Am vergangen Mittwochabend haben sich die Freien Wähler in einer erweiterten Fraktionssitzung nach Abwägen aller Vor- und Nachteile letztlich für die „Stadtstraße lang“ entschieden. Dabei wurde aber auch deutlich, dass aus Sicht der FWG keine der vier angebotenen Varianten letztendlich optimal ist.
Ludwigshafen baut als einzige Kommune im Land mitten durch die Innenstadt eine autobahnähnliche Straße und holt damit nicht nur den Pkw- sondern auch den Lkw-Verkehr (!) runter in die City.
Die FWG führte in den letzten Wochen intensive Gespräche u.a. mit Repräsentanten der Stadtspitze, erstellte einen inzwischen bereits beantworteten Fragekatalog und hat zur Entscheidungsfindung auch die Meinungen von externen Stadtplanern hinzugezogen. Dass die meisten von einer neuen Hochstraße abrieten, ist in die Entscheidung eingeflossen. Das Ergebnis ist, dass die FWG-Fraktion trotz großer Bedenken nach der derzeitigen Sachlage in der Ratssitzung am 24. März für die „Stadtstraße lang“ unter den folgenden Vorbehalten zustimmen wird:
1. Rathaus-Center: Derzeit gibt es keine konkreten Vorstellungen über Art, Kosten und Finanzierung eines sicher notwendigen Ersatzbaus, der für die Teile des Centers, die an der Nordseite abgerissen und der „langen Stadtstraße“ weichen müssen, angedacht ist. Es seien nach jüngsten Aussagen des Baudezernenten – entgegen anderslautenden Berichten in der Presse (Rheinpfalz vom 27.2.14) – in den Baukosten von 267 Mio. Euro der langen Stadtstraße zwar die Abrisskosten, nicht aber die Kosten eines Anbaus an der Center-Westseite enthalten. Insofern täuscht die Kostengegenüberstellung der vier Varianten den Betrachter. Ohne einen Anbau, der die verlorenen Flächen ersetzt, so sieht es die FWG, wäre das Center insgesamt gefährdet. Aber ohne ein funktionierendes Rathaus-Center stünde das Rathaus der Stadt ziemlich verloren da. Die Idee der Erbauer in den siebziger Jahren, nämlich Rathaus und „Markt“ zu verbinden, würde wegbrechen.
2. Auch ist die Höhe der Entschädigungen an die Center-Geschäfte wegen Kaufkraftverluste während der voraussichtlich achtjährigen Bauphase noch nicht „eingepreist“. Es gibt von Seiten der Stadt hierzu noch keinerlei Vorstellungen!
3. Das größte Problem werden aber nach Ansicht der Freien Wähler die Forderungen des Center-Betreibers ECE und des Eigentümers (Fonds) sein. Diese könnten letztlich so hoch sein, dass die lange Stadtstraße nicht mehr zu finanzieren wäre. Kommt dann automatisch die kurze Stadtstraße, die heute keiner gut findet? In eine erneute Hochstraßendiskussion dann wieder einzutreten, hält die Stadtratsfraktion für wenig realistisch und äußerst schwierig. Aus diesem Grund schlägt die FWG-Fraktion vor, eine endgültige Entscheidung erst nach verbindlichen Absprachen mit der ECE und den Repräsentanten des Fonds zu treffen.
4. Immer noch als problematisch sieht die FWG die enorme Breite (49m !) der Stadt-Straße lang an. Deshalb forderte die FWG-Fraktion bekanntlich die Stadtspitze auf, diese Breite einmal auf einer Straße abzubilden, damit sich jeder Bürger selbst ein Bild hätte machen können. Entgegen der schriftlichen Aussage der OB, dies ließe sich aus technischen Gründen nicht abbilden, hat die FWG am vergangenen Sonntagvormittag bei wenig Verkehr in der Haveringallee (von der Bushaltestelle bis zum Europaplatz) die Originalbreite mit Kreide auf der Straße aufgezeichnet. Es ist schon enorm, wenn man diese Dimension so deutlich vor Augen hat. Diese Straße führt zu einer starken Trennung der nördlichen und südlichen Innenstadt, was offensichtlich auch die beiden Ortsvorsteher Heller (Mitte/Süd) und Priolo (Nord) befürchten. Dann sollen wohl noch, was in den Planungen bisher fehlt, neben Parkplätzen auch noch Bushaltestellen entstehen. Insbesondere in den Zeiten des Berufsverkehrs befürchtet die FWG dadurch erhebliche Störungen im fließenden Verkehr. Hierzu sollte die RNV zeitnah Stellung beziehen!
5. Ein weiteres Problem sieht die FWG mit den Lastwagen, die von der Hochstraße mitten in die Stadt geholt werden. Im Moment fällt der Lkw-Verkehr nicht sehr auf, weil es ja die bekannten Lkw-Sperren auf der LU-Seite der Kurt-Schumacher-Brücke gibt. Dadurch wird der Schwerlastverkehr fern gehalten. Könnte hier überhaupt eine Sperrung für LKWs ab einer bestimmten Größe angeordnet werden. Auch diese Frage ist noch nicht beantwortet.
6. Erneuern will die FWG auch noch einmal ihre Forderung nach einem „Baustellen-Ticket“ im ÖPNV während der Bauphase.