Neustadt: Pfälzisches Parlament konstituiert sich auf dem Hambacher Schloss

Neustadt an der Weinstraße / Kaiserslautern – Die 29 Abgeordneten des pfälzischen Parlaments wählten in ihrer konstituierenden Sitzung auf dem Hambacher Schloss Theo Wieder (CDU) zum Vorsitzenden des Bezirkstags Pfalz und bestätigten ihn damit für weitere fünf Jahre im Amt; er erhielt 25 Ja- und eine Nein-Stimme bei drei Enthaltungen.

Der 64-jährige ehemalige Frankenthaler Oberbürgermeister steht seit 2004 dem obersten Entscheidungsgremium des Bezirksverbands Pfalz vor, der Träger beziehungsweise Mitträger von über 20 bedeutsamen Institutionen in der Region ist. Der Kaiserslauterer Oberbürgermeister Dr. Klaus Weichel (SPD) und die ehemalige Landtagsabgeordnete Ruth Ratter (Bündnis 90/Die Grünen) aus Deidesheim wurden vom Regionalparlament zu seinem ersten Stellvertreter sowie zu seiner zweiten Stellvertreterin gewählt. In der 17. Wahlperiode sind die CDU mit acht Sitzen, die SPD mit sieben Sitzen, die Grünen mit fünf Sitzen, die AfD und die FWG mit je drei Sitzen, die FDP mit zwei Sitzen und die Linke mit einem Sitz im Bezirkstag Pfalz vertreten. Von den 29 Mitgliedern sind – wie schon beim letzten Mal – elf weiblich, was einem Anteil von 39 Prozent entspricht. 14 Mandatsträgerinnen und -träger gelangen erstmals beziehungsweise nach einer Unterbrechung wieder in den Bezirkstag Pfalz. CDU, SPD und Grüne haben kürzlich eine Koalition mit einer tragfähigen Mehrheit von 20 Sitzen vereinbart. Ihr gehören das jüngste und neue Bezirkstagsmitglied, Felix Schmidt von den Grünen (Jahrgang 1990), und der älteste Vertreter im Pfälzer Parlament, Manfred Schwarz von der CDU (Jahrgang 1945), an; dieser engagiert sich seit 1999 für die Region und hatte in der zurückliegenden Wahlperiode Verantwortung als zweiter Bezirkstagsvize übernommen, wofür ihm Wieder herzlich dankte.

„Die nächsten fünf Jahre bringen große Herausforderungen“, kündigte Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder zu Beginn der Sitzung an. Es gelte, den Bezirksverband Pfalz – unter anderem mithilfe der bereits im Regionalverband laufenden Denkwerkstatt – für die Zukunft fit zu machen und entsprechend auszurichten. Hierfür sei „eine stabile und sichere Finanzgrundlage eine entscheidende Voraussetzung“. Als Ziel mit höchster Priorität bezeichnete er dabei einen „vollständigen Haushaltsausgleich im Regionalverband und allen seinen Einrichtungen“. Verantwortlich für eine Reihe hochkarätiger Kultureinrichtungen sei die interkommunale Zusammenarbeit ein wesentlicher Grundpfeiler im Selbstverständnis des Bezirksverbands Pfalz. Ein besonderes Augenmerk soll auf dem Biosphärenreservat Pfälzerwald als „Naturschatz von identitätsstiftender Bedeutung für die Region und die Menschen“ sowie der Weiterentwicklung der zahlreichen in der vergangenen Wahlperiode angestoßenen Projekte liegen. Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, werde bei den Baumaßnahmen des Bezirksverbands Pfalz der aktive Klimaschutz besonders berücksichtigt, sagte Wieder. Ein weiteres wichtiges Thema sei neben der Gedenkarbeit zunehmend auch die Förderung der Demokratie: Es gelte, „unser höchstes Gut“ jeden Tag aufs Neue zu verteidigen. Jede und jeder sollte „einer bestimmten gesellschaftlichen Denkweise entgegentreten“.

