Gießen (ots) – Drei der festgenommenen Männer stehen im dringenden Verdacht, für eine Geldautomatensprengung im mittelhessischen Hungen verantwortlich zu sein. Die Beschuldigten sind 19, 25 und 33 Jahre alt. Die Tat ereignete sich in der Nacht auf den 13.01.2022. Bei der Explosion mittels Festsprengstoff zerbarsten mehrere Fenster, die Deckenverkleidung des Bankgebäudes stürzte ein. Gegenüberliegende Häuser und ein Pkw wurden durch die Druckwelle stark beschädigt.
Insgesamt entstand ein Sachschaden von mehreren Hunderttausend Euro. Verletzt wurde glücklicherweise niemand. Im Anschluss flüchteten die Täter in einem BMW mit hoher Geschwindigkeit über die Autobahn.
Noch in derselben Nacht wurde das Fahrzeug bei Kassel beschädigt und verlassen aufgefunden. Es stellte sich heraus, dass die am Wagen angebrachten Kennzeichen in Tatortnähe gestohlen worden waren.
Umfangreiche Ermittlungen des Polizeipräsidiums Mittelhessen, eine Spurenauswertung und die Zusammenarbeit mit den Behörden in Deutschland und den Niederlanden führten dann zum dringenden Tatverdacht gegen die 4 Männer.
Unterstützt wurde die Polizei in Mittelhessen und der heutige Aktionstag vom Hessischen Landeskriminalamt (HLKA). Das HLKA widmet sich in enger Zusammenarbeit mit den hessischen Polizeipräsidien sowie den nationalen und internationalen Sicherheitspartnern der Bekämpfung des Phänomens “Sprengung von Geldautomaten” mit hohem Engagement und einer Vielzahl von polizeilichen Maßnahmen.
Aufgrund hoher Fallzahlen, der erhöhten Gefährdung für die Bevölkerung sowie der umfangreichen Ermittlungen, hat die hessische Polizei aus der bereits bestehenden Arbeitsgruppe für die Bekämpfung dieses Phänomens die besondere Aufbauorganisation “effectus” im HLKA eingerichtet. Neben der Bündelung aller Erkenntnisse aus Hessen, dem Bundesgebiet und auch international steht die Koordination sowohl repressiver als auch präventiver Maßnahmen im Vordergrund.
Sprengungen von Geldautomaten beschäftigen seit geraumer Zeit Justiz- und Polizeibehörden in ganz Deutschland. Jetzt gelang deutsch-niederländischen Ermittlungskräften unter Koordination der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück und der Staatsanwaltschaft Osnabrück ein bundesweiter Coup.
Am Dienstag 28.06.2022 durchsuchten in einer konzertierten internationalen Polizei- und Justiz-Aktion rund 100 Beamte aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen und den Niederlanden 16 Objekte, darunter Geschäfts- und Wohnadressen sowie Adressen von Fahrzeugverleihfirmen. Weitere 12 zum Verfahren gehörende Objekte wurden bereits Tage zuvor durchsucht. 13 mutmaßliche Geldautomaten-Sprenger konnten festgenommen werden. Eine der Festnahmen erfolgte am Dienstag in den Niederlanden, in der Nähe von Helmond. Die weiteren bereits Tage bzw. Wochen zuvor.
An dem Großeinsatz und den umfangreichen Ermittlungen waren neben der Zentralen Kriminalinspektion und der Staatsanwaltschaft Osnabrück, die Staatsanwaltschaft Mainz, das Landeskriminalamt Rhein-land-Pfalz, die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main und das Hessische Landeskriminalamt sowie das Polizeipräsidium Mittelhessen, die Staatsanwaltschaft Amsterdam (Openbaar Ministerie) und die Polizei (Politie) Amsterdam in enger Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt und Europol beteiligt.
Unter anderem fanden die Ermittler bei den Durchsuchungen über 80 Mobiltelefone, mehrere PC und Tablets wie auch zahlreiche elektronische Datenträger. Alleine in einem durchsuchten Objekt in Recklinghausen befanden sich 35 Handys. Noch dazu konnten 1 Jammer und gestohlene Kennzeichen sowie Kennzeichen-Duplikate in einem Objekt in den Niederlanden festgesellt werden. Auch mutmaßliche Täterbekleidung sowie diverse Unterlagen und Ordner wurden sichergestellt. Bei einer Durchsuchung in den Niederlanden (bei Helmond/NL) zogen die Einsatzkräfte zudem einen Audi S 5 sowie ein Motorrad BMW GS im Wert von ca. 40.000 Euro im Rahmen der Vermögensabschöpfung ein.
Nach jetzigem Stand stehen 17 Mitglieder einer Tätergruppierung aus den Niederlanden im dringenden Verdacht, in unterschiedlicher Zusammensetzung insgesamt 12 Geldautomatensprengungen in Deutschland verübt zu haben. 6 in Rheinland-Pfalz, 3 in Nordrhein-Westfalen, 2 in Niedersachsen und 1 in Hessen. Es entstand ein Sach- und Beuteschaden von mehr als 4 Millionen Euro.
Den Identifizierungen und Festnahmen gingen unter anderem monatelange verdeckte Ermittlungen voraus. Dabei wurde ein besonderer Fokus auf die Mietwagenfirmen gelegt, die die Tatfahrzeuge an die Sprenger vermieteten. Es gelang den Ermittlern, Erkenntnisse aus den verschiedenen Bundesländern und den Niederlanden zusammenzuführen und gemeinsam binnen eines halben Jahres die Ermittlungsarbeit erfolgreich zu beenden.
Hervorzuheben sind die hervorragende und intensive Zusammenarbeit der verschiedenen Bundesländer und insbesondere der enge Informationsaustausch mit den niederländischen Behörden, durch den dieser große deutsch-niederländische Schlag gegen die Geldautomatensprenger-Szene überhaupt erst möglich wurde. Die länderübergreifenden Ermittlungen gehen zudem zurück auf eine zentrale Auswertung des Bundeskriminalamts zu verschiedenen in den Jahren 2021 und 2022 in Deutschland erfolgten Geldautomatensprