Speyer – Der "Tag der jungen Familie" des Dombauvereins wird immer beliebter. Bei seiner vierten Auflage am gestrigen Sonntag zog er rund 500 Besucher in die Kathedrale. Kleine und Große lernten Interessantes über die Kathedrale, über den wertvollen Codex Aureus und die Chororgel. Auch die Sakristei stand Neugierigen offen. Zu jeder vollen Stunde begannen die Erklärungen und Führungen an vier Stationen. In der Vorhalle empfingen Mitglieder des Dombauvereins Kinder und ihre Familien, wiesen den Weg zu den Angeboten und standen für Fragen bereit.
Wer sich dem Dom näherte, hörte es schon laut klopfen. Hier war Arndt Trautmann mit Meißel und Hammer am Werk und bearbeitete einen roten Sandstein. Wie in den vergangenen Jahren war der Steinmetz und Archäologe beim "Tag der jungen Familie" wieder in die Rolle des Dombaumeisters geschlüpft. In mittelalterlichem Gewand zeigte er vor dem Hauptportal Mädchen und Jungen das Steinmetzhandwerk und ließ sie auch selbst die Werkzeuge in die Hand nehmen. Pflicht war eine Schutzbrille, damit die Kinder beim Meißeln weder Staub noch kleine Splitter in die Augen bekamen.
Domführerinnen machten ihre Gefolgschaften kindgerecht auf viele Besonderheiten des Doms aufmerksam. Sie lenkten die Blicke zum Beispiel nach oben zum Glockenloch. Die Führerinnen erklärten, warum der Dom nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet ist und machten seine Dimensionen deutlich. Sie leiteten die Besucher in die Doppelkappelle und in die Apsis.
Domorganist Christoph Keggenhoff hatte schnell Fans gefunden. An der Chororgel, der "kleinen Schwester" der Hauptorgel, zeigte er, wie solch ein Instrument funktioniert.
"Ihr müsst euch vorstellen, eine Orgel ist ein Haus mit verschiedenen Wohnungen",
veranschaulichte der Organist.
"Die verschiedenen Wohnungen erreiche ich mit den verschiedenen Klaviaturen."
Er öffnete auch die Tür zu diesem Haus, so dass die Kinder die vielen Pfeifen im Inneren des Kastens sehen konnten. Mehr noch: Keggenhoff zeigte einzelne Pfeifen, sagte, warum sie unterschiedlich gebaut sind und wie der Klang geformt wird. Er bewies, dass die Orgel wie ein Streichinstrument klingen kann, wie eine Trompete oder eine Flöte. Natürlich spielte er auch.
Dicht umringt war auch Domkapitular Josef Szuba. In der Sakristei, wo Weihrauch die Luft erfüllte, hatte er die wichtigsten liturgischen Gegenstände aufgereiht. Er stellte das Evangelien- und das Messbuch vor, Hostienschale, Kelch und Monstranz. Mit einem prächtigen Bischofsstab in der Hand erklärte Szuba, warum dieser einem Hirtenstab nachempfunden ist. Mit einem Augenzwinkern erklärte er, wie man mit einem Hirtenstab Schafe sanft zur Herde zurückschubsen kann. Am besten kam bei den Kindern aber das Weihrauchfass an.
"Das war besonders attraktiv",
gestand der Domkapitular.
Nicht nur anschauen, sondern auch anfassen war das Motto in der Afra-Kapelle. Zum ersten Mal beim "Tag der jungen Familie" wurde der "Codex Aureus" vorgestellt. Domkapitular Karl-Ludwig Hundemer erklärte, warum dieses reich verzierte Buch so wertvoll ist: "Es ist bis heute das größte, mit bunten Bildern und ganz in Goldtinte geschriebene Evangeliar." Das Original liege freilich im Escorial in Spanien, räumte Hundemer ein. Aber die Speyerer Abschrift, das so genannte Faksimile, sei eine täuschend echte Originalkopie. Und sie ist schwer: 16 Kilogramm. Zum Beweis reichte er den "Codex Aureus" den Kindern. Hundemer erläuterte, wie das Buch entstand, die prächtigen Bilder und den Inhalt des Evangeliars.
Wolfgang Hissnauer, Vorsitzender des Dombauvereins, war sehr zufrieden mit dem Tag. Beim vierten Mal merke man, dass das Angebot den Familien zum Begriff wird.
"Wir wollen, dass Kinder und Eltern dem Dom begegnen und etwas über ihn erfahren",
beschrieb er das Ziel der Aktion. Die Familien wüssten das Angebot zu schätzen, beobachtete Hissnauer.