Weinheim – „Wir haben uns in unseren Ortsteilen und der Kernstadt der Krise von Anfang an entschieden entgegengestellt.“ „Doch ich bin mir sicher, dass wir unseren gemeinsamen Kampf gegen die Pandemie gewinnen werden.“ Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just hat in seiner Neujahrsansprache, die wegen der Corona-Pandemie erstmals online ausgestrahlt wird, immer wieder an die „Chance in der Krise“ erinnert. Gleichzeitig stand die Dankbarkeit im Mittelpunkt der Ansprache gegenüber jenen Menschen, die seit Beginn der Krise mit großem Einsatz haupt- und ehrenamtlich ihre Aufgaben meistern.
Die Stadtverwaltung sei froh und dankbar, so der OB, „für zahlreiche gut aufgestellte zivilgesellschaftliche Partner an unserer Seite“. Als Oberbürgermeister habe er daher in erster Linie herzlich Dank zu sagen an all diejenigen, die sich in den zurückliegenden Jahren und insbesondere in der Krise engagiert haben. Just: „Ohne Sie alle, ohne die Kirchen, die Vereine und Initiativen wäre Weinheim nicht das was es noch immer ist, das größte und für mich zugleich charmanteste, pulsierende Mittelzentrum des Rhein-Neckar-Kreises. Wir hätten es ohne jeden Einzelnen von Ihnen nicht geschafft.“
Vielmehr sei es gelungen, dass die Entwicklung der Stadt Weinheim in diesem Krisenjahr keinen wesentlichen Schaden genommen hat – und in den elementaren Punkten nicht einmal eine Verzögerung eingetreten ist.
Just erinnerte an die berühmte Formel, die Angela Merkel anfangs der Flüchtlingskrise geprägt hat. Angesichts der aktuellen Situation, so Just, sollte man den Satz ruhig öfter zitieren: „„Wir schaffen das! Und ich darf ergänzen: Auch diesmal!“
„Ein tiefgreifender Einschnitt“
Manuel Just bezeichnete die Corona-Krise als tiefgreifenden medizinischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einschnitt.
2020 werde eines dieser Jahre sein, von dem man sagt, hinterher sei vieles anders gewesen als vorher. „Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war der Tod unserer Gesellschaft so nah wie im Jahr 2020“, so der OB, „noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurde uns klar, wie verletzlich Staat und Gesellschaft sind“.
Er verhehlte nicht, dass seiner Ansicht nach die politischen und gesellschaftlichen Kräfte in unserem Land auf allen Ebenen, bis hin zu unserer kommunalen Ebene, bis hin zu den Mitarbeitern in den KiTas, Schulen, den sozialen Diensten „einen guten Job gemacht und Schlimmeres abgewendet haben“. Just: „Wir haben uns gemeinsam – auch in Weinheim – der Bedrohung unserer Gesundheit entgegengestellt, die Krise so gut es ging gemanagt, ihre Auswirkungen minimiert.“
Gleichwohl, so Just, wäre es anmaßend, am 10. Januar 2021 zu behaupten, wir hätten die Krise gemeistert. Vielmehr: „Noch immer ist unklar, wie sehr und vor allem wie lange sie uns im Griff behält.“
Ganz grundsätzlich und „bei allem „Ja aber“ halte er Respekt und Wertschätzung gegenüber der Kraft und dem System der Bundesrepublik Deutschland für angebracht – „mit ihrer volkswirtschaftlichen Stärke, mit ihrem Gesundheitssystem, mit ihrer demokratischen Stabilität, ihrer zivilgesellschaftlichen Kraft und ihrer staatlichen Organisation“.
