Neustadt an der Weinstraße – Zugang zu Bildung und Wissen überall im Land – das war vor 100 Jahren das Ziel des „Pfälzischen Vereins für freie Volksbildung“, der im Oktober 1921 die „Pfälzische Beratungsstelle für Volksbüchereien“ in Speyer gründete. Jetzt kann die heute in Neustadt/Weinstraße beheimatete Landesbüchereistelle auf ein erfolgreiches Jubiläum zurückblicken.
Nach den Anfängen als privater Verein wurde die Beratungsstelle zunächst der neu gegründeten Landesbibliothek in Speyer angegliedert und bestand aus zwei Abteilungen in Speyer und Kaiserslautern. Eine Aufgabe der Beratungsstelle bestand im Aufbau einer Musterbücherei, die von der Stadt Speyer getragen wurde – Beispiel für viele Neugründungen von Büchereien und Bibliotheken gerade in den ländlichen Gebieten.
„Volksbildung“ in den 30-er Jahren und in der Nachkriegszeit
Im Jahre 1936 organisierten die Nationalsozialisten die „Volksbildung“ nach ihrer Ideologie neu: Der Standort Speyer wurde geschlossen, künftig war Kaiserslautern die Zentrale der Büchereistelle, ein überzeugter Nationalsozialist richtete die Arbeit nach den Vorgaben der Partei entsprechend aus. Nach dem Krieg, 1947, erlaubte die französische Militärregierung nach der Entnazifizierung der Mitarbeiter die Beratungstätigkeit in Kaiserslautern als „Pfälzische Landesbüchereistelle“ wieder aufzunehmen. Auch das junge Bundesland Rheinland-Pfalz sah in einem guten Bildungsangebot gerade auch bei den Bibliotheken ein wichtiges Ziel ihrer Politik: Bereits 1948 stand die Gründung einer zweiten Beratungsstelle, der „Staatlichen Landesfachstelle für Büchereiwesen in Rheinland-Pfalz“ in Koblenz an, mit Zuständigkeit für die Regierungsbezirke Koblenz, Trier und Rheinhessen.
„Ergänzungsbibliothek“ als Service für öffentliche Bibliotheken
Neue Aufgaben und Platzmangel sorgten bei der seit 1951 unter dem Namen „Staatliche Büchereistelle Rheinhessen-Pfalz“ firmierenden Fachstelle in Kaiserslautern für einen Umzug nach Neustadt/Weinstraße im Jahr 1953. Hier wurde bald auch mit dem Aufbau einer „Ergänzungsbibliothek“ für die Bibliotheken in der Pfalz begonnen. Jetzt konnte den kleinen und mittleren öffentlichen Bibliotheken in der Region bei der Ergänzung Ihres Medienbestandes und bei der Literatur- und Informationsversorgung geholfen werden. Nach der Gebietsreform 1969 wurde der Zuständigkeitsbereich auf die rheinhessischen Landkreise Mainz-Bingen und Alzey-Worms ausgeweitet.
Versorgung der Bevölkerung mit Literatur und Information
Der bundesweite Bibliotheksplan 1973 änderte die Beratungstätigkeit auch der Büchereistelle in Neustadt/Weinstraße: Ziel war nun ein abgestuftes Bibliotheksnetz im Land zu betreuen, und gerade auch in den ländlichen Regionen die Versorgung mit Literatur und Information für die Aus- und Weiterbildung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherzustellen.
Nach einem weiteren Umzug innerhalb von Neustadt/Weinstraße in einen neuen Gebäudekomplex stand dann Ende der Neunziger Jahre der Ausbau der Ergänzungsbücherei und des Aus- und Fortbildungsprogramms, besonders für ehrenamtliche Büchereileiterinnen und Leiter, auf der Tagesordnung. Dazu kam die Entwicklung eines Stufenprogramms für die Leseförderung, am bekanntesten hier: Der „LESESOMMER Rheinland-Pfalz“ (www.lesesommer.de), an dem seit 14 Jahren viele tausend Kinder und Jugendliche in den Sommerferien teilnehmen. Das Beratungsangebot für die öffentlichen Bibliotheken wurde ergänzt durch ein umfassendes Beratungsangebot für die Schulbibliotheken. Seit 2010 koordiniert die Landesbüchereistelle außerdem die „Onleihe Rheinland-Pfalz“ (www.onleihe-rlp.de), einen Verbund von rund 85 Bibliotheken und den Bibliotheken des Landesbibliothekszentrums, um im Land flächendeckend die Ausleihe digitaler Medien zu ermöglichen. Dazu wurde in den letzten Jahren die digitale Präsenz weiter ausgebaut – mit dabei auch ein Filmprogramm („Filmfriend“) und „OverDrive Rheinland-Pfalz“, ein e-Medien- Angebot in englischer Sprache.
Eingliederung in das Landesbibliothekszentrum und Neukonzeption
Gemeinsam sind wir stärker: Eine Stärkung und eine zentrale Unterstützungsstelle für die Bibliotheken im Land war das Ziel der Landesregierung bei der Gründung des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz (LBZ) 2004. Dazu gehörten neben der Rheinischen Landesbibliothek in Koblenz, der Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken und der Pfälzischen Landesbibliothek in Speyer auch die Büchereistellen in Neustadt/Weinstraße und Koblenz. Im Jahr 2014 schlossen sich dann die Büchereistellen in Neustadt/Weinstraße und Koblenz zur Landesbüchereistelle zusammen und entwickelten eine gemeinsame Strategie für die zukünftige Büchereistellenarbeit in Rheinland-Pfalz.