Ludwigshafen – Auf dem Festival des Deutschen Films in Ludwigshafen auf der Parkinsel sind die sog. „Filmgespräche“ sehr beliebt. Es gibt dafür ein eigenes, großes Zelt mit Bestuhlung und Mikrofontechnik. Dorthin kommen Regisseure, Schauspieler und Produzenten – wenn sie anwesend sind, was oft der Fall ist – live und in echt und sind für die Festivalbesucher in Fleisch und Blut greifbar.
Zunächst stellt ein Moderator die Teilnehmer vor, dann plaudert er locker über ein leichtes Einstiegsthema. Danach folgen die Fragen aus dem Publikum. Nach jahrelangen Besuch dieser Filmgespräch haben sich drei Grundtypen des Filmgesprächsbesuchers herauskristallisiert. Das sind sie:
1. Der Sensible
Der Sensible ist meist Lehrer, der kurz vor der Pensionierung steht oder sich schon in derselben befindet. Er saugt den Film quasi in sich auf und ist mitunter damit überfordert, was er aber nicht unbedingt als Nachteil empfindet. Das treibt ihn ins Filmgespräch, wo er oft nach dem pädagogischen Wert, der moralischen Botschaft des Films fragt. Im Hinterkopf geistert die Frage, in welchen schulpädagogischen Kontext er seinen jugendlichen Schülern diesem Film zeigen könnte, dass sie zu besseren Menschen werden. Aber die Kunst ist frei und viele Filmschaffende, die ihren Werke in Ludwigshafen zeigen, nehmen sich heraus, keine moralische Botschaft liefern zu wollen. Das sieht der Sensible schließlich ein, ein kleiner Rest Enttäuschung bleibt jedoch oft beim ihm zurück.
Fazit: Ein langjähriger und sehr treuer Festival- und Filmgesprächs-Besucher, kurioserweise fast immer männlich.
2. Die Begeisterte
Die Begeisterte ist natürlich ein gern gesehener Gast bei den Filmgesprächen. Ihre Frage ist keine Frage, sondern ein Lob mit einem Art Alibi-Abschluss: Wie haben Sie es geschafft, so einen tollen Film zu machen? Die Begeisterte steht oft mit beiden Beinen im Leben und hat Vergleichbares wie im gezeigten Film selbst erlebt. Man möchte der Begeisterten oft zustimmen, aber so ein Filmgespräch ist ja eigentlich kein Forum für Lobhudelei, sondern eine ziemlich exklusive Möglichkeit, etwas über den Hintergrund des Films zu erfahren.
Fazit: Sehr oft Frauen, warum auch immer.
3. Der Film-Nichtversteher / die Film-Nichtversteherin
Immer wieder offenbart sich in den Fragen mancher Teilnehmer aus dem Publikum die Erkenntnis, dass die Fragenden nicht bis zu dem Punkt vorgestoßen sind, der das Zentrum der Geschichte des Films darstellt. Sie haben nicht erkannt, um was es im zur Debatte stehenden Werk geht, sondern hängen ihre Fragen meist an einem Detail auf, das nur nebensächlich ist. Das ist menschlich verständlich, da diese Nebensachen oft einen wunden Punkt im Leben des Fragenden berührt haben. Die Filme in Ludwigshafen sind nun mal oft starke Filme mit spannenden menschlichen Konflikten und hervorragend authentischen Details. Es ist für die Regisseure, Schauspieler usw. auf dem Podium dann eine große Herausforderung, sich aus diesen Fragen heraus zu lavieren und zu einem halbwegs befriedigenden Abschluss zu kommen. Es gibt dabei zwei Möglichkeiten für die Antwortgeber: Einfach ein genanntes Stichwort aufgreifen und dazu was zum Film erzählen, die Frage an sich ignorieren. Oder Nachhaken, was allerdings immer nur zu mehr Verstrickung in die kuriose Filmverständniswelt des Fragenden führt und den Freiraum für mögliche Antworten erheblich verkleinert. In beiden Fällen reden Fragesteller und Antwortgeber herrlich aneinander vorbei. Es ist ein Genuss.
Fazit: Kommt nicht oft vor, ist aber immer sehr unterhaltsam für den Rest des Publikums, das amüsiert mit dem Podium mitleidet.