Speyer – Die Vorhalle des Speyerer Domes ist nach rund einem Jahr vollständig restauriert – und ab dem 1. Mai 2020 auch wieder für Besucher zugänglich. Die Öffnung erfolgt im Zusammenhang mit den generellen Lockerungen im öffentlichen Leben und der Wiederzulassung von öffentlichen Gottesdienstfeiern durch die Rheinland-Pfälzische Landesregierung. Am 3. Mai ist im Dom der erste öffentliche Gottesdienst geplant. Weiterhin gelten im Dom und der Vorhalle die Sicherheits- und Hygieneregeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie.
Wie vorgesehen konnte die Restaurierung der Vorhalle des Speyerer Doms bereits am 31. März 2020 erfolgreich abgeschlossen werden. Was nicht vorgesehen war, waren die Umstände, unter denen dieses große Restaurierungsprojekt zu Ende gebracht wurde. Die Corona-Krise hat zwar die Restaurierungsarbeiten in ihrem Fortgang nicht behindert, hat aber das öffentliche Leben und damit auch den Besucherverkehr am Dom stark eingeschränkt. Daher war dieser Bereich nicht, wie zunächst geplant, am 1. April wieder für die Öffentlichkeit geöffnet worden. Und auch die feierliche Einweihung mit dem Speyerer Bischof und den Förderern dieser Maßnahme muss ersatzlos entfallen.
Die Gesamtkosten in Höhe von 891.000 Euro wurden aus Mitteln des Denkmalschutz Sonderprogramms VII der Bundesregierung, der Förderung durch das Land Rheinland-Pfalz und aus Haushaltsmitteln des Domkapitels bestritten. Land und Bund steuerten jeweils je 356.000 Euro bei. Letztere wurden durch Fördermittel von der Europäischen Stiftung Kaiserdom ergänzt, welche zu diesem Zweck Projektmittel von der Edith-Haberland-Wagner Stiftung zur Verfügung gestellt bekam. Einen weiteren Beitrag leistete der Dombauverein Speyer, der die Instandsetzung mit jährlichen Zuwendungen fördert.
Das nun in seiner Gesamtheit wahrnehmbare Restaurierungsergebnis war alle Mühen wert, sagt Domdekan und Domkustos Dr. Christoph Kohl: „Endlich wird sichtbar, welch ein Kleinod die Vorhalle ist und dass der Raum als historistisches Gesamtkunstwerk vom Architekten durchkomponiert wurde.“ Auch Dombaumeisterin Hedwig Drabik freut sich über den gelungenen Abschluss der Arbeiten. „Die Vorhalle stellt sich dank der Restaurierung als ganz neuer Raum dar. Wir sind sehr glücklich mit dem Ergebnis und haben von unserem Wissenschaftlichen Beirat dafür bereits hohes Lob erhalten“, so Drabik. „Zuletzt haben wir noch die Bodenplatten überarbeitet, die Beleuchtung fertig gestellt und die Taubenabwehr installiert. Glücklicherweise konnten die Fachbetriebe diese Arbeiten auch während der Corona-Krise fristgerecht fertig stellen“, sagt die Dombaumeisterin.
Der neoromanische Westbau, der 1858 durch Heinrich Hübsch fertiggestellt wurde, gehörte vormals zu den eher „ungeliebten“ Teilen des Doms, da er im Verhältnis zum romanischen Baukörper viel jüngeren Datums und neueren Stils ist. Dabei wurde lange übersehen, dass es sich um ein historistisches Gesamtkunstwerk handelt, das jetzt erst vollends zu Geltung kommt. Verschmutzungen hatten vor allem den Skulpturen und den Vergoldungen stark zugesetzt so dass sich die Eingangshalle des Doms zuletzt in keinem sehr einladenden Zustand präsentierte.
Da die Vorhalle seit der Fertigstellung 1858 nicht umfassend gereinigt worden ist, bestand der erste Schritt der Sanierungsmaßnahme in der Ausführung einer Heißdampfreinigung, die oberflächlichen Schmutz und Staub entfernte. Die Nischenfiguren in der Vorhalle, welche die im Dom beigesetzten Kaiser und Könige in acht Wandnischen zeigen, wurden berührungsfrei durch ein Laserverfahren gereinigt. Das Wirkprinzip besteht aus der Absorption und Reflektion. Die Energie des Laserstrahls wird durch die dunkle Verschmutzungskruste absorbiert und schlagartig in Wärme umgewandelt. Durch den thermischen Prozess verdampft die absorbierende Schicht in einer Plasmawolke. Helle Flächen reflektieren den Laserstrahl, so dass nur die tatsächlichen Verschmutzungen abgetragen werden. Man entschied sich für dieses Verfahren, da es die bestmöglichen Ergebnisse erzielte, schadensfrei funktioniert und im Gegensatz zu anderen Reinigungsverfahren, wie etwa die Reinigung durch Sandstrahlen, keinen Substanzverlust zur Folge hat. Die Reinigung einer Nischenfigur umfasste je nach Detailheitsgrad eine Arbeitszeit von ca. 1 bis 1,5 Wochen. Neben den Nischenfiguren wurden sowohl die Lünettenreliefs an der südlichen und der nördlichen Wandfläche sowie der Kenotaph Rudolf v. Habsburg mit dem Laser gereinigt. Sämtliche ehemals vergoldeten Rücklagen der Lünettenreliefs und Nischenfiguren wurden mit neuem Blattgold versehen.
Auch das imposante dreijochige Backsteingewölbe der Vorhalle wurde mittels Dampfstrahlung gereinigt. Die rote Bemalung der Randbereiche neben den Gewölberippen wurde mit einer dampfdiffusionsoffenen Silikatfarbe ergänzt. An den Wänden wurden Ausbruchstellen im Sandstein geschlossen, schadhafte Fugen entfernt und offene Fugen geschlossen. Neben einer Taubenabwehr aus optischen Barrieren, Schalldruckgeräten und einer elektrischen Abwehr wurde auf den Gesimsen eine Beleuchtung aufgebracht, die die neu vergoldeten Bereiche deutlich zeigt und die Gewölbe ins rechte Licht rückt. Nach der Reinigung der beiden Kenotaphe Rudolf von Habsburg und Adolf von Nassau mit dem Heißdampfgerät wurden Ausbruchstellen oder Fehlteile durch Neuteile in Vierungstechnik und im selben Material ergänzt. Kleinere Ausbruchstellen wurden mit einer Steinergänzungsmasse ausgeführt.
Mit Abbau des Gerüstes Ende des Jahres 2019 erfolgte eine In-Augenscheinnahme des Bodenbelages und Planung zum sinnvollen Austausch. Glücklicherweise konnten die aus der Sanierung des Kaisersaals stammenden Bodenplatten für die Vorhalle wiederverwendet werden. Diese lagerten in Speyer, wurden überarbeitet und fügen sich nun harmonisch in das Gesamtbild ein.
Zwei „Baustellen“ bleiben in der Vorhalle noch erhalten: Für das große Fresko über dem Hauptportal wird derzeit ein Restaurierungskonzept erstellt. Hier hatten sich bei näherem Hinsehen größere Schäden gezeigt als zunächst vermutet. Die Kosten für diese Maßnahme werden derzeit auf 190.000 Euro geschätzt. Darüber hinaus bietet eine Projektförderung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz die Möglichkeit, nachträglich auch die Gitter zu überarbeiten, welche die Vorhalle zur Stadtseite hin begrenzen.