt und Allzweckwaffe Felix Wammetsberger überzeugten dazwischen mit couragierten Runden.
Als sehr erfreuliche sportliche Bilanz bleibt festzuhalten, dass die LGR in Nürnberg und darüber hinaus in den letzten Jahren deutlich an nationaler Bedeutung gewonnen hat und zurecht an den Top Ten der deutschen Vereinsrangliste kratzt. Es bleibt nun zu hoffen, dass sich der enorme Bedeutungsgewinn der Karlsruher Leichtathletik auch irgendwie finanziell absichern lässt. Alleine mit dem Gewinn aus der Badischen Meile und einigen wenigen Kleinsponsoren sind die gewachsenen Aufwendungen für Meldegelder, Anreisen und Übernachtungen, Trainingslagerzuschüsse etc. auf Dauer jedenfalls kaum zu bewältigen. Vielleicht findet sich ja in näherer Zukunft ein größerer Partner, dem nationale Spitzenleistungen in der olympischen Kernsportart Leichtathletik etwas wert sind!?