Karlsruhe: Interview mit Sven Wolf zum „Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie“

Karlsruhe – Am 17. Mai ist der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie. Zu diesem Anlass spricht Sven Wolf im Interview. Der Vizepräsident des Badischen Fußballverbandes ist seit 2013 eine von zwei Ansprechpersonen im bfv für das Thema „Sexuelle Vielfalt“.

Das Thema sexuelle Vielfalt hat in den letzten Wochen ja richtig Fahrt aufgenommen, wie findest du das?

Es freut mich wirklich sehr, dass zwei reichweitenstarke und bekannte Medien wie 11Freunde und Kicker mit ihren Kampagnen das Thema sehr seriös aufgegriffen und große öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt haben. Es braucht einfach auch im Fußball diese Gesichter, Menschen, die sich hinstellen und sagen: schaut her, ich bin schwul, lesbisch oder divers, und es ist überhaupt nichts dabei!“ Diese Symbolik und Sichtbarkeit sind enorm wichtig.

Gab es diese nicht schon vorher, beispielsweise nach dem Coming-Out von Thomas Hitzlsperger?

Das sorgte damals schon ganz schön für Aufsehen und für eine kurze Zeit war es das Top-Thema. Ich glaube aber, dass es nicht der richtige Weg ist, medial jetzt darauf zu drängen, dass sich wieder ein Fußball-Profi – dieses Mal am besten ein aktiver – outet. Erstens ist dies jedem Menschen selbst überlassen und zweitens wäre es damit ja nicht getan. Es muss doch vielmehr auf eine breite Akzeptanz in der Gesellschaft hingearbeitet werden. Und ich habe das Gefühl, dass die aktuellen Kampagnen und die Debatten, die daraus entstanden sind, nachhaltig dazu beitragen. Das ist super!

Was tut sich auf der Ebene des organsierten Sports in diese Richtung?

Auch hier ist neuer Schwung reingekommen, spätestens seit der Berliner Fußball-Verband als Erster 2019 die Spielerlaubnis für das dritte Geschlecht „divers“ eingeführt hat. Mittlerweile liegt das Thema auf DFB-Ebene und wird bundesweit mit allen Landesverbänden angegangen. So ist auch sichergestellt, dass die nachrangigen Themen wie die rechtliche Umsetzung in den Spielordnungen bis hin zu den technischen Details sorgfältig und einheitlich übernommen werden können.

Ist das ein schwieriger Prozess?

Naja, bei einem so großen Verband mit 21 Landesverbänden dauern solche Prozesse natürlich immer ein bisschen. Der Deutsche Hockey-Bund ist da aktuell schneller, hier holen wir uns gerade Expertise ein. Was mich wirklich erschreckt ist, dass immer noch nicht überall überhaupt die Notwendigkeit gesehen wird. Was viele vergessen ist, dass es hierbei nicht in erster Linie um die Anzahl der Betroffenen geht, sondern dass das dritte Geschlecht schon Ende 2018 im deutschen Recht verankert wurde. Der Fußball als beliebteste Sportart im Land muss dem Rechnung tragen.

Was ist im Badischen Fußballverband außerdem geplant?

Wir arbeiten in Baden schon mehrere Jahre daran, für das Thema Sexuelle Vielfalt in jeder Hinsicht zu sensibilisieren. Und das klappt richtig gut. Wenn wir zum Beispiel Unterrichtseinheiten in der Vereinsjugendmanager- oder der Trainerlizenzfortbildung machen, setzt fast immer der Aha-Effekt ein: Vorher war den Teilnehmenden eigentlich gar nicht klar, warum sie sich mit dem Thema überhaupt beschäftigen sollten. Am Ende ist das Feedback immer positiv.
Und auch mit unseren beiden bfv-Clubs Uferlos Karlsruhe und mvd Mannheim haben wir noch viel vor. Aktuell sind wir hier natürlich etwas eingebremst, aber sobald es wieder geht, wollen wir beispielsweise beim CSD in Karlsruhe und Mannheim auch als bfv Flagge zeigen.

Können die Vereine selbst auch etwas tun?

Na klar, je mehr Sichtbarkeit das Thema erhält, desto besser. Wenn wir zum Beispiel Social Media-Aktionen machen wie am Erinnerungstag des deutschen Fußballs dieses Jahr, beteiligen sich unheimlich viele Vereine. Das ist toll zu sehen.
Meine Co-Ansprechpartnerin Sandra Rixen und ich stehen außerdem immer zur Verfügung, wenn Clubs Infos oder Tipps benötigen. Sei es für einen konkreten Fall oder allgemein, um im Verein ein offenes Klima zu fördern.

Was möchtest du am Ende noch loswerden?

Ich finde genau wie beim Thema Rassismus nehmen sich viel zu viele Menschen das Recht heraus zu entscheiden, wann sich wer beleidigt, angegriffen oder diskriminiert zu fühlen hat oder vor allem auch nicht. So läuft das aber nicht. Wir brauchen mehr Empathie, man muss sich in andere hineinversetzen, um deren Situation zu verstehen. Im Fußball soll jede und jeder willkommen sein und sich vor allem auch wohlfühlen.


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