Neustadt an der Weinstraße – Das lange Warten hat sich doch noch gelohnt. In der Nacht auf von Sonntag auf Montag sowie Montag auf Dienstag konnten mehrere Pfälzer Weingüter und Genossenschaften bei Temperaturen von bis zu – 9,5° Celsius Eiswein ernten. Nach einer Mitteilung der Pfalzwein-Werbung freuen sich die Spezialisten, dass es nach langem Warten doch noch mit der Lese von Eiswein geklappt hat.
Das Weingut Frey in Essingen konnte bereits am Montag früh einen Chardonnay mit ca. 148 Gard Oechsle lesen. Heute früh wurde vom Weinkontor Edenkoben neben der Rebsorte Chardonnay auch Cabernet Mitos, Riesling und Weißburgunder geerntet. Das Weingut Nett in Neustadt-Geinsheim hat ca. 500 Liter Goldmuskateller von der Lage Neustadter Pfaffengrund bei klirrender Kälte von – 9,5 Grad Celsius von Hand gelesen. In St. Martin – St. Martiner Ludwigshöhe – hat das Consulat des Weines seine Chance genutzt und die Rebsorte Riesling eingebracht. Außerdem haben das Weingut Knauff aus Gönnheim Scheurebe in der Einzellage Gönnheimer Mandelgarten mit 158 Grad Oechsle gelesen. Das Weingut Anselmann hat die Rebsorten Scheurebe und Riesling angenommen. Auch in Kallstadt konnte das Weingut Schröder-Weisenborn zwei Rebsorten lesen. Die Scheurebe mit 155 Grad Oechsle und die Huxel mit 165 Grad Oechsle.
Dieses Jahr haben sich viele Pfälzer Winzer entschieden, Flächen für die Eiswein-Ernte vorzuhalten. Das ausgewogene Verhältnis von Süße und Säure sorgt dafür, dass die Eisweine dieses Jahrgangs besonders lagerfähig und facettenreich im Geschmack sein werden.
Eine frostige Rarität mit der Süße des Sommers
Den exquisiten Stoff, der aus klirrender Kälte kommt – gelesen werden darf erst bei mindestens sieben Grad minus und die Trauben müssen noch im gefrorenen Zustand gekeltert werden – und doch die Süße des Sommers in sich trägt, wird es nie in großer Menge geben, denn die Erträge sind sehr gering. Die freiwillige Mengenreduktion kann sich natürlich lohnen: Ein Eiswein ist kaum unter 15 bis 20 Euro je Halbliterflasche zu bekommen, begehrte Weine kosten manchmal dreistellige Summen – und werden nach einigen Jahrzehnten als gesuchte Raritäten nicht selten für mehrere Hundert Euro gehandelt. Doch es gibt auch in der Pfalz viele Winzer und Genossenschaften, die das Spiel mit der Natur wagen und die Trauben zumindest auf einer kleinen Rebfläche nicht zur üblichen Zeit ernten.
Das ist indes mit einem gewissen Risiko verbunden. Der Stiel kann faulen, so dass die Trauben zu Boden fallen und verderben, Stare können den ungewohnten Leckerbissen in den Weinbergen entdecken oder die Nächte mit tiefem Frost bleiben einfach aus. Gerade in einem klimatisch begünstigten Gebiet wie der Region an der Deutschen Weinstraße kann das vorkommen.
Die Lese bei klirrender Kälte (sie beginnt meist morgens vor Sonnen aufgang, damit nicht der natürliche Temperaturanstieg alles zunichte macht) ist nichts für verwöhnte Naturen; das Keltern der tiefgefrorenen Trauben Schwerstarbeit für die Pressen, die dabei sogar kaputtgehen können. Die Winzerkunst besteht vor allem darin, die wenigen Dutzend Liter meist klaren, goldfarbenen Traubensafts, die aus der Kelter fließen, zu Wein werden zu lassen. Denn 120 Grad Oechsle sind gesetzlich für einen Eiswein vorgeschrieben, meist bringen die Köstlichkeiten aus der Kälte weit mehr Mostgewicht – und damit natürliche Süße – auf die Waage.
Der hohe natürliche Zuckergehalt steht allerdings einer schnellen Gärung, die der Winzer anstrebt, im Weg. »Warm stellen und Hefe dazu«, lautet das Rezept der Winzer. Eiswein-Spezialist Jürgen Frey aus der Pfalz erinnert sich noch an den Eiswein von 1985 mit 230 Grad Oechsle. Das Faß habe er im Sommer immer in die Sonne gestellt. »Doch es hat fast ein dreiviertel Jahr gedauert, bis sich genug Alkohol gebildet hatte.«
Die wuchtige Süße der Eisweine, gepaart mit stattlicher fruchtiger Säure, sorgt indes gemeinhin für Missverständnisse: Solcher Wein müsse doch unheimlich schwer und alkoholreich sein, meinen viele. Dabei ist der Alkoholgehalt von Eiswein – verglichen etwa mit dem von Spätlesen oder trockenen Qualitätsweinen – gering. Sieben bis höchstens zehn Prozent Alkohol tragen die Raritäten in sich, doch an aromatischer Fülle und edler Süße lassen sie sich kaum überbieten.