OB Lohse: Differenziertes und nachvollziehbares Meinungsbild

Ludwigshafen - Eine Stadt im Umbruch

"City West: Abriss der Hochstraße Nord… und was kommt danach?": Diese Frage stand vom 20. Januar bis zum 20. Februar im Mittelpunkt einer medienübergreifenden Bürgerbeteiligung um eines der größten Infrastrukturvorhaben in der Geschichte der Stadt Ludwigshafen. Die ausführliche Dokumentation mit der Auswertung der Bürgerinformations-beteiligung liegt seit dem heutigen Freitag vor.

"Die Bürgerbeteiligung "Ludwigshafen diskutiert" ist ein freiwilliges und konsultatives, also beratendes, Verfahren. Vorrangiges Ziel der Öffentlichkeitsbeteiligung war und ist der Austausch und die Sichtbarmachung möglichst vieler Argumente aus der Bürgerschaft, die bei der Entscheidung für eine Variante zu berücksichtigen sind. Die zusätzlich erhobenen Votingergebnisse sind ein Meinungsbild der Bürgerinnen und Bürger von Ludwigshafen und Umgebung, die sich für die Hochstraße interessieren und sich als Teilnehmende mit den Planungsvarianten und Argumenten auseinandergesetzt haben – und damit eine Ergänzung zu den Argumenten, die aus Sicht der Bürger bei der Auswahl einer Variante berücksichtigt werden sollten", erläutert Dr. Oliver Märker, Gründer und Geschäftsführer des die Stadtverwaltung im Dialogprozess begleitenden Unternehmens Zebralog.

Im Internet, bei Bürgerforen, per Fragebogen oder direkt vor Ort konnten sich interessierte Bürgerinnen und Bürger rund um das Thema Abriss und Ersatzbau der Hochstraße Nord informieren, Fragen stellen sowie Anregungen und Kritik äußern. Dabei wurde anhand von sieben Themenfeldern diskutiert. Deren Wichtigkeit als auch die vier zur Debatte stehenden baulichen Alternativen zur kaputten Hochstraße Nord konnten danach bewertet werden. Diese waren: die "Hochstraße neu" als Neuaufbau in bestehender Führung; die "Hochstraße versetzt" als Neuaufbau, leicht südlich verlegt; die "Stadtstraße kurz" als kürzere ebenerdige Straße zwischen Lorientallee und Rathaus-Center und die "Stadtstraße lang" als längere ebenerdige Straße zwischen Lorientallee und Rheinuferstraße. Eine deutliche Mehrheit der Teilnehmenden sprach sich dabei für die Variante einer langen, ebenerdigen Straße als Ersatz für die beschädigte Brückenkonstruktion aus. Wichtigste Themenfelder sind aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger: Verkehr, Entwicklungschancen, Kosten und Bauzeiten.

Das medienübergreifende Dialogverfahren, das Zebralog gemeinsam mit der Stadtverwaltung Ludwigshafen und der W.E.G. WirtschaftsEntwicklungsGesellschaft mbH entwickelt und begleitet hat, verfolgte dabei das Ziel, Menschen in Stadt und Region umfassend und transparent über die Komplexität der Planung und das weitere Verfahren zu informieren. Auf dieser Basis konnten alle Interessierten mit Ingenieuren, Stadtplanern und Verkehrsexperten sowie untereinander diskutieren und Bewertungen vornehmen. Alle Beiträge wurden erfasst, zugeordnet und flossen zu einem Meinungsbild zusammen, das nun als Abschlussdokumentation der zu Ende gegangenen Beteiligungsphase vorliegt.

"Entstanden ist ein differenziertes, gut begründetes und nachvollziehbares Meinungsbild, das in den weiteren Entscheidungsprozess einfließen wird. Uns war es wichtig, dass alle vier Varianten, die wir gleichberechtigt zur Diskussion gestellt haben, technisch machbar und zugleich förderwürdig sind. Jede Variante hat Vor- und Nachteile. Diese haben wir zur Diskussion gestellt. Dabei war es uns ein großes Anliegen, den Beteiligungsprozess so barrierearm und offen wie möglich zu gestalten. Internet, Bürgerforen, Spaziergänge, Sonderausgabe der neuen Lu: Es gab viele unterschiedliche Möglichkeiten, sich zu informieren und zu beteiligen, und wir freuen uns sehr über die große Resonanz, auf die unser Angebot gestoßen ist", erklärte Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse.

