Speyer – Beschäftigte der Maudacher Werkstatt der Diakonissen Speyer haben mit einer Expertin für leichte Sprache einen Stadtführer erstellt, der Menschen mit Behinderung ermöglicht, selbstständig die Stadt zu erkunden.
„Der Stadtführer „Einfach Speyer“ ist eine wichtige Ergänzung unseres touristischen Angebots“, betont Bürgermeisterin Monika Kabs bei der Vorstellung der Broschüre im Rathaus. „Er ist ein verständlicher und hilfreicher Leitfaden, mit dem sich Menschen mit Behinderung selbstständig durch unsere Stadt bewegen und Speyer kennenlernen können.“
Die Bedeutung des inklusiven Stadtführers für eine selbstbestimmte Teilhabe unterstreicht auch Rebecca Bohrmann. Sie gehört zum Projektteam aus fünf Beschäftigten der Maudacher Werkstatt der Diakonissen Speyer, das unter der Leitung der freien Journalistin Yvette Wagner die Broschüre er- stellte. „Es ist wichtig, dass Menschen mit Behinderung in Speyer eingebunden sind. In unserem Stadtführer kann jeder alles verständlich nachlesen, egal welche Einschränkung man hat“, so Bohrmann. Wichtig ist der Projektgruppe auch, dass „Einfach Speyer“ sich an alle Menschen richtet – ob mit oder ohne Behinderung. „Wir haben einen tollen Stadtführer gemacht, den jeder versteht“, bringt es Bohrmann auf den Punkt.
„Einfach Speyer“ ist einem Spaziergang nachempfunden und gibt in leichter Sprache Auskunft über Geschichte, Sehenswürdigkeiten und Museen der Stadt. Projektleiterin Yvette Wagner ist Expertin für leichte Sprache und erläutert deren Besonderheiten: „Wörter und Sätze sind so kurz wie möglich, lange oder unbekannte Wörter werden mit Hilfe eines Punkts optisch getrennt, Begriffe wie „Ritual“ werden eigens erklärt.“ Eine große Schrift sowie eine farbige Legende sorgen zudem für eine gute Orientierung im Heft.
Der Stadtführer berücksichtigt bewusst verschiedene Beeinträchtigungen: So gibt es zu jeder Station einen Kasten mit Serviceinformationen, z.B. zu Tastmodellen, Induktionsschleifen oder Rampen.
„Alle Texte des Stadtführers kann man außerdem als Audioversion anhören, wenn man die QR- Codes auf den Seiten scannt“, ergänzt Wagner. Auch besondere Angebote oder mögliche Hindernisse für Menschen mit Behinderung finden Erwähnung – oft basierend auf Erfahrungen, die die Projektgruppe bei ihren Recherchen selbst gemacht hat.
Seit einigen Jahren leitet Yvette Wagner in der Maudacher Werkstatt das Redaktionsteam der Werkstattzeitung, im Gespräch mit den Beschäftigten kam dort die Idee zum inklusiven Stadtführer auf. Die fünfköpfige Projektgruppe unter Wagners Leitung setzte sich aus Beschäftigten aus Speyer und Ludwigshafen zusammen. So brachte das Team die Innen- und Außensicht auf die Stadt ein. Die Journalistin und Werkstattleiter Andreas Canali stellten den Kontakt zur Stadt her, wo das Projekt begrüßt und von Beginn an unterstützt wurde. Nach einer Stadtführung im Februar 2020 verbrachte die Gruppe zwei Projekttage damit, Inhalte festzulegen, Texte zu schreiben und Bilder auszuwählen
– neben eigenen Fotografien stellten auch die Stadt und die besuchten Einrichtungen Bildmaterial zur Verfügung.
„Für die Projektgruppe war es wichtig, dass ihr eigener Blick auf die Stadt dargestellt wird und nicht nur vorhandene Texte in leichte Sprache übersetzt werden“, erklärt Werkstattleiter Canali. Deshalb sind auch persönliche Tipps der Beschäftigten zum Besuch in Speyer über das Heft verteilt.
Die Maudacher Werkstatt hat – wie der Name besagt – ihren Stammsitz in Ludwigshafen-Maudach. Dennoch besteht eine weitreichende Beziehung zur Domstadt. „Wir sind nicht nur über die Diakonissen als Träger eng mit Speyer verbunden, sondern haben seit 2008 bereits vier Arbeitsgruppen vor Ort aufgebaut, die in verschiedenen Bereichen tätig sind – von der Montage über unseren Bügelservice bis zur Gartengruppe“, führt Canali aus.
Die Fertigstellung und Veröffentlichung des inklusiven Stadtführers wurde durch die Pandemie immer wieder verzögert, jetzt da aber wieder mehr Bewegungsfreiheit und Reisen möglich sind, steht das Heft allen Interessierten kostenlos zur Verfügung, z.B. in der städtischen Tourist-Info. Neben der Stadt Speyer halfen auch die Lipoid Stiftung, die Kulturstiftung Speyer und Round Table 63 Speyer als Sponsoren bei der Finanzierung des Projekts.