Neustadt an der Weinstraße – Die Eilanträge der Firma Gerst Recycling GmbH (im Folgenden: Antragstellerin), die sich gegen zwei von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (im Folgenden: SGD Süd) an die im Verfahren beigeladene Stadt Neustadt/Wstr. gerichtete immissionsschutzrechtliche Anordnungen wendet, sind mit Beschluss vom heutigen Tage abgelehnt worden.
Die Antragstellerin ist u.a. auf Bauschuttaufbereitung, Herstellung und Vertrieb von Recyclingbaustoffen spezialisiert. Im Oktober 1981 richtete sie im Neustadter Stadtviertel Branchweiler auf dem im Eigentum der Stadt Neustadt/Wstr. stehenden Gelände der Deponie „Haidmühle – Maifischgraben“ u.a. eine Bauschuttrecyclinganlage ein. Zwischen der Antragstellerin und der Stadt Neustadt/Wstr. besteht eine vertragliche Beziehung, die die Stadt Neustadt/Wstr. bereits im Oktober 2018 aufgekündigt hat. Das Räumungsverfahren ist derzeit beim Landgericht Frankenthal anhängig.
Erstmals mit Bescheid vom 25. Januar 1985 hatte die damalige Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz gegenüber der Stadt Neustadt/Wstr. u.a. den Plan für die Errichtung und den Betrieb der Bauschuttaufbereitungsanlage nach Abfallrecht festgestellt. Weitere Genehmigungsbescheide gegenüber der Stadt Neustadt/Wstr. ergingen u.a. am 20. März 1987 (Erweiterung des bestehenden Deponiegeländes), am 15. Oktober 1997 (neue Genehmigung der Bauschuttrecyclinganlage auf der Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes) sowie am 23. Januar 1998.
Im Sommer 2017 nahm die Staatsanwaltschaft Frankenthal strafrechtliche Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Antragstellerin wegen des Verdachts illegaler Abfallbeseitigung auf. Die Ermittlungen sind bisher nicht abgeschlossen.
Im Januar 2018 bat der Antragsgegner die Stadt Neustadt/Wstr. um nähere Angaben zur Betriebsorganisation. Daraufhin antwortete die Stadt Neustadt/Wstr., sie sei nicht die Betreiberin der Anlage zur Aufbereitung von Bauschutt, sondern die Antragstellerin. Die ebenfalls um Erteilung einer Auskunft gebetene Antragstellerin teilte dem Antragsgegner mit, Betreiber der Bauschuttaufbereitungsanlage sei die Stadt Neustadt/Wstr.
Daraufhin stellte der Antragsgegner mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 29. Juni 2018 gegenüber der Stadt Neustadt/Wstr. fest, dass sie Betreiberin der Abfallanlagen des Abfallwirtschaftszentrums Neustadt sei. Die Stadt Neustadt/Wstr. legte dagegen Widerspruch ein, über den bisher nicht entschieden wurde.
Am 11. Juli 2019 und 18. Juli 2019 untersagte der Antragsgegner der Stadt Neustadt/Wstr. mit für sofort vollziehbar erklärten Bescheiden die Behandlung von Abfällen mittels der Bauschuttaufbereitungsanlage sowie die Annahme und Zwischenlagerung von Abfällen, die für die Aufbereitung durch die Bauschuttrecyclinganlage zugelassen sind.
Die Stadt Neustadt/Wstr. legte keine Rechtsbehelfe gegen die beiden Verfügungen des Antragsgegners ein. Jedoch erhob die Antragstellerin dagegen Widerspruch und suchte zusätzlich um gerichtlichen vorläufigen Rechtsschutz mit der Begründung nach, sie sei befugt, sich gegen die beiden Anordnungen rechtlich zur Wehr zu setzen, das sie zwar nicht Betreiberin der Bauschuttaufbereitungsanlage und der dazu gehörenden Anlagenteile, aber Betriebsführerin der in ihrem Eigentum stehenden Anlagen sowie der dazu von ihr gepachteten Grundstücke sei. Die streitigen Anordnungen führten zu einer tatsächlichen Beeinträchtigung ihrer Rechte.
Die 5. Kammer des Gerichts hat die beiden Eilanträge der Antragstellerin mit folgender Begründung abgelehnt:
Das jeweilige vorläufige Rechtsschutzgesuch sei unzulässig, da die Antragstellerin nicht antragsbefugt sei.
Die immissionsschutzrechtlichen Anordnungen vom 11. Juli 2019 und 18. Juli 2019 seien allein an die Beigeladene als Anlagenbetreiberin, nicht aber an die Antragstellerin gerichtet. Voraussetzung für das Bestehen einer Antragsbefugnis eines Nichtadressaten wie der Antragstellerin sei, dass das Begehren auf Normen gestützt werden könne, die auch den Nichtadressaten als Dritten schützten. Dies sei hier nicht gegeben. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergebe sich auch nicht aus den Auswirkungen, die die streitigen Anordnungen auf das Pachtverhältnis zwischen ihr und der Stadt Neustadt/Wstr. unzweifelhaft habe. Denn die Anordnungen vom 11. Juli 2019 und 18. Juli 2019 wirkten nicht unmittelbar auf die bestehenden privatrechtlichen Beziehungen zwischen der Stadt Neustadt/Wstr. und der Antragstellerin ein. Es komme daher vorliegend nicht auf die von den Beteiligten aufgeworfene Frage an, ob das Pachtverhältnis wirksam gekündigt worden sei.
Die Antragstellerin sei durch die Verneinung ihrer Antragsbefugnis nicht rechtsschutzlos gestellt. Darüber, ob der geschlossene Pachtvertrag wirksam von der Stadt Neustadt/Wstr. gekündigt worden sei, werde demnächst das zuständige Landgericht Frankenthal entscheiden. Das sich aus dem Pachtrecht ergebende Vollstreckungshindernis könne öffentlich-rechtlich gegebenenfalls nur durch eine gegen die Antragstellerin gerichtete Ordnungsverfügung ausgeräumt werden. Erst durch eine dieser gegen die Antragstellerin selbst gerichteten Maßnahmen wäre diese unmittelbar betroffen und möglicherweise in ihren Rechten verletzt.
Gegen die Beschlüsse ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.