Die Abschlussdokumen-tation, die den öffentlichen Diskurs auswertet und erläutert, wird ins Internet gestellt und an die Mitglieder des Stadtrates verschickt. Am Montag, 24. März, wird der Stadtrat in einer Sondersitzung zur Frage "City West: Abriss der Hochstraße Nord… und was kommt danach?" diskutieren und über eine Vorzugsvariante abstimmen. Diese so genannte Vorzugsvariante ist die planerische Grundlage für die weiteren Verhandlungen um Fördergelder, die die Stadtverwaltung mit dem Land und dem Bund führt.

Für Bau- und Umweltdezernent Klaus Dillinger, zugleich Geschäftsführer der W.E.G. WirtschaftsEntwicklungsGesell-schaft mbh Ludwigshafen, ergeben sich aus dem Beteiligungsdialog viele wichtige Anregungen, die im weiteren Planungsprozess mitgedacht und bearbeitet werden.

"Über alle Varianten hinweg wurde der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs diskutiert. Dabei geht es um die zentrale Frage, wie wir als Stadtgesellschaft künftig Mobilität verstehen und leben. Im vergangenen Herbst hatten wir das Thema Mobilität zum Schwerpunkt der Ludwigshafener Klimawochen gemacht. Anfang des Jahres haben wir die Rhein-Neckar Verkehr GmbH (RNV) gebeten, eine Potenzialanalyse für die künftige Entwicklung des ÖPNV in Ludwigshafen zu erstellen. Diese im Sommer vorliegenden Ergebnisse würden wir in die Vorzugsvariante einspeisen und diskutieren. Außerdem ist es, einen weiteren Hinweis aufgreifend, unser Bestreben, das Netz für Radfahrerinnen und Radfahrer im gesamten Bereich zu verbessern", nennt Dillinger ein Beispiel.

Aus Sicht der W.E.G. hält Dillinger vor allem auch die Diskussion um die den jeweiligen Varianten innewohnenden Entwicklungschancen für sehr wichtig. City West sei von Anfang an als Teil und Fortsetzung des Stadtumbauprozesses verstanden worden. Ziel des planerischen Verfahrens als auch der Beteiligung sei es, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeiten einer zukunftsfähigen innerstädtischen Bebauung auszuloten.

"Die Kosten – sowohl die Herstellungs- als auch die Folgekosten für die Instandhaltung – spielen bei allen Varianten aus Sicht der Menschen eine wichtige Rolle. Sie haben in der Vergangenheit immer wieder erlebt, dass sich große öffentliche Infrastrukturvorhaben in Deutschland deutlich verteuert haben und begegnen Prognosen insoweit verständlicherweise mit Skepsis. Aus diesem Grund hat die Planungsgemeinschaft sehr umfangreiche Kostenschätzungen vorgenommen und alle aus heutiger Sicht zur Verfügung stehenden Zahlen auf den Tisch gelegt. Da wir aufgrund der nun anstehenden Verhandlungen, der notwendigen weiteren vertiefenden Planungen und bauplanungsrechtlichen Verfahren einem Baubeginn im Jahr 2018 anstreben und die Bauarbeiten – je nach Variante – mindestens acht bis zwölf Jahre dauern werden, möchte ich gleichwohl ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Kosten im weiteren Verlauf voraussichtlich immer wieder angepasst werden müssen. Dies werden wir offen und nachvollziehbar kommunizieren. Zunächst jedoch werden wir in den kommenden Tagen die nun vorliegende Auswertung hinsichtlich aller Themenfelder und Bewertungen sehr sorgfältig durcharbeiten und politisch erörtern", sagte Kämmerer und Beigeordneter Dieter Feid.

City West: Worum es geht

Die Hochstraße Nord ist eine das Stadtbild von Ludwigshafen prägende Verkehrsader und wirtschaftlich zentrale Infrastruktur. Sie ist so stark beschädigt, dass eine Sanierung der bestehenden Brückenbauwerke nicht möglich ist. Unter dem Motto "City West – Raum für neue Stadtideen" suchte die Stadtverwaltung daher unter Einbeziehung vieler Expertinnen und Experten nach einer stadt- und umweltverträglichen sowie wirtschaftlich darstellbaren Lösung für die neue Straße. Diese soll der Leistungsfähigkeit der – vor allem auch als überregionale Verkehrsverbindung genutzten Straße – gerecht werden. Am Ende einer intensiven Beteiligungsphase unter der Überschrift "City West: Abriss der Hochstraße Nord… und was kommt danach?" soll der Stadtrat am 24. März 2014 über eine Vorzugsvariante entscheiden. Auf dieser Basis führt die Stadtverwaltung weitere Verhandlungen über Fördergelder mit Land und Bund.

