Karlsruhe – Mit teilweise veröffentlichten Beschlüssen haben die Kammern des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts weitere 8 Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und 51 Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG („Kontaktbeschränkungen“), § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 („Ausgangsbeschränkungen“), § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IfSG („Beschränkung von Freizeiteinrichtungen“), gegen § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 IfSG („Einzelhandelsbeschränkungen“), gegen § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 („Beschränkungen kultureller Einrichtungen“), gegen § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 IfSG („Amateursport“), gegen § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 IfSG („Beschränkungen körpernaher Dienstleistungen“), gegen § 28b Abs. 3 IfSG („Schulschließungen“ und „Testpflicht“), gegen § 73 Abs. 1a IfSG („Bußgeldkatalog“) sowie gegen § 28c IfSG in Verbindung mit der Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung („Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung“) richteten.
Soweit die Beschlüsse inhaltlich begründet wurden, sind diese auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts abrufbar. Soweit die zuständigen Kammern gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG von einer Begründung der Entscheidung abgesehen haben, werden diese Entscheidungen nicht gesondert veröffentlicht. Damit ist nicht entschieden, ob die angegriffenen Vorschriften mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Prüfung des § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG zur „Ausgangsbeschränkung“ (vgl. Pressemitteilung Nr. 33/2021 vom 5. Mai 2021) und die Prüfung weiterer Regelungen des § 28b IfSG, die Gegenstand verschiedener Eilentscheidungen von Kammern des Ersten Senats vom 20. Mai 2021 waren (vgl. Pressemitteilung Nr. 42/2021 vom 20. Mai 2021), bleibt den dort genannten Hauptsacheverfahren vorbehalten.
§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG („Kontaktbeschränkungen“)
Mehrere Verfahren richteten sich gegen die in § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG geregelten Kontaktbeschränkungen, die gelten, wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100 überschreitet. Die zuständigen Kammern des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts haben die dagegen gerichteten Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, weil diese mangels hinreichender Begründung nicht zulässig waren.
§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG („Ausgangsbeschränkungen“)
In mehreren Verfahren sollte unter anderem erreicht werden, dass Regelungen betreffend die Ausgangsbeschränkung des § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG für nichtig erklärt beziehungsweise vorläufig außer Vollzug gesetzt werden. Die zuständigen Kammern des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts haben die dagegen gerichteten Eilanträge unter Verweis auf den Beschluss des Ersten Senats vom 5. Mai 2021 – 1 BvR 781/21 u. a. abgelehnt sowie in einigen weiteren Verfahren die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, weil diese mangels hinreichender Begründung nicht zulässig waren.
§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IfSG („Beschränkung von Freizeiteinrichtungen“) und § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 IfSG („Amateursport“)
Weitere Verfahren wenden sich gegen die Vorschriften des § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IfSG („Beschränkung von Freizeiteinrichtungen“) und § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 IfSG („Amateursport“). Auch hier wurden die Verfassungsbeschwerden mangels hinreichender Begründung nicht zur Entscheidung angenommen.
§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 IfSG („Einzelhandelsbeschränkungen“)
Ein Verfahren richtete sich gegen § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 IfSG („Einzelhandelsbeschränkungen“). Die zuständige Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Begründung nicht zur Entscheidung angenommen.
§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 IfSG („Beschränkungen körpernaher Dienstleistungen“)
In einem weiteren Verfahren sollte erreicht werden, dass die Untersagung körpernaher Dienstleistungen einer Kosmetikerin vorläufig außer Vollzug gesetzt wird. Die zuständige Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat den dagegen gerichteten Eilantrag abgelehnt, weil er den Anforderungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG nicht genügt. In einem weiteren Verfahren wurde die gegen § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 IfSG gerichtete Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Begründung nicht zur Entscheidung angenommen.
§ 28c IfSG i.V.m. „Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung“
Drei Verfahren richten sich gegen die Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung und die dadurch bewirkte Unterteilung der Bevölkerung in geimpfte / genesene Personen und solche, die es nicht sind, und gegen die damit einhergehenden Ausnahmen von einigen Beschränkungen. Die zuständige Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die dagegen gerichteten Eilanträge abgelehnt sowie die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig sind.
Weitere unzulässige Verfassungsbeschwerden und erfolglose Eilanträge
In mehreren Verfahren richteten sich die Verfassungsbeschwerden und die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen sämtliche Regelungen des Vierten Bevölkerungsschutzgesetzes („Bundesnotbremse“). In diesen Verfahren wurden die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie mangels hinreichender Begründung nicht zulässig waren und die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, weil sie nicht den Anforderungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG genügten.
So haben im Verfahren 1 BvR 794/21 die Beschwerdeführenden keine eigenen schweren Nachteile dargelegt. Die Kammer hat in diesem Beschluss darauf hingewiesen, dass es nicht ausreichend ist, wenn beschrieben wird, warum ortsnähere Entscheidungen für sinnvoller gehalten werden, dass private Unternehmungen beschwerlicher ausfallen oder dass ein Hobby in einer Zeit hoher Ansteckungsgefahr nicht wie zuvor ausgeübt werden kann.
Desgleichen wurde die Verfassungsbeschwerde von vier Mitgliedern des Deutschen Bundestags von der zuständigen Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren 1 BvR 927/21 nicht zur Entscheidung angenommen. Ungeachtet der Unklarheit, ob die Abgeordneten überhaupt als Bürger Verfassungsbeschwerde erheben wollten, ist ihr Vorbringen jedenfalls nicht hinreichend substantiiert.
Weitere anhängige Verfahren
Im Zusammenhang mit dem am 23. April 2021 in Kraft getretenen Vierten Bevölkerungsschutzgesetz („Bundesnotbremse“) sind bis zum Ablauf des 31. Mai 2021 insgesamt 424 Verfahren beim Bundesverfassungsgericht eingegangen, darunter auch ein Verfahren mit über 7.000 Beschwerdeführenden. Die Verfahren werden von den zuständigen Spruchkörpern bearbeitet.