Ingelheim – Die 57. Meisterehrung des Landessportbundes Rheinland-Pfalz am Freitagabend war etwas ganz Besonderes. Denn diesmal wurden in der kING Kultur- und Kongresshalle in Ingelheim nicht nur die Meister aus dem Jahr 2020 geehrt, sondern auch die Champions aus dem Jahr 2019. Wegen der Corona-Pandemie war im vergangenen Jahr die ursprünglich für 6. März 2020 geplante Ehrungsveranstaltung kurzfristig abgesagt worden.
Der LSB bedankte sich bei seinen Topsportlern mit Geschenken und Anerkennung. Ausgezeichnet wurden insgesamt 230 Sportler aus rheinland-pfälzischen Vereinen, die sich im (vor)vergangenen Jahr Titel bei Deutschen Meisterschaften und Medaillen bei Europa- oder Weltmeisterschaften gesichert haben – darunter auch die Kanuslalom-Olympiasiegerin Ricarda Funk vom KSV Bad Kreuznach oder der Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul vom USC Mainz. Letzterer war bei der Feierstunde sogar persönlich anwesend – ebenso wie zwei andere Tokio-Starter: Gewichtheberin Lisa Marie Schweizer (AV 03 Speyer) und Sitzvolleyballer Francis Tonleu (BSG Emmelshausen).
Auch wenn aufgrund von Wettkämpfen, anderen sportiven Terminen oder aus gesundheitlichen Gründen etliche der Asse verhindert waren, so waren doch immerhin 120 persönlich in der Rotweinstadt erschienen – und holten sich die verdienten Meriten ab. Mit von der Partie waren neben deutschlandweit bekannten Namen auch zahlreiche erfolgreiche Athleten aus Nischensportarten wie Faustball, Rope Skipping, Einspänner-Fahren oder Sportfischen.
Im Rahmen des Ehrungsmarathon gab es ein echtes Novum: Mit Bahnrad-Olympiasiegerin Miriam Welte wurde erstmals eine Vizepräsidentin des LSB auch für eine internationalen Erfolg geehrt. „Wenn das keine personifizierte Kompetenz ist, dann weiß ich auch nicht mehr weiter“, schmunzelte SWR-Sportexperte Christian Döring, der die 250 Besucher in bewährter Manier mit viel Charme und noch mehr Fachwissen durch das kurzweilige Programm führte. So entlockte der Moderator etwa Fabian Vogel vom MTV Bad Kreuznach, dass Trampolinturner bei ihren Sprüngen Höhen zwischen zehn und zwölf Meter erreichen – und dass man bei Dreifachsalti mit Schrauben „in der Luft nicht mehr so viel Orientierung hat“. Beim Anblick und bei der Art des hünenhaften Sitzvolleyballers Francis Tonleu geriet Döring unversehens ins Schwärmen. „Was für eine Lebensfreude in diesem Typen steckt“, staunte der Moderator. Tonleu, der als Achtjähriger in seiner Heimat Kamerun von einem Mandelbaum gefallen war und seitdem nicht mehr schnell rennen kann, untermauerte seinen Ruf als unverbesserlicher Optimist. Trotz des eher suboptimalen Abschneidens seines Teams bei den Paralympics betonte er verschmitzt: „Es gibt kein Negativerlebnis.“ Die Platzierung abseits der Medaillenränge sei nur „ein kleiner Ausrutscher“ gewesen: „In drei Jahren in Paris holen wir Gold. Das ist ein Versprechen – und ich halte immer meine Versprechen.“
Ein gefragter Gesprächspartner ist immer auch Zehnkämpfer Niklas Kaul vom USC Mainz. „Der WM-Sieg hat mit meinem Sportlerleben eine ganze Menge gemacht“, sagte der 1,90-Meter-Mann. „Ansonsten ist in meinem Leben viel gleich geblieben – und das ist auch schön so.“ Nach seiner schlimmen Verletzung in Tokio derweil sei „eine ganze Menge in mir zusammengebrochen – das war total bitter. Mit einem Fuß, der nicht so funktioniert, wie er funktionieren sollte, war mir klar, dass es mit einer Medaille nichts wird“. Sein großes Ziel sei nun die Heim-EM 2022 in München.
Moderator Döring war wie auch die Protagonisten der Feierstunde heilfroh, dass die Meisterehrung endlich wieder „livehaftig“ über die Bühne gehen konnte. „Es sind Alltäglichkeiten verloren gegangen in den letzten anderthalb Jahren“, redete der passionierte Rennradfahrer dem Publikum aus dem Herzen. „Es ist so schön, dass der Sport uns das wieder ermöglicht“, freute sich auch Roger Lewentz, Minister des Innern und für Sport und Schirmherr der Veranstaltung. Lotto-Geschäftsführer Jürgen Häfner sprach von einem „wunderbaren Bild, das sich hier in Ingelheim zeigt – es sind sehr viele Sportler da, die wir bei den nächsten Olympischen Spielen sehen werden“.
Im Gegensatz zu Welte, Döring und Lewentz war es für Wolfgang Bärnwick die erste Meisterehrung in seiner Amtszeit als LSB-Präsident. „Wir vom LSB würden uns freuen, wenn alle Sportler bereit sind, sich impfen zu lassen“, warb der 72-Jährige für den Piks gegen Corona. Ingelheims OB Ralf Claus erklärte, er sei im negativen Sinne beeindruckt davon, „dass in der Corona-Pandemie doch viele Mitglieder den Verein verlassen haben – das hat mich ein bisschen überrascht“. Es sei auch eine Frage der Solidarität, auch inaktiv seinen Verein zu unterstützen. „Die Eintritte speziell unserer Kinder und Jugendlichen haben in den vergangenen Monaten wieder zugenommen“, berichtete Bärnwick. „Im Ahr-Gebiet wird es sich noch länger dauern, bis wir wieder starten können. wir vom LSB können bei der Unterstützung der Flutopfer finanziell nicht viel tun – aber was wir machen können, ist ideell zu helfen.“ Etwa im Rahmen der der Aktion „Von Vereinen für Vereine“. Bärnwick betonte, die Frage sei für ihn, „ob wir im Ahr-Gebiet immer dort, wo eine Sportstätte war, wieder eine errichten müssen, oder ob wir sagen, es schließen sich einige Vereine zusammen und bauen auf einer sicheren Anhöhe eine neue, die von mehreren gemeinsam genutzt wird.“ Auch Minister Lewentz ließ durchblicken, dass er dies für keine schlechte Idee hält.