Frankfurt am Main – 34 gefährdete einheimische Pflanzenarten hat der Botanische Garten Frankfurt in Erhaltungskultur. Dabei handelt es sich um Pflanzen, die in der Natur gefährdet oder vom Aussterben bedroht sind, auf den Roten Listen der gefährdeten Arten geführt werden und deren Wildherkunft bekannt ist.
Sie werden im Botanischen Garten in so genannten Ex-situ-Kulturen (ex situ = außerhalb des ursprünglichen Standortes) vermehrt und stehen gegebenenfalls auch für Wiederansiedlungsprojekte in Zusammenarbeit mit Naturschutzbehörden und mit dem ehrenamtlichen Naturschutz zur Verfügung. In der Vergangenheit hat sich der Botanische Garten Frankfurt bereits an solchen Auswilderungsprojekten beteiligt, zum Beispiel mit dem Berg-Steinkraut (Alyssum montanum ssp. montanum), der Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) und dem Pyrenäen-Löffelkraut (Cochlearia pyrenaica). In einem gemeinsamen Projekt mit der KfW Stiftung wird dies in den kommenden Jahren vor allem für solche Arten geschehen, für die Hessen eine besondere Verantwortung trägt, weil ihr deutscher Verbreitungsschwerpunkt in diesem Bundesland liegt.
„Mit ihrer Arbeit leisten die Beschäftigten des Botanischen Gartens einen unschätzbaren Beitrag zur Erhaltung gefährdeter Pflanzenarten. Sorgsam mit unserer Umwelt umzugehen und sich der schützenswerten Vielfalt der Natur bewusst zu sein, ist wichtig, um diese auch für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Die Vielfalt unserer Stadt zeigt sich nicht nur an den Menschen, die hier leben, sondern auch an den Pflanzen, die sich in unserer Stadt finden – ob in freier Wildbahn oder etwa im Botanischen Garten“,
sagt Stadtkämmerer Uwe Becker.
„Für mich ist jeder Besuch in diesem einzigarteigen Garten immer auch ein Rückkehr nach Hause: Hier habe ich studiert, meine Beziehung zur Welt der Pflanzen hat hier ihre Wurzeln. Und ich stehe da wohl nicht allein: Der Botanische Garten erfreut sich wachsender Beliebtheit – gerade in einer Zeit, in der sich vieles nur noch digital widerspiegelt, wächst die Sehnsucht nach echter Wahrnehmung von Natur. Führungen und Veranstaltungen sind überfüllt, der Freundeskreis dieses Schutzraums bedrohter Pflanzen ist auf 450 Mitglieder gestiegen. Sponsoren fördern mit beachtlichen Mitteln unserer Arbeit. Dieses wunderbare Eckchen Erde zwischen Grüneburgpark und Palmengarten sollten wir sorgsam pflegen und seinen ganz besonderen Charme erhalten“,
so Umweltdezernentin Rosemarie Heilig.
Zum 1. Januar 2012 hat die Stadt Frankfurt den Garten, der zuvor seit 1914 im Besitz der Goethe-Universität Frankfurt war, übernommen. In den Jahren 2015 und 2016 erhält der Botanische Garten von der Stadt Frankfurt am Main laut Haushaltsplan Mittel in Höhe von jeweils rund 670.000 Euro, vom Land Hessen jeweils 600.000 Euro.
Insgesamt werden im Botanischen Garten etwa 4.000 verschiedene Pflanzenarten kultiviert. Die allermeisten davon sind Wildpflanzen und wachsen ganzjährig im Freiland. Sie stammen fast alle aus der nördlichen Hemisphäre, vor allem aus Europa, Ost-Asien und Nord-Amerika. Im Gartenkonzept sind sie nach geografischen Regionen und in Biotoprevieren geordnet. Gärtnerische Sorten finden sich auch im Botanischen Garten, vor allem im Arzneipflanzengarten und in den Historischen Gärten.
„Der Botanische Garten der Stadt ist ein Wohlfühlort inmitten der Stadt, eine echte Oase. Nicht nur sind die Pflanzen dort schön anzusehen, ein Ausflug dorthin ist auch überaus lehrreich. Die Besucherinnen und Besucher können dort vieles über die Pflanzen erfahren“,
sagt Becker.
Bereits seit den 1970er Jahren hat der Botanische Garten einen Sammlungsschwerpunkt bei der Kultur gefährdeter einheimischer Pflanzenarten. Seit den 1990er Jahren sind dort fast 500 gefährdete einheimische Pflanzenarten in Kultur. Bei einem Gartenrundgang sind diese an den roten Namensschildern gut zu erkennen und mit Hilfe eines Faltblattes in Form eines Lehrpfades zu erkunden. Die 34 Pflanzenarten in Erhaltungskultur sind also nur ein Teil der insgesamt im Garten vorkommenden gefährdeten einheimischen Arten.
Eine dieser Arten in Erhaltungskultur ist die einheimische Schwarz-Pappel, früher ein verbreiteter Auwald-Baum der großen Flüsse und Ströme, der durch die Regulierungsmaßnahmen der Vergangenheit stark zurückgegangen ist. Nur am Kühkopf kann man in Hessen noch schöne Bestände am ursprünglichen Standort finden. Die beiden inzwischen ca. sieben bis acht Meter hohen Bäume stammen aus Dreieichenhain und können in der Nähe des Teiches betrachtet werden. Überzählige Pflanzen aus eigener Steckholzvermehrung sind für das Grünflächenamt der Stadt Frankfurt vorgesehen.
Eine weitere der Arten in Erhaltungskultur, die Wilde Weinrebe, kam früher ebenfalls in Hessen in den Auwäldern am Rhein vor. Aus ihr wurde bereits vor 7.000 Jahren die Kultur-Rebe (Vitis vinifera) gezüchtet, aus der zahllose Rebsorten hervorgegangen sind. Im Botanischen Garten Frankfurt gibt es auch eine kleine Rebsammlung, in der neben verschiedenen Wildarten der Gattung Vitis auch etwa zehn verbreitete Rebsorten vom Riesling bis zum Spätburgunder gezeigt werden. Der Wilden Weinrebe wurde nicht nur die Flussregulierung zum Verhängnis, sondern auch die Einschleppung der Reblaus aus Amerika im 19. Jahrhundert und die Hybridisierung mit Kultur-Reben, so dass diese alte Stammform heute vom Aussterben bedroht ist. Die letzte ursprüngliche Population in Deutschland existiert auf der Rheininsel Ketsch in Baden-Württemberg.
Im Botanischen Garten sind Pflanzen aus vielen Teilen Deutschlands und der Welt mit zum Teil unerwarteten Geschichten auf rund acht Hektar vereint − ein besonderer Anblick nicht nur für Pflanzenfreunde.