Wiesbaden – Die Ingenieurkammer Hessen (IngKH) ist jüngstes Mitglied der Allianz für Wohnen in Hessen. Das Bündnis, dem neben mehreren Landesministerien unter anderem auch die Verbände der Wohnungswirtschaft, die kommunalen Spitzen- sowie weitere Interessenverbände angehören, hat es sich zur Aufgabe gesetzt, Strategien zur Versorgung der Menschen mit bezahlbarem und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Wohnraum in einem attraktiven Umfeld zu entwickeln.
Bei der Plenumssitzung im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen begrüßte Staatsminister Tarek Al-Wazir zunächst die Ingenieurkammer Hessen – vertreten durch Präsident Dipl.-Ing. Ingolf Kluge sowie Geschäftsführer Dipl.-Ing. (FH) Peter Starfinger – im Kreise der bisherigen Bündnispartner. Anschließend kam er auf die Kompromisse zu sprechen, die notwendig seien, um eine Verbesserung der Lebensqualität der in Hessen lebenden Menschen zu erreichen.
Laut Al-Wazir liege bezahlbarer Wohnraum ebenfalls im Interesse des Gewerbes, da es nur auf diese Weise auch genug Kunden erreiche. Im ersten Schritt würden daher Fördergelder in Höhe von zwei Millionen Euro bereitgestellt, die teils zur Förderung kleiner und mittlerer Einkommen hinsichtlich des Erwerbs von Wohneigentum dienten. Zudem solle mit Hilfe eines „Supermarktgipfels“ ein Konzept für die Nutzung nicht verwendeter Areale und Flächen durch Aufstockung und Erweiterung entstehen.
Danach wurde das neue „12-Punkte-Programm“ zur Schaffung bezahlbaren und Sicherung bestehenden Wohnraums vorgestellt. Einleitend kam dabei zur Sprache, dass die derzeit historisch niedrigen Zinsen eine Herausforderung bei der Förderung des sozialen Eigentums- wie Mietwohnungsbaus darstellten, da die zinsgünstigen Förderdarlehen aus Sicht potenzieller Investoren an Attraktivität verlören. Aus diesem Grund müssten die Rahmenbedingungen angepasst werden.
Laut Programm müsse zudem dem Negativtrend der rückläufigen Anzahl an Wohnungen mit Sozialbindung etwa durch Aufstockung der Fördermittel, Mietausgleich, bezuschusste Mietnachlässe sowie stärkeren Mieterschutz entgegengewirkt werden. Darüber hinaus sei die Ausweisung von mehr Bauland, eine am Gemeinwohl orientierte Vergabe von Grundstücken, eine Mobilisierung ungenutzter Flächen und die Unterstützung von Kommunen in den nachgefragten Regionen Hessen notwendig.
Eine weitere Forderung des Programms war die Stärkung der ländlichen Gebiete. Diese kämen als Potenzialraum für die künftige Wohnraumversorgung in Frage, sofern eine bessere Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet wäre und Anreize zum Erwerb von Bestandsimmobilien geschaffen würden. Ferner bedürfe es gerade in urbanen Regionen mehr interkommunaler Abstimmungen und Entwicklungsstrategien sowie der Förderung kommunaler Wohnraumsversorgungskonzepte zur Erschließung ungenutzter Flächen.
Aufgrund des demografischen Wandels müsse außerdem ein stärkerer Fokus auf das selbstbestimmte Wohnen im Alter und auf neue Formen des Zusammenlebens, wie beispielsweise gemeinschaftliches Wohnen, gelegt werden. Zusätzlich sei es unerlässlich, die Städtebauförderung – trotz aller vorhandenen Schwierigkeiten – vermehrt auf das Thema Innenentwicklung auszurichten. Denn die gegenwärtigen Herausforderungen bezüglich bezahlbaren Wohnraums könnten nur durch einen Zweiklang aus der Nutzung bestehender sowie der Erschließung neuer Flächen bewältigt werden.
Das Programm stellte überdies einen Mangel an qualifizierten Mietspiegeln in Hessen fest, die Transparenz schaffen und Vergleichbarkeit ermöglichen würden. Da deren Erstellung mit hohen Kosten verbunden sei, müssten die Kommunen dabei unterstützt werden. Auch entstünden seit einigen Jahren generell zu wenige bezahlbare Mietwohnungen. Dadurch herrsche gerade in den hessischen Ballungszentren und Hochschulstädten ein enormer Nachfragedruck, der zu deutlichen Mietsteigerungen führe. Serielles Bauen könne ein Teil der Lösung sein, weshalb das Programm für die Einrichtung einer Fachgruppe etwa zur Erörterung der rechtlichen Rahmenbedingungen plädierte.
Ferner seien die Bürgerinnen und Bürger bereits im Vorfeld konkreter Entwicklungsideen für neue Wohnquartiere einzubeziehen, um so möglichen Konflikten vorzubeugen. Derartige Baulanddialoge seitens der Kommunen seien zu fördern Darüber hinaus existiere weiterer Informationsbedarf zu einer Vielzahl an Wohnungsbauthemen, der durch die Erstellung von Broschüren und Leitfäden sowie die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen und Wettbewerbe gedeckt werden könne. Abschließend forderte das Programm noch eine Anpassung der Rahmensetzung zur Beschleunigung von Baulandentwicklung sowie eine Vertiefung des Dialogs mit den kommunalen Spitzenverbänden.
„Durch ihren Beitritt zur Allianz für Wohnen in Hessen möchte die Ingenieurkammer einen Beitrag zur Entwicklung nachhaltiger Strategien für guten und bezahlbaren Wohnraum in unserem Bundesland leisten“, äußerte sich Kammerpräsident Kluge optimistisch zur IngKH-Mitgliedschaft in dem Bündnis. „Uns ist es wichtig, im ständigen Austausch mit den Landesressorts, kommunalen Spitzenverbänden, Kammern, dem Mieterbund und weiteren Interessensverbänden zu stehen“, fügte Geschäftsführer Starfinger an. „Denn wir können die Herausforderungen beim Thema bezahlbaren Wohnraum nur durch gemeinsam erarbeitete Lösungen und Kompromisse meistern.“