Insgesamt wurden im Vorfeld der Beteiligung 21 Hauptvarianten mit 54 Untervarianten geprüft und etliche wieder ausgeschlossen. Nach Abschluss der Prüfung blieben vier Varianten übrig. Diese vier Varianten sind:

  • die "Hochstraße neu" als Neuaufbau in bestehender Führung;
  • die "Hochstraße versetzt" als Neuaufbau, leicht südlich verlegt;
  • die "Stadtstraße kurz" als kürzere ebenerdige Straße zwischen Lorientallee und Rathaus-Center und
  • die "Stadtstraße lang" als längere ebenerdige Straße zwischen Lorientallee und Rheinuferstraße.

Alle vier Varianten sind leistungsfähig hinsichtlich des Verkehrsaufkommens und technisch machbar. Im Zuge des Konsultationsverfahrens wurden sie unter den Gesichtspunkten Bauzeiten, Entwicklungschancen, Kosten, Nachbarn, Raumgefühl, Umwelt und Verkehr ausführlich erörtert.

City West: Schritte der Beteiligung

  • Juni/Juli 2013: Erarbeitung eines Beteiligungskonzeptes
  • 10. Dezember 2013: Freischalten der Vorschaltseite www.ludwigshafen-diskutiert.de
  • 20. Januar bis 20. Februar 2014: moderierter Online-Dialog auf www.ludwigshafen-diskutiert.de
  • Januar und Februar 2014: acht geführte Spaziergänge unter der Hochstraße Nord
  • Ab 20. Januar 2014: Verteilung des Stadtmagazins neue Lu mit integriertem Fragebogen
  • 20. Januar 2014: Drittes Bürgerforum im Pfalzbau
  • 21. Januar bis 24. März 2014: Ausstellung mit Infotafeln zu allen Varianten und Themenfeldern im ersten Stockwerk des Rathauses
  • 4. bis 20. Februar 2014: Ausstellung im Rathaus-Center
  • 5. Februar 2014: Viertes Bürgerforum im Pfalzbau
  • 18., 20. und 23. Februar 2014: Informationsveranstaltungen für interessierte Schulklassen
  • 26. Februar: Veröffentlichung der quantitativen Auswertung aus dem Beteiligungsprozess
  • 14. März: Veröffentlichung der Abschlussdokumentation und der Auswertung aller Fragen, Anregungen und Bewertungen

City West: das Beteiligungsverfahren in Zahlen

Während der vierwöchigen aktiven Beteiligungsphase wurden 9.787 individuelle Besucherinnen und Besucher der Online-Plattform www.ludwigshafen-diskutiert.de mit mehr als 142.600 Seitenaufrufen registriert. Rund 1.000 Menschen nahmen an den beiden öffentlichen Bürgerforen teil, 184 Bürgerinnen und Bürger erkundeten bei den geführten Spaziergängen das Gelände unter der Hochstraße und rund 150 Personen gaben der Verwaltung eine schriftliche Rückmeldung mittels der ausgefüllten Fragebogen aus der Sonderausgabe der neuen Lu.

City West: Wie es weitergeht

Am Mittwoch, 19. März, erörtert und beschließt der Stadtvorstand in Vorbereitung auf die Stadtratssitzung den Vorschlag der Verwaltung zur Vorzugsvariante. Am Montag, 24. März, 15 Uhr, öffentliche Sondersitzung des Stadtrates mit der Entscheidung für eine Vorzugsvariante. Im Anschluss an die Stadtratsentscheidung nimmt die Stadtverwaltung weitere Verhandlungen und erste gemeinsame Gespräche mit Land und Bund hinsichtlich einer angemessenen Mitfinanzierung auf. Parallel dazu arbeitet die Stadtverwaltung an der so genannten Entwurfsplanung mit dem Ziel, im kommenden Jahr die Grundlage für den förmlichen Förderantrag und das Genehmigungsverfahren zu schaffen.

Bericht im Internet

Der Auswertungsbericht zu Ludwigshafen diskutiert finden Sie im Internet unter www.ludwigshafen.de/nachhaltig/city-west/buergerbeteiligung/.