Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse und Kämmerer Dieter Feid haben in der Stadtratssitzung am Montag, 13. Oktober 2014, den Doppelhaushalt für die Jahre 2015 und 2016 vorgestellt. Der Entwurf weist im Vergleich zu den Ansätzen 2014 trotz der Fortsetzung der verantwortungsvollen und nachhaltigen Konsolidierungsanstrengungen sowohl im Ergebnis- als auch im Finanzhaushalt spürbar höhere Fehlbeträge aus.
In ihren Etatreden betonten Dr. Lohse und Feid, dass ein Haushaltsausgleich oder gar ein Abbau von Altfehlbeträgen unter den derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen kaum mehr möglich ist. Beide verlangten von Bund und Ländern, die kommunalen Finanzen dauerhaft auf eine solide Grundlage zu stellen. Bund und Länder sollten aufhören, den Städten immer neue Aufgaben im sozialen Bereich aufzuerlegen, ohne deren Kostenfolge ausreichend zu berücksichtigen, ergänzten sie.
Wie vielen anderen Städten falle es Ludwigshafen aufgrund der unzureichenden finanziellen Ausstattung immer schwerer, sich selbst zu verwalten sowie ihre kommunale Aufgabe gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu erfüllen.
"Die kommunale Selbstverwaltung ist aber ernsthaft in Gefahr, wenn wie im Haushalt der Stadt Ludwigshafen nur noch sieben Prozent auf sogenannte freiwillige Aufgaben entfallen", erklärte Dr. Eva Lohse.
Jahresfehlbeträge steigen auf über 70 Millionen Euro pro Jahr
Die veranschlagten Jahresfehlbeträge 2015 und 2016 verschlechtern sich dem Budgetentwurf zufolge gegenüber 2014 deutlich und belaufen sich auf 74,8 Millionen Euro beziehungsweise 73 Millionen Euro (2014: 60,4 Millionen Euro). Kernproblem des städtischen Haushaltes bleibt – trotz der Übernahme der Kosten für die Grundsicherung durch den Bund und trotz neuer finanzkraftunabhängigen Schlüsselzuweisungen des Landes Rheinland-Pfalz – das weitestgehend fremdbestimmte und gewaltige strukturelle Defizit im Bereich der Sozialen Sicherung.
Einschließlich aller Ausgleichsleistungen durch Bund und Land sowie einschließlich der eigenen Personalkosten erwartet die Stadt ein strukturelles Gesamtdefizit im Bereich der Sozialen Sicherung in Höhe von 137,8 Millionen Euro im Jahr 2015 und 139,2 Millionen Euro im Jahr 2016. Dies bedeutet, dass weniger als die Hälfte aller Aufwendungen im Bereich der Sozialen Sicherung durch Erträge gedeckt werden, das heißt von Ludwighafen getragen und finanziert werden muss.
"Hier wird besonders deutlich, warum grundlegende Veränderungen in der deutschen Finanzverfassung dringend erforderlich sind", sagte Feid.
Wichtige Zukunftsinvestitionen sind gesichert
Trotz der angespannten Haushaltslage sind wichtige Zukunftsinvestitionen in den Jahren 2015 und 2016 gesichert. Das veranschlagte Gesamtinvestitionsvolumen beträgt in beiden Planungsjahren zusammen 116,2 Millionen Euro. Davon werden 58,2 Millionen Euro insbesondere durch Investitionszuwendungen des Landes, Beiträge und ähnliche Entgelte gedeckt. Die verbleibenden 58 Millionen Euro müssen kreditfinanziert werden. "Denn auch wenn unsere Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist, was in keiner Weise unsere Schuld ist, haben wir trotzdem einen Gestaltungswillen", erklärte die Oberbürgermeisterin. "Mit diesem Haushaltsentwurf positionieren wir die Stadtentwicklung in den nächsten zwei Jahren." Als wichtige Investitionsbereiche des städtischen Lebens nannte Dr. Lohse unter anderem Kindergärten und Schulen, die Stadtbibliothek, die Weiterentwicklung der Innenstadt sowie die Verkehrsinfrastruktur.
Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes ab 1. Januar 2015
Zum 1. Januar 2015 ist die Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes von derzeit 375 Prozent auf 405 Prozent geplant. Dies entspricht einer Erhöhung von acht Prozent für Kapitalgesellschaften nach drei Jahren eines konstanten Hebesatzes. Das zukünftige Hebesatzniveau wird damit im rheinland-pfälzischen Landesdurchschnitt liegen, aber immer noch deutlich unter dem Durchschnitt der Städte über 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner ohne Ludwigshafen. "Vor dem Hintergrund der hier im Stadtrat oft diskutierten, besonderen Situation der Stadt Ludwigshafen haben wir diesen Vorschlag intensiv geprüft und diskutiert", erklärte Feid.
"Wir glauben mit einer Hebesatzerhöhung auf 405 Prozent einen verantwortungsvollen Weg zu gehen, der die knapp 2.200 Gewerbesteuer zahlenden Personen- und Kapitalgesellschaften in Ludwigshafen nicht überfordert und gleichzeitig einen spürbaren Beitrag dazu leistet, unsere Einnahmensituation nachhaltig zu verbessern. "
Neujustierung der Finanzströme durch Bund und Länder gefordert
Trotz dauerhafter, intensiver Spar- und Konsolidierungsanstrengungen gehört die nach wie vor wirtschaftsstarke Stadt Ludwigshafen seit vielen Jahren zu den zwanzig am höchsten verschuldeten Städten in Deutschland. Diese Entwicklung ist das Ergebnis einer mittlerweile in die Jahre gekommenen Finanzverfassung in der sich Ausgleichssysteme viel zu sehr an der Finanzkraft beziehungsweise an den Einnahmen und viel zu wenig an den Bedarfen beziehungsweise an den notwendigen Ausgaben orientiert.
"Es geht vor allem darum, den im Grundgesetz verankerten Prinzipien der kommunalen Selbstverwaltung und der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse wieder nachhaltig Geltung zu verschaffen", erklärte Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse.
Die gesamte investive und konsumtive Verschuldung Ludwigshafens steigt bis Ende 2016 voraussichtlich auf circa 1,3 Milliarden Euro an. Dies entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von knapp 8.000 Euro. Neben der Höhe bleibt aus ökonomischer Sicht besonders die Zusammensetzung der Gesamtverschuldung – voraussichtlich rund 421 Millionen Euro Investitionskreditschulden und rund 877 Millionen Euro Liquiditätskreditschulden – besorgniserregend. Die geplante Neuverschuldung für die Jahre 2015 und 2016 in Höhe von insgesamt 138 Millionen Euro muss voraussichtlich zu mehr als 80 Prozent durch die Aufnahme neuer Liquiditätskredite finanziert werden. Angesichts dieser Zahlen forderte Kämmerer Feid eine Neuorganisation der Finanzen.
"Nur wenn Strukturen und Finanzströme grundlegend neu justiert werden, können Städte wie Ludwigshafen einen mittel- und langfristig tragfähigen Ausweg aus der derzeitigen ,Verschuldungsfalle‘ erhalten", betonte Feid.
Um der Forderung nach einer besseren finanziellen Ausstattung Ludwigshafen noch mehr Nachdruck zu verleihen, schlug Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse, die auch Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages ist, dem Aktionsbündnis "Raus aus den Schulden – für die Würde der Städte" beizutreten, das am 21. November 2014 in Kaiserslautern gegründet werden soll.
"Es ist ein Zusammenschluss auf Zeit von hoch verschuldeten Städten mit hohen strukturellen Defiziten, die auf diese Art und Weise gemeinsam auf ihre spezifischen Probleme aufmerksam machen wollen", führte sie weiter aus.