Zum vierten Mal zum Bezirkstagsvorsitzenden gewählt: Theo Wieder (links) erhält von Bezirkstagsvize Dr. Klaus Weichel die Ernennungsurkunde (Foto: Regina Reiser, Bezirksverband Pfalz)
Zum vierten Mal zum Bezirkstagsvorsitzenden gewählt: Theo Wieder (links) erhält von Bezirkstagsvize Dr. Klaus Weichel die Ernennungsurkunde (Foto: Regina Reiser, Bezirksverband Pfalz)

Zu seinen Kolleginnen und Kollegen im Bezirkstag Pfalz gewandt, erläuterte Wieder in seiner mitunter leidenschaftlichen Rede, dass dies die 17. Wahlperiode des Regionalgremiums in der Nachkriegszeit sei; inzwischen hätten seit 1950 „über 270 Bürgerinnen und Bürger dem pfälzischen Parlament angehört und ihr Fachwissen und ihre Arbeitskraft für die Menschen der Pfalz eingesetzt“. Eine Demokratie brauche Menschen, die sich von allgemein gültigen Werten leiten ließen und bereit seien, für diese auch gegen Anfeindungen „mit Mut und – in schwierigen Phasen dem Zeitgeist widerstehend – mit dem Wort und dem überzeugenden Argument zu kämpfen“. Im Grenzland Pfalz hätten die hier lebenden Menschen „oft schmerzlich erfahren, wohin Nationalismus, Isolationismus und Rassismus führen“. Wer diese Rechte nur für sich gelten lasse, sie dem Nachbarn und Nächsten aber nicht zugestehe, der werde „Frieden und Freiheit für sich selbst gefährden“. Auf dem Spiel stehe „die Zukunft unseres Landes als freiheitliche Demokratie, die Zukunft unserer Kinder und Enkel als Teil eines friedlichen Europas“. Wieder appellierte abschließend: „Für Demokraten ist es ein Wesenselement, die Welt nicht nur durch die eigene Brille, sondern auch mit den Augen der anderen zu sehen.“ Kluge demokratische Politik erfordere allumfassende, von gegenseitigem Respekt getragene Kommunikation sowie Vertrauen in die Ehrlichkeit und Seriosität des jeweils anderen.

Der Bezirkstag Pfalz wählte – entsprechend der beschlossenen neugefassten Hauptsatzung – aus seiner Mitte 18 Mitglieder des Bezirksausschusses, der weitreichendere Kompetenzen als die übrigen Fachausschüsse hat. Ihm gehören von der CDU-Fraktion Theo Wieder (als Bezirkstagsvorsitzender, der von Amts wegen dieses Gremium anführt), Fraktionsvorsitzender Dr. Bernhard Matheis, Monika Kabs, Marcus Klein und Christina Rauch, von der SPD-Fraktion Dr. Klaus Weichel (als Bezirkstagsvize), Fraktionsvorsitzender Günther Ramsauer, Stefanie Seiler und Karl-Heinz Seebald, von der Fraktion der Grünen Ruth Ratter (als Bezirkstagsvize), Fraktionsvorsitzende Irmgard Münch-Weinmann und Felix Schmidt, von der AfD Fraktionsvorsitzender Wolfgang Kräher und Karin Leissing, von der FWG Fraktionsvorsitzender Manfred Petry und Georg Krist, von der FDP Fraktionsvorsitzender Günter Eymael und von den Linken Frank Eschrich an. Sodann legten die Abgeordneten acht weitere Ausschüsse fest: Werksausschuss LUFA/Ausschuss für Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Umwelt, Ausschuss für Kunst, Kultur, pfälzische Geschichte und Volkskunde, Ausschuss für Bauplanung inklusive Energie und Klimaschutz, Rechnungsprüfungsausschuss, Ausschuss für Gedenkarbeit und Demokratieförderung, Ausschuss für das Biosphärenreservat Pfälzerwald, Beteiligungsausschuss und Schulträgerausschuss. Der Bezirksausschuss und die Fachausschüsse konstituieren sich nach der Sommerpause ab Mitte August.

Wieder verabschiedete die Bezirkstagsmitglieder der vergangenen Wahlperiode. Außerdem beschloss das pfälzische Parlament, den ausgeschiedenen Bezirkstagsmitgliedern Bernhard Kukatzki für seine insgesamt 25-jährige Zugehörigkeit (von 1984 bis 1994 für die Grünen und von 2014 bis 2019 für die SPD) sowie Walter Altvater (Grüne), Wolfgang Lutz (CDU) und Günther Mack (FWG) für ihre 15-jährige Zugehörigkeit mit dem Wappenschild des Bezirksverbands Pfalz zu ehren, um ihre Verdienste um die Region zu würdigen. Die Auszeichnung erfolgt im Spätjahr und wird rechtzeitig bekanntgegeben.