Koblenz – Ein Schüler eines Gymnasiums in Kaiserslautern hat keinen Anspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht und Erteilung von Fernunterricht wegen der Corona-Pandemie. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Eilrechtsschutzverfahren und bestätigte damit die entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße.
Der Antragsteller, der ein Gymnasium in Kaiserslautern besucht, beantragte Mitte September 2020 die Befreiung vom Präsenzunterricht und die Erteilung von Fernunterricht mit der Begründung, er leide an Asthma bronchiale und gehöre daher zu einer Risikogruppe für die Erkrankung Covid-19. Außerdem sei sein 73-jähriger Vater ebenfalls erhöht gefährdet. Nach Ablehnung seines Antrags durch das Land Rheinland-Pfalz suchte der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße nach. Das Verwaltungsgericht lehnte seinen Eilantrag ab (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße Nr. 22/2020). Seine hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht zurück.
Dem Antragsteller stehe kein Anspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht und Erteilung von Fernunterricht zu. An dem im Schulgesetz verankerten Grundsatz des Präsenzunterrichts habe das Land Rheinland-Pfalz bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie auch nach der aktuellen Zwölften Corona-Bekämpfungsverordnung vom 30. Oktober 2020 festgehalten. Diese Grundentscheidung stehe zumindest derzeit mit der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit in Einklang. Die Verfassung gebiete keinen vollkommenen Schutz vor jeglichen Gesundheitsgefahren, zumal im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie ein gewisses Infektionsrisiko mit dem Corona-Virus derzeit für die Gesamtbevölkerung zum allgemeinen Lebensrisiko gehöre. Eine Befreiung vom Präsenzunterricht komme nach dem Schulgesetz nur im Einzelfall für Schüler in Betracht, die aus gesundheitlichen Gründen nicht schulbesuchsfähig seien. Ein Recht auf Befreiung bestehe danach grundsätzlich nur dann, wenn die Teilnahme am Präsenzunterricht trotz der getroffenen Hygienemaßnahmen unzumutbar sei, wenn also die getroffenen Hygienemaßnahmen nicht (mehr) geeignet sein sollten, die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung bzw. eines schweren Krankheitsverlaufs im Einzelfall auf ein zumutbares Maß zu reduzieren. Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt habe, seien die vom Antragsteller vorgelegten Atteste ungeeignet, diese Voraussetzungen für eine Befreiung glaubhaft zu machen. Die ärztliche Diagnose „Asthma bronchiale“ und die Angabe im Attest, zu einer Risikogruppe zu gehören, reichten hierfür nicht aus. Nicht jede Zugehörigkeit zu einer nicht näher spezifizierten sogenannten Risikogruppe ziehe automatisch – unabhängig von der Anwendung des „Hygieneplans-Corona für die Schulen in Rheinland-Pfalz“ in der Praxis – einen Anspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht nach sich. Außerdem gehe der Antragsteller nicht auf die vom Land vorgelegte Stellungnahme der Landesärztekammer vom 21. September 2020 ein, wonach es aus ärztlicher Sicht nur sehr wenige Diagnosen gebe, die die Befreiung vom Präsenzunterricht in der Schule rechtfertigten, was explizit auch für die Diagnose „Asthma“ gelte. Bezüglich der vom Antragsteller geltend gemachten erhöhten Vulnerabilität seines 73-jährigen Vaters sei ergänzend darauf hinzuweisen, dass es nicht im Verantwortungsbereich des Antragsgegners liege, dem Antragsteller und seinem Vater ein absolut risikofreies Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt zu ermöglichen. Es sei den einzelnen Familienmitgliedern zumutbar, selbst verstärkte Hygienemaßnahmen zu ergreifen, wenn sie dies für notwendig erachteten. Einen Anspruch auf „Vollisolation des Familienverbundes“ hätten sie nicht.