An dieser Stelle ging Just auch mit den so genannten „Querdenkern“ und Corona-Leugnern ins Gericht. Er erklärte: „Umso deplatzierter kommen einem auch heute noch besserwisserische und völlig ignorante Bewegungen vor, die nicht nur das lebensgefährliche Virus leugnen, sondern auch die Zuständigkeiten unseres Rechtsstaates – während sie genau dessen Privilegien schamlos ausnutzen.“ Seine Forderung: „ Sollten wir die Krise in absehbarer Zeit überwunden haben, ist es spätestens dann an der Zeit, eine Diskussion über die institutionelle Wehrhaftigkeit unserer Demokratie zu beginnen.“
„Hohe Lebensqualität vor Ort“
Für die Corona-Krise habe es keine Blaupause und keine Generalprobe gegeben. Aber man habe gemerkt, wie wichtig Netzwerkarbeit in einer Kommune ist. Und ebenso, „dass digital in unserer Kommunikation vieles möglich ist, dass Digitales aber Zwischenmenschliches nie ersetzen kann“. Es gebe auch positive Erinnerungen und Gefühle, die man sich nach der Krise bewahren sollte. Just: „Wir können die Chance nutzen, die für viele vermeintlich unspektakulären Angebote unseres Umfelds neu schätzen zu lernen.“ Die Kultur vor Ort, regionale Angebote der Gastronomie, Urlaub in deutschen Regionen, ein Glas Wein auf dem Marktplatz oder ein Spaziergang im Exotenwald.
„Wer jetzt nicht gemerkt hat, welch hohes Gut wir in unserer Lebensqualität vor Ort haben, welch unschätzbarer Wert es ist Freunde treffen zu dürfen, wo und wann immer man will, der hat die Lehren aus dieser Zeit nicht verstanden“, bekräftigte der OB.
Für Weinheim konstatierte er, dass sämtliche große Entwicklungsmaßnahmen „konzentriert und zielgerichtet weitergeführt wurden“: Er nannte dabei unter anderem das Schulzentrum West, die begonnene Sanierung der Wohnhäuser an der Mannheimer Straße sowie die wichtigen Bebauungsplan-Projekte, die ohne nennenswerte oder signifikante Verzögerung vorangekommen seien. Prägnante Beispiele hierfür seien, die auf Nachhaltigkeit ausgelegten Vergabekriterien im Gewerbegebiet Nord – oder aber auch die stärkere Fokussierung auf günstigen Wohnraum in den Baugebieten Allmendäcker und Westlich Hauptbahnhof.
Er verwies auf die laufenden Konzeptarbeiten im Bereich des Tourismus und der Kultur und bekräftigte, dass die Stadt weiterhin zu einem Hotelstandort an der Mannheimer Straße steht. Gleichzeitig müsse Weinheim als touristisches Reiseziel gestärkt werden. Just: „So kann es gelingen, dass die inhabergeführten Hotels der Innenstadt den neuen Mitbewerber gut verkraften – bestenfalls sogar von ihm profitieren können.“ Er begrüße es auch, dass nun wieder eine ergebnisoffene Diskussion um den Standort für ein Wellness-Hotel am Miramar geführt werde.
Grußworte der Blüten- und Weinhoheiten
Finanziell gesehen, fahre die Stadt angesichts der noch nicht absehbaren wirtschaftlichen Folgen der Pandemie „mehr denn je auf Sicht“. Es gebe aber auch Hoffnung. „Wir wissen, dass es in Weinheim zahlreiche Firmen mit Mut und guten innovativen Ideen gibt, allen voran unser größter und bedeutendster Arbeitgeber, die Firma Freudenberg“, bekräftigte Just. Und er verwies auf die Zukunftswerkstatt, die im Jahr 2020 starten soll. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die Stadtgesellschaft selbst der größte Experte ist, Zukunftsfragen zu stellen und die hierfür richtigen Antworten anzudenken und vorzuschlagen“, so Manuel Just.
Der Neujahrsempfang Online mit der Neujahrsansprache des OB sowie Grußworten von Blütenprinzessin Julia I., sowie den Weinhoheiten Miriam II. aus Lützelsachsen und Lena I. aus Oberflockenbach (im Amt für Schriesheim) ist als Video-Film über www.weinheim.de online zu sehen, die OB-Rede steht dort auch im Wortlaut zum Download zur Verfügung.