Mainz – Der Bundesrat hat die Grundsteuer-Reform abgesegnet. Damit steht es allen Ländern frei, die Öffnungsklausel zu nutzen und sich gegen das bürokratische Scholz-Modell zu entscheiden. Der Steuerzahlerbund empfiehlt der Ampel-Regierung dringlichst, sich für das einfache Flächenmodell zu entscheiden. Denkbar wäre auch die Vertagung der Modell-Entscheidung auf die Zeit nach der Landtagswahl 2021.
„Es hat lange gedauert und die Grundsteuer-Reform stand wiederholt vor dem Scheitern. Doch mit der Zustimmung des Bundesrates ist es nun endlich geschafft“, so Rainer Brüderle, Präsident des BdSt Rheinland-Pfalz. „Mit der Öffnungsklausel können die Länder in eigener Entscheidung vom wertabhängigen Scholz-Modell abweichen. In verschiedenen Bundesländern wird darüber diskutiert – und zwar aus guten Gründen.“
„Die Umsetzung des Scholz-Modells ist aufgrund der komplexen Berechnung sehr aufwändig und bürokratisch. Für die erstmalige Hauptfeststellung müssen in Rheinland-Pfalz rund 2,4 Millionen Einheiten neu veranlagt werden. Dafür sollen bis 2024 Gesamtkosten von fast 30 Millionen Euro anfallen“, erklärt Brüderle. „Die Umstellungskosten zulasten der Steuerzahler könnten erheblich gesenkt werden, wenn Rheinland-Pfalz das einfache Flächenmodell verwenden würde. Dann würden nur vorliegende physikalische Größen wie die Grundstücksfläche und Wohnfläche benötigt werden. Zudem wären wiederkehrende Hauptfeststellungen unnötig.“
Besonders kritisch sieht der Steuerzahlerbund beim Scholz-Modell die Mechanik automatischer Steuererhöhungen. „Über steigende Bodenwerte und Mieten steigt letztlich die Bemessungsgrundlage und somit die Steuerbelastung beim Scholz-Modell. Dazu muss eine Kommune nicht einmal den Hebesatz erhöhen“, kritisiert der BdSt-Präsident. „Heimliche Steuererhöhungen gibt es beim einfachen Flächenmodell dagegen nicht. Will die Kommune mehr Geld, dann muss sie offen und ehrlich eine politische Diskussion über den Hebesatz führen. So gehört sich das auch in einer Demokratie.“
Dass das wertbasierte Scholz-Modell mehr soziale Gerechtigkeit bietet, hält der BdSt Rheinland-Pfalz für unsinnig. „Das Wohnen bezahlbar zu halten, ist bereits ohne Grundsteuer-Reform schwierig genug – gerade wegen staatlicher Steuern und Abgaben. Zwangsläufig werden bei einem wertbasierten Modell speziell Immobilien in Innenstadtlagen erheblich teurer. Wer also bei der Gentrifizierung der Innenstädte mithelfen möchte, für den dürfte das Scholz-Modell die erste Wahl sein. Auch Familien mit Kindern werden wegen des höheren Platzbedarfs überproportional belastet“, mahnt Brüderle. „Selbst der beliebte Vergleich zwischen der Villa und dem gleich großem Wohnhaus hinkt. Denn wie hoch die Belastung am Ende ausschaut, entscheiden die Kommunen über den Hebesatz. Wenn etwa die Villa in Ingelheim und das Wohnhaus in Berlin oder Frankfurt steht, dann könnte die Villa sogar günstiger belastet werden. Große Hebesatz-Unterschiede zwischen den Kommunen hebeln das Gerechtigkeits-Ideal des Scholz-Modells aus. Was dagegen bleibt, ist der bürokratische Mehraufwand.“
Der Steuerzahlerbund weist darauf hin, dass der Ampel-Koalitionsvertrag in Rheinland-Pfalz keine Festlegung zugunsten eines bestimmten Grundsteuer-Modells vorsieht. Stattdessen ist nur festgelegt, dass eine Reform das Aufkommen sichern, verfassungsfest, bürokratisch handhabbar sein und keine wesentliche Mehrbelastung des Einzelnen darstellen soll. „Es darf guten Gewissens bezweifelt werden, dass das Scholz-Modell den Mindestanforderungen des Koalitionsvertrages gerecht wird. Wäre es anders, würde es keine Öffnungsklausel geben. Insofern stellt sich prinzipiell die Frage, ob die Modell-Entscheidung nicht besser auf die Zeit nach der Landtagswahl 2021 vertagt werden sollte. Wenn nun auf Druck der SPD mit der Umstellung auf das Scholz-Modell begonnen wird, aber eine neue politische Mehrheit nach 2021 das Flächenmodell will, so ist ein guter Teil der Umstellungskosten für die Katz“, warnt Brüderle.