Neustadt an der Weinstraße – Der AWO-Bezirksverband Pfalz hat sich eine neue Struktur gegeben und eine neue Führung gewählt. 44 Delegierte aus den Kreisverbänden haben den ganzen Samstag getagt und abgestimmt. Künftig hat der Bezirksverband einen ehrenamtlichen Präsidenten. Gewählt wurde Thomas Hitschler. Mit der neuen Satzung will der Bezirksverband seine Arbeit moderner und transparenter gestalten.
Thomas Hitschler hatte keine Gegenkandidaten, er wurde mit 95 Prozent der Stimmen gewählt. Der 39-Jährige ist nun für vier Jahre das Gesicht des Bezirksverbands. Mit ihm haben zwei Frauen und ein Mann kandidiert um die drei Posten als stellvertretende Präsidiumsvorsitzende: Stefanie Seiler, die Oberbürgermeisterin von Speyer (38), außerdem die SPD- Landtagsabgeordnete Jaqueline Rauschkolb (34) sowie Holger Scharff (64), der Vorsitzende des AWO-Stadtkreisverbands Ludwigshafen. Scharff hat bereits neun Jahre im erweiterten Vorstand mitgearbeitet. Auch sie wurden mit großer Zustimmung von den Delegierten gewählt. Mit der neuen Satzung ändern sich nicht nur die Aufgaben und Positionen im Ehrenamt, sondern auch die Funktion des bisherigen Geschäftsführers Markus Broeckmann: Er wird dann, durch Wahl des Präsidiums, zum hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden.
Großer Generationswechsel
Die Wahl bedeutet für den AWO-Bezirksverband zugleich einen lang angekündigten Generationswechsel und eine deutliche Verjüngung. Die bisherige ehrenamtliche Führung hatte nun fast drei Jahrzehnte lang die Verantwortung getragen. Klaus Stalter (77), der Bezirksvorsitzende, hatte sein Amt seit November 1992 inne. Seine beiden Stellvertreter Wilhelm Zeiser (71) und Franz Schermer (75) waren bereits seit Juli 1992 im Amt. Um diese knapp drei Jahrzehnte im Rückblick zu würdigen, kam eigens der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck zur Bezirkskonferenz. Er moderierte eine Gesprächsrunde mit den drei scheidenden ehrenamtlichen Vorständen.
Ein echtes Aufsichtsgremium
Auch die weitreichenden Änderungen in der Satzung wurden von der Bezirkskonferenz diskutiert und abgestimmt. Die Bezirkskonferenz ist das höchste demokratische Gremium des AWO-Bezirksverbands Pfalz. Sie tagt in der Regel alle vier Jahre. Wegen Corona waren es diesmal fünf Jahre Pause. Warum die neue Satzung ebenso hoch willkommen wie notwendig war, machte Markus Broeckmann deutlich: „Unsere bisherige Satzungsstruktur stammt noch aus dem Jahr 1949 und entspricht der klassischen Satzung eines Vereins. Sprich, der ehrenamtliche Vorstand hatte sehr viele verschiedene Aufgaben und war an vielen Stellen mit eingebunden und verantwortlich. Wir wollten dringend eine stärkere Trennung von Ehrenamt und Hauptamt. Wir wollten ebenso dringend auch ein überwachendes Organ: Mit der neuen Struktur bekommen wir endlich ein echtes Aufsichtsgremium.“
Dass die AWO Pfalz solche Strukturen mehr denn je braucht, liegt daran, dass sie in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist und immer mehr Geschäftsfelder aufgebaut hat. Inzwischen gehört sie mit rund 1.100 Beschäftigten in 25 Einrichtungen und Diensten zu den großen Arbeitgebern in der Pfalz. Vor 15 Jahren waren es noch rund 550 Beschäftigte. Verbänden in dieser Größenordnung werde generell dazu geraten, sich so zu organisieren, sagt Broeckmann. „Uns wurde der Umstieg auf dieses Modell von Wirtschaftsprüfern empfohlen.“
Ein wichtiges Stichwort ist Compliance – ein Begriff aus der Wirtschaft, mit dem man die Regel- und Gesetzestreue von Unternehmen beschreibt. „Wir haben uns ja bereits mit der alten Satzung einer Compliance-Prüfung unterworfen und diese auch bestanden“, sagt Markus Broeckmann. „Mit den neuen Strukturen werden wir uns aber deutlich leichter tun, die vielen Anforderungen von heute und morgen zu erfüllen.“
Umsatz deutlich gesteigert
Zu jeder Bezirkskonferenz gehören auch Zahlen. Der Umsatz der AWO Pfalz hat sich in den Jahren seit der letzten Bezirksversammlung deutlich gesteigert. 2015 lag er bei 33 Millionen Euro, inzwischen sind es 42 Millionen Euro. Außerdem konnte die AWO Pfalz ihre Rücklagen erhöhen. Das Eigenkapital ist auf 32 Prozent gestiegen.
Die ehrenamtliche Arbeit war während der Pandemie erschwert. Am Jahresende 2020 hatte der Bezirksverband genau 3.204 Mitglieder. Die Zahlen sinken stetig. Um den Abwärts-Trend aufzuhalten, haben viele sich sehr engagiert. Gefördert werden bei der AWO die Quartiersprojekte: Dabei erhalten Ehrenamtliche gezielt Unterstützung vom Hauptamt und einen Raum als Treffpunkt. Das funktioniert bereits in Ludwigshafen, Hochspeyer, Lambrecht und Konken; weitere Projekte sind geplant. Aktuell arbeiten fünf Angestellte in diesem Bereich. Die Seniorenhäuser der AWO bieten weitere Anlaufpunkte für ehrenamtliches Engagement.
Was das AWO-Ehrenamt möglich macht
AWO-Ehrenamtliche machen überall in der Pfalz Dinge möglich, die den Menschen in ihrer Gemeinde helfen – zum Beispiel Mittagstische, Wanderungen, Treffpunkte oder Bürgerbusse, die in Zeiten von Corona auch Impffahrten begleitet haben. Hinzu kommen Jugendtreffs, (Migrations-)Beratungsstellen, vielfältige Unterstützung für ältere Menschen sowie Spendenaktionen beispielsweise nach der Flut. Zwei angestellte Ehrenamtskoordinatoren des Bezirksverbandes unterstützen die Projekte.
Als Gäste bei der Bezirkskonferenz hat die AWO Pfalz unter anderem Alexander Schweitzer empfangen, den rheinland-pfälzischen Minister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, sowie Dr. Klaus Weichel, den Oberbürgermeister der Stadt Kaiserslautern. Zwei Grußworte kamen per Video: Ministerpräsidentin Malu Dreyer sprach, ebenso der Vorstandsvorsitzende des AWO-Bundesverbandes, Jens Schubert. Weitere AWO-Gäste waren persönlich anwesend: Rudi Frick, er ist stellvertretender Vorsitzender des Präsidiums des Bundesverbandes sowie Vorsitzender von AWO International und Vorsitzender der AWO Rheinland, und auch Marcel Dubois, der Landesvorsitzende der AWO Saarland. Ein Grußwort kam außerdem von Hans Müller, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der Naturfreunde in Rheinland-Pfalz.