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Stadt trauert um früheren Stadtarchivar Dr. Willi Breunig
Die Stadt Ludwigshafen trauert um den früheren Leiter des Stadtarchivs, Dr. Willi Breunig. Wie erst vor jetzt bekannt wurde, ist Dr. Willi Breunig am 23.Oktober 2021 im 89. Lebensjahr verstorben. „Dr. Willi Breunig hat die Grundlagen dafür gelegt, dass unser Stadtarchiv heute landesweit Standard setzt. Durch seine unermüdliche Tätigkeit, die er seit 1964 als zweiter Archivar und von 1990 bis 1998 als Leiter der Einrichtung entfaltete, sorgte er unter anderem dafür, dass Ludwigshafen eine fast vollständige Überlieferung an Akten von der Gründung der Gemeinde an besitzt“, so Bürgermeisterin Prof. Dr. Cornelia Reifenberg. Nicht nur habe Breunig in den sechziger und siebziger Jahren die überaus wertvollen Aktenschätze der städtischen Altregistratur ins Archiv überführen und so sichern lassen. Die heute selbstverständliche Abgabe allen alten Schriftguts der städtischen Bereiche an das Archiv sei durch ihn schon lange vor dem Erlass des Archivgesetzes initiiert worden, und die Stadt sei dadurch eine der wenigen im Land, die keine riesigen Überlieferungslücken für die Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs habe.
Hunderttausende von Aktenbänden hat Breunig eigenhändig auf ihre „Archivwürdigkeit“ geprüft und für ihre angemessene Verzeichnung gesorgt, so dass sie heute der Bürgerschaft als historische Quellen zugänglich sind. Die Systematik der so häufig benutzten, inzwischen über 60.000 Aufnahmen umfassenden Fotosammlung geht ebenso auf ihn zurück wie der umfassende Ausbau der bis ins 16. Jahrhundert zurückreichenden Sammlung von Gesetzestexten.
Besondere Akzente setzte Dr. Willi Breunig mit dem Erwerb verschiedener Nachlässe, die unverzichtbare Quellen für die Geschichte der Stadt bieten. Die Übernahme der Papiere des Gründers der pfälzischen Sozialdemokratie, Franz Josef Ehrhart, legte den Grund für eine stetig wachsende Sammlung von Materialien zur Ludwigshafener und regionalen Arbeiterbewegung und Sozialdemokratie, die er mit dem Erwerb der Nachlässe von Herbert Müller und Hans Lutz entscheidend bereicherte. Aufsehen erregte der Ankauf des „William-Dieterle-Archivs“, das dem in Ludwigshafen gebürtigen Hollywood-Regisseur auch in seiner Heimatstadt ein besonderes Denkmal setzt. Breunig hat die im Archiv verwahrten Erinnerungen Dieterles in zwei Bänden herausgegeben.
Der Mannheimer, der mit Leib und Seele Ludwigshafener wurde und – nach einer kaufmännischen Ausbildung – in Heidelberg neben Geschichte auch Germanistik und Philosophie studierte, hat immer die archivische mit der historisch-wissenschaftlichen Arbeit verbunden. Seine von Werner Conze betreute Dissertation zu den sozialen Verhältnissen und der sozialistischen Arbeiterbewegung in Ludwigshafen 1869 bis 1919 war eine der ersten anspruchsvollen Arbeiten zur Ludwigshafener Stadtgeschichte. In den folgenden Jahrzehnten hat er zahlreiche Wissenschaftler zu weiteren Forschungen angeregt und selbst seine immer tiefere Kenntnis der jungen Stadt am Rhein zu zahlreichen Veröffentlichungen besonders im Bereich der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte genutzt.
Von 1995 an wurde er zum „Vater der Stadtgeschichte“, als er den Stadtrat dazu bewegte, die Mittel für die erstmalige umfassende wissenschaftliche Darstellung der Entwicklung Ludwigshafens für das 150-jährige Stadtjubiläum 2003 bereitzustellen. Das Werk, in dem auch er einen Abschnitt verfasste, erschien in den Jahren 2003 bis 2005.
Auch im Ruhestand blieb Breunig einer der besten Kenner der Stadt, dem neben der Geschichte auch Musik, Theater und Philosophie viel bedeuteten.