In den vergangenen Jahren ist der Markt für Online-Casinos und Sportwetten stark gewachsen. Allein im Jahr 2019 stiegen die Wetteinsätze in Deutschland im Vergleich zu 2018 um rund 21 Prozent auf 9,3 Milliarden Euro.
Online-Glücksspiel hat sich von einem Randthema zu einem Phänomen entwickelt, dass mittlerweile in allen Bevölkerungsschichten präsent ist. Gemäß dem aktuell gültigen Glücksspielstaatsvertrag, der in der aktuellen Fassung seit 15. Dezember 2011 angewendet wird, sind jedoch die meisten Online-Glücksspiele illegal. Hier bestehen erhebliche Diskrepanzen zu gültigem EU-Recht, das Glücksspiel erlaubt, sofern die dazu gehörige Lizenz in einem EU-Staat erworben wurde. Um der Entwicklung des Marktes in den letzten Jahren Rechnung zu tragen, soll daher ab dem 1. Juli 2021 ein neuer Glücksspielstaatsvertrag gelten, der auch mit dem gültigen EU-Recht konform ist.
Glücksspielangebot kaum noch überschaubar
Das Angebot von Glücksspielen im Internet ist in der jüngeren Vergangenheit wesentlich differenzierter geworden. Neben Klassikern wie Poker oder Roulette finden immer mehr Nutzer auch Gefallen an Spiele-Apps oder erfreuen sich an virtuellen Spielautomaten, wie man sie in einer Spielbank findet. Mittlerweile sind die Kunden auch nicht mehr darauf beschränkt, dass beispielsweise die slots deutsch sind. Auch viele internationale Anbieter offerieren mittlerweile ihre Angebote und Dienstleistungen für deutsche Kunden. Auf der anderen Seite gestaltet das den Markt auch unübersichtlicher hinsichtlich wichtiger Aspekte wie Jugendschutz, Suchtprävention und Rechtssicherheit. Daher werden in Deutschland die rechtlichen Rahmenbedingungen für Online-Glücksspiel in naher Zukunft an das aktuelle Zeitgeschehen angepasst, besonders hinsichtlich der Angleichung deutscher und europäischer Gesetzgebung für den Bereich Wetten und Glücksspiel. Um die in Deutschland gültige Verordnung wieder dem EU-Recht anzugleichen und den Markt besser regulieren zu können, soll nun am 1. Juli 2021 ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten.
Suchtprävention und Jugendschutz sollen gestärkt werden
Mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag will Deutschland die für dieses Segment überaus relevanten Themen Suchtprävention und Jugendschutz besser abdecken. So weißt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung darauf hin, dass Suchtprävention einen erheblichen Effekt auf die Bevölkerungsgesundheit hat. Die neue Regulierung sieht daher verstärkt Regelungen für Werbung und Marketing vor. Auch detaillierte Vorgaben hinsichtlich der Höhe der Spieleinsätze, der Spieldauer sowie verpflichtende Spielpausen sollen im neuen Glücksspielstaatsvertrag genauer geregelt werden, als das im zurzeit gültigen Abkommen der Fall ist. Außerdem sieht die neue Verordnung eine Aufsichts- und Regulierungsbehörde vor, bei der auch eine zentrale Sperrkartei hinterlegt ist, über die suchtgefährdete Spieler für das gesamte lizenzierte Glücksspiel kontrolliert werden sollen. Im Raum steht auch eine Einschränkung oder gar ein Verbot von Wett- und Glücksspielarten, die ein besonders hohes Suchtpotenzial besitzen.
Staatliche Mehreinnahmen sicherlich auch ein Grund für neues Gesetz
Neben den Themen Suchtprävention und Jugendschutz spielen potenzielle Mehreinnahmen für den Staat und die Bundesländer mit Sicherheit auch eine Rolle bei der Neuerung des aktuellen Glücksspielstaatsvertrages. Für den Spieler sind Glücksspiel-Gewinne in Deutschland in der Regel steuerfrei. Das gilt jedoch nicht für die Glücksspielanbieter, seit 2012 die sogenannte Wettsteuer eingeführt wurde. Demnach müssen Wett- und Glücksspielanbieter 5 Prozent auf in Deutschland erzielte Umsätze an den Fiskus abtreten. Im Jahr 2018 mussten Anbieter von Sportwetten daher 384 Millionen Euro an den deutschen Staat abtreten. Durch die stärkere Regulierung und die Auflösung der derzeitigen gesetzlichen Grauzone erhofft sich der Staat mit Sicherheit auch einen deutlichen Anstieg bei den Einnahmen durch die Wettsteuer. Und auch die Einnahmen durch Lizenzen dürften mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag steigen. Dieser erlaubt es nämlich den Anbietern wesentlich mehr als die bisherigen 20 Lizenzen zu erwerben.
Eine Gesetzesanpassung ist notwendig – an der Umsetzung hapert es jedoch
Prinzipiell kann eine Aktualisierung des gültigen Glücksspielstaatsvertrages als sinnvoll erachtet werden. Eine staatliche Regulierung würde den Glücksspielanbietern Planungssicherheit verschaffen und ihnen die Möglichkeit bieten, in Deutschland legal Glücksspiel anzubieten. Und auch für die Spielkunden brächte eine Lizensierung eine gewisse Sicherheit vor schwarzen Schafen. Allein bei der Umsetzung werden sich die 16 Bundesländer nur sehr schwer einig. Um der aktuellen Situation Rechnung zu tragen, soll bereits ab dem 15. Oktober eine Übergangsregelung in Kraft treten, bis dann am 1. Juli 2021 das neue Gesetz Gültigkeit erlangt. Doch wie genau die Übergangsregelung aussehen soll, darüber wurde noch keine Einigung erzielt. Unter anderem ist ein Stufenplan im Gespräch, der die Regeländerungen nach und nach abwickeln soll. Dies wäre auch hinsichtlich der regulatorischen und technischen Infrastruktur, die für die Neuordnung benötigt wird, vorteilhaft. Anfang Oktober sieht der aktuelle Stand der Dinge jedoch eine Regeländerung zum 15.Oktober 2020 ohne Vorlaufzeit vor.