Karlsruhe – Das ZKM präsentiert ab 26. September 2020 umfangreiche und vielgestaltige Werke dreier KünstlerInnen, die nicht weniger vollbrachten, als mit ihren interaktiven Medieninstallationen Pionierarbeit zu leisten und die europäische Kunst-Avantgarde der 1960er-Jahre damit in besonderer Weise mitzugestalten: Ed und Urs Kiënder. Rollobjekte. Vom Rollbild zum Rollraum und Stephan von Huene. What’s wrong with Art?.
Das ZKM präsentiert mit rund 80 Arbeiten aus allen Schaffensperioden die von Frederik Schikowski kuratierte Ausstellung Ed und Urs Kiënder. Rollobjekte. Vom Raumbild zum Rollraum. Es ist die erste Einzelausstellung Ed Kiënders seit 1968, die auch
Ursula bzw. Urs Kiënders Einfluss berücksichtigt. Ed (1925–1996) und Urs Kiënder (*1936) schufen ein außerordentlich vielfältiges Gesamtwerk, das von informellen und monochromen Gemälden, über Op- und Pop-Art bis zur Medien- und Prozesskunst reicht. Gemeinsam ist diesen Arbeiten der für die 1960er-Jahre signifikante »Ausstieg aus dem Bild« (Laszlo Glozer), das heißt, die Expansion in den Raum, die Bewegung und die Beteiligung des Publikums. Ihr dreidimensionales »Raumbild« (1961) ist eines der ersten deutschen begehbaren Environments. Die Rolle und Rollobjekte unterschiedlichster Machart, beispielsweise gefertigt aus eingeschnittenen und gerollten Leinwänden, gelten als Markenzeichen des Künstlerpaares.
Ab Ende der 1960-er Jahre schufen sie vom Publikum körperlich nutzbare Aktionsgeräte wie z.B. den Rollraum »Laufrolle«. Die letzte Werkgruppe der Kiënders behandelt auf seriellen Fototafeln gesellschaftliche Rollen- und Verhaltensmuster, deren thematische Stoßrichtung – wie die Stellung der Frau oder soziale Anpassung – an Aktualität auch heute nichts eingebüßt hat.
Zur Ausstellung:
zkm.de/ed-und-urs-kiender
Stephan von Huene (1932–2000) gehört zu den Begründern der Klang- und Medienkunst im 20. Jahrhundert. Seit Ende der 1960er-Jahre schuf der Künstler komplexe audio-kinetische Installationen, in denen er sich mit Klang und Sprache auseinandersetzte. In seinen mechanischen und technologischen Skulpturen, die immer mehr zu interaktiven Klanginstallationen erweitert wurden, erforschte er auf der Grundlage seiner Kenntnisse der Sprachwissenschaft und der Verhaltensforschung akustische Phänomene und die Funktionsweisen der Wahrnehmung. In den aus den späten 1990er-Jahren stammenden Werken »What’s wrong with Art?«, »Blaue Bücher« und »Eingangsfragen – Ausgangsfragen«, die in der Ausstellung am ZKM gezeigt werden, befasst sich Stephan von Huene mit unterschiedlichen Modi des Sprechens über Kunst. Die Arbeiten stellen die Missverständnisse des Publikums dar und kontrastieren dessen Sprachlosigkeit mit den intellektuellen Sprechblasen und dem aufgeblasenen Sprachstil der Kunstkritik, der Kunstvermittlung und -geschichte. Mit seiner Sprachkritik plädiert Stephan von Huene für einen sprachlich angemessenen und unvoreingenommenen Umgang mit der Kunst.
Die Klanginstallation »Blaue Bücher« wurde vom ZKM im Jahr 2015 mit der finanzieller Unterstützung der Kulturstiftung der Länder für seine Sammlung erworben. Weitere zentrale Arbeiten sowie große Teile seines Nachlasses und seine Bibliothek erhielt das ZKM als Schenkung. Damit ist das ZKM heute der wichtigste Ort für die Bewahrung und Erforschung des Werks dieses »Künstlers mit Pioniergeist« (György Ligeti).
Ab Samstag, 26. September 2020,
ZKM Lichthof 1+2, 2. OG