Mainz – Die Landesregierung hat sich in den zurückliegenden Wochen intensiv darauf vorbereitet, wie die Corona-Maßnahmen im Herbst angepasst werden können. Maßgabe dabei war, Sicherheit zu gewährleisten und Einschränkungen, wo möglich, zurückzunehmen.
Die Landesregierung hat dabei eng mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammengearbeitet, sich intensiv mit dem Corona-Expertenteam aus Medizinern, Virologen und weiteren Wissenschaftlern beraten und zahlreiche Gespräche mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gruppen geführt. Heute hat der Ministerrat die 11. Corona-Bekämpfungsverordnung beschlossen.
Schule und Kita nicht gefährden
„Einige Wochen nach Schulbeginn stabilisiert sich das Infektionsgeschehen. Das war für mich die Voraussetzung, um unsere Corona-Bekämpfungsverordnung anzupassen. Denn der Schul- und Kitabetrieb darf nicht gefährdet werden“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Man könne jetzt beruhigt feststellen, dass in Schule und Kita die Lage bislang stabil sei. Von gut 2600 Kitas im Land sind aktuell nur drei geschlossen. Bei den gut 1600 rheinland-pfälzischen Schulen gibt es derzeit nur eine temporäre Komplettschließung. Die Infektionsentwicklung in Schulen und Kitas bewertete das Corona-Expertenteam der Ministerpräsidentin, das gestern das Kabinett beraten hat, als positiv. Die Infektionen seien bislang von außen in die Schulen und Kitas getragen worden. Es gebe bislang keine Hinweise auf Übertragungen unter den Schülern, Kindern oder den Lehrkräften. Das zeige, dass die Hygienekonzepte wirksam seien. Die Landesregierung hat den Schulen nach den Sommerferien nochmals eine halbe Million Mund-Nasenschutz-Masken gestellt und 100.000 Liter Desinfektionsmittel. Auch für die Schülerbeförderung stellte das Land weitere 150.000 Mund-Nasenschutz-Masken.
Zudem habe die konsequente Testung der Reiserückkehrer am Ferienende geholfen, Infektionen frühzeitig zu erkennen, nachzuverfolgen und einzudämmen. „Deswegen haben wir gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden und dem Rat unserer Experten jetzt beschlossen, Schutzmaßnahmen mit der 11. Corona-Bekämpfungsverordnung teilweise zurückzunehmen. Wir bleiben wachsam.“ Das hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer im Anschluss an die Sitzung des Ministerrates zur Corona-Pandemie erklärt.
Erleichterungen für Kultur, Kirchen, Kinos, Sport und Einzelhandel
Vor diesem Hintergrund habe der Ministerrat in enger Abstimmung mit der kommunalen Familie neue Regeln für Veranstaltungen verabschiedet. In geschlossenen Räumen dürfen künftig Veranstaltungen bis zu 250 Menschen stattfinden, im Freien mit bis zu 500 Menschen. Dabei gelten weiterhin die Hygiene- und Abstandsregeln. Findet eine Veranstaltung mit einer festen Bestuhlung oder einem festen Sitzplan statt, reicht es für den Abstand, wenn jeweils ein Platz frei bleibt. Dies sei eine Erleichterung für Kultur, Kirchen und Kinos. Bei größeren Veranstaltungen mit festen Platz-, Tribünen- oder Saalkapazitäten können bei Vorlage eines gesonderten Hygienekonzepts Ausnahmen bis zu einer Regelgrenze von 10 Prozent der Platzkapazitäten gemacht werden.
Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich sind, bleiben bis Ende des Jahres verboten. Dies bedeute aber nicht das Aus für den Auftakt der 5. Jahreszeit am 11.11. Dieser kann unter Einhaltung der bestehenden Corona-Regeln für Veranstaltungen durchgeführt werden.
Erleichterungen gibt es für den Einzelhandel. Künftig darf eine Person pro 5m² Verkaufsfläche zugelassen werden, bisher galt hier eine Fläche von 10m² pro Person.
AHA Regeln bleiben wichtig
„Solange es noch keinen Impfstoff oder eine wirksame Therapie gibt, gilt weiter, dass wir in enger Abstimmung mit allen Beteiligten das aktuelle Infektionsgeschehen wachsam beobachten. Wir haben alle in der aktuellen Corona-Bekämpfungsverordnung getroffenen Regelungen sorgsam abgewogen und in Abstimmung mit vielen Akteuren getroffen. Unabhängig von diesen Regelungen kommt es im Alltag weiterhin darauf an, dass die Menschen sich an die Schutzmaßnahmen halten. Denn wo einer nachlässig ist, gefährdet er viele. Daher stehen Eigenverantwortung und umsichtiges Handeln der Bürgerinnen und Bürger als Strategie gegen das Coronavirus ganz weit oben. Das Tragen von Masken und das Beachten von Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen bleiben die allerwichtigsten Maßnahmen, um Ansteckungen zu verhindern“, betonte Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler.
Mit Blick auf die gesundheitliche Versorgung der Menschen sagte die Gesundheitsministerin: „Unser Gesundheitssystem ist gut aufgestellt und darauf vorbereitet, Patientinnen und Patienten, die an COVID-19 erkrankt sind, zu behandeln. Das gilt sowohl für die Krankenhäuser im Land als auch für die niedergelassenen Ärzte. Es ist gelungen, die Zahl der Intensivbetten deutlich zu erhöhen, die Testkapazitäten auszubauen und wirkungsvolle Schutzkonzepte für die Personengruppen zu schaffen, die besonders gefährdet sind. Dass die Ausbreitung des Virus eingedämmt werden konnte, ist maßgeblich der Solidarität der Menschen zu verdanken, die sich an die AHA-Regeln halten. Einen großen Anteil hat auch die gute Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gesundheitsämtern bei der wichtigen Nachverfolgung von Kontaktpersonen. Mit unserer Teststrategie der anlassbezogenen Populationstestung gelingt es, Infektionsketten effektiv und frühzeitig zu unterbrechen. Gemeinsam mit allen Beteiligten auf den verschiedenen Ebenen müssen wir weiterhin die Warnsignale ernst nehmen, die uns daran erinnern, dass die Infektionszahlen auch sehr schnell wieder ansteigen könnten.“
Fastnacht geht nur anders
„Fastnacht ist genauso wie Ostern und Weihnachten fest im Jahreskalender verankert. Trotzdem ist klar, dass es die Fastnacht, so wie wir sie kennen, in der nächsten Kampagne nicht geben wird“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Sie selbst habe Gespräche mit Fastnachtsverbänden geführt und man sei sich in der Sache einig. Auch die zahlreichen Umfragen der vergangenen Tage hätten gezeigt, dass die ganz überwiegende Mehrheit der Fastnachter sich nicht vorstellen könne, Saal-Fastnacht oder närrische Großveranstaltungen zu besuchen. Mit Blick auf die Sitzungskampagne sei nicht vorstellbar, dass Menschen 4 bis 6 Stunden auf engstem Raum gemeinsam singen und schunkeln. „Die Fastnacht ist kreativ und wird neue Formate finden“, so die Ministerpräsidentin weiter. Es gebe inzwischen zahlreiche Online-Angebote, Live-Streams von Veranstaltungen mit reduzierten Teilnehmerzahlen, aber auch wunderbare kleine Formate, zum Beispiel einzelne Auftritte in oder vor sozialen Einrichtungen, in Kindertagesstätten etc.
„Immer noch bestimmt das Corona-Virus unseren Alltag. Aber es gibt auch gute Nachrichten: Die Zahl der Neuinfektionen konnte in den vergangenen Monaten auf ein niedriges Niveau gesenkt und damit konnten auch die teilweise massiven Einschränkungen der ersten Wochen Schritt für Schritt gelockert werden“, betonte der Vorsitzende des Städtetages Rheinland-Pfalz, der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling, für die Kommunalen Spitzenverbände. „Als Oberbürgermeister freue ich mich natürlich besonders, dass die 11. Corona-Bekämpfungsverordnung Möglichkeiten für Weihnachtsmärkte, Brauchtum und Sport eröffnet, denn die Sehnsucht der Bürgerinnen und Bürger nach Freude und Zerstreuung ist groß. Und dennoch: Wir müssen sehr wachsam bleiben. Weiterhin ist die Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln oberste Bürgerpflicht für uns alle! Denn nur so schützen wir uns selbst und unsere Familien sowie die Menschen, die aufgrund ihres Alters oder einer Vorerkrankung besonders gefährdet sind“, so Ebling.
Kontrolltag von Ordnungsamt und Polizei am 7. Oktober
Weil dem Mund-Nasenschutz in der Prävention eine so große Bedeutung zukommt, hat die Landesregierung das Bußgeld erhöht. Wer gegen die Maskenpflicht im öffentlichen Personen-Nahverkehr oder im Einzelhandel verstößt, muss 50 Euro Bußgeld zahlen. Um der Tragepflicht Nachdruck zu verleihen, werden am 7. Oktober Ordnungsämter und Polizei bei einem Kontrolltag die Einhaltung der Maskenpflicht im ganzen Land überwachen. Dabei soll es eine gesunde Mischung zwischen Sensibilisierung und Ahndung von Verstößen geben. Polizei und kommunale Vollzugsdienste werden gemeinsam vorgehen. Das Polizeipräsidium Rheinpfalz wird die landesweite Koordinierung des Kontrolltages übernehmen.
Weihnachtsstadt und -dorf statt Weihnachtsmarkt
Auch Weihnachtsmärkte werden nicht wie gewohnt stattfinden können, erläuterte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Hier seien jedoch zusammen mit den Kommunen neue Ideen entwickelt worden: Kleine „Weihnachtsdörfer“ mit Kontakterfassung und Personenbegrenzung. Eine weitere Möglichkeit seien Weihnachtmärkte, bei denen die Stände, Häuschen oder Karussells über ganze Innenstädte verteilt sind und so die ganze Stadt zur „Weihnachtsstadt“ machen. Es bleibe aber auch dann bei Abstand und Hygienevorgaben.