Trippstadt – Mindestens 17 selbstständige Luchse lebten im Winterhalbjahr 2019/20 im Pfälzerwald. Das erbrachte eine Zählung der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF), nachdem im Rahmen eines Wiederansiedlungsprojektes der Stiftung Umwelt und Natur in den letzten 4 Jahre 20 Tiere freigelassen wurden.
Im Rahmen eines Wiederansiedlungsprojektes wurden mit Unterstützung der EU im Pfälzerwald seit 2016 bis Frühjahr 2020 20 Luchse durch die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (SNU; www.luchs-rlp.de) frei gelassen. Alle umgesiedelten Tiere wurden mit einem Sendehalsband ausgestattet, derzeit besteht aufgrund der begrenzten Batteriekapazität noch zu 4 Tieren Funkkontakt. Wieviel Luchse sind also noch im Gebiet unterwegs, abgewandert oder gestorben? Wie viele Luchse wurde hier bereits geboren? Es war von Anfang an geplant, möglichst umfassend die tatsächliche Anzahl der Luchsindividuen in der Endphase des Projektes im Pfälzerwald zu bestimmen. Der erste Zensus wurde im letzten Winterhalbjahr in einem 1.000 km2 repräsentativem Teilgebiet des Pfälzerwaldes (das entspricht 56 % des Naturparks Pfälzerwald) durchgeführt und wird im folgenden Winter wiederholt. Die staatliche Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF) wurde mit dieser besonderen Aufgabe als landesweite Monitoringstelle für Großkarnivoren (Wolf und Luchs) betraut. Zusammen mit dem Göttinger Luchsexperten, Markus Port, liegt nun die Zwischenauswertung des ersten sogenannten „Systematischen Fotofallenmonitorings“ vor.
Wie ist die Vorgehensweise?
Im ersten Durchgang wurden zwischen Dezember 2019 und April 2020 im Pfälzerwald auf einer Fläche von 1.000 km2 67 Fotofallenstandorten mit je 2 gegenüberstehenden Fotofallen ausgewertet. Passierte ein Luchs die Fotofallen, wurde er mit etwas Glück von beiden Seiten fotografiert. Anhand des individuellen Fleckenmusters können die Tiere auseinandergehalten und damit letztlich gezählt werden.
Zu den Ergebnissen:
Im Referenzgebiet entstanden insgesamt 114 Aufnahmen von Luchsen, die sich auf 17 selbstständige Individuen verteilten (nicht mitgezählt jene Jungtiere, die noch mit der Mutter umherstreifen). Hinzu kommt eine unvermeidbare Dynamik bei den Tieren, die zu berücksichtigen ist. Der Luchskuder Juri ist z.B. während des Erfassungszeitraums gestorben. Oder der Fall der Luchsin Bell, die eigentlich seit Jahren im Donnersbergraum ohne Hinweise auf Nachwuchs unterwegs war, im Pfälzerwald aber just zur Fortpflanzungszeit (Ranzzeit) von den Kameras erwischt wurde. Ob mit Folgen wird sich noch zeigen. Weiterhin ist bekannt, dass von zwei Luchsen insbesondere aus den Nordvogesen GPS-Signale empfangen wurden und die deshalb nicht von den Kameras erfasst werden konnten. Nach Schätzung der Experten ist zudem innerhalb des Kameranetzes eine Übersehrate von 1 – 2 Luchsen nicht auszuschließen. Doch interessanterweise waren bis auf ein Jungtier alle erfassten Luchse bereits bekannt gewesen. Das deutet daraufhin, dass die meisten Geburten zuvor registriert wurden. Im zentralen und westlichen Pfälzerwald wurden mehr Luchsindividuen fotografiert, als im östlichen Pfälzerwald. Insbesondere im Südosten des Pfälzerwaldes waren bis dahin seltener Luchse nachgewiesen worden, auch werden der FAWF von dort kaum Luchsrisse oder Sichtungen gemeldet. 4 Jahre nach Freilassung der ersten Luchse ist also noch nicht der gesamte Pfälzerwald von den Pinselohren dauerhaft besiedelt. Weiterführende Informationen:
Interessierte Leser können weitere Details im Bericht zum „Systematischen Fotofallenmonitoring der Luchspopulation im Pfälzerwald (Phase I 2019/2020)“ nachlesen (www.fawf.wald-rlp.de). Der Ausgang des zweiten Durchgangs wird nun mit Spannung erwartet. Die Ergebnisse liegen im Sommer 2021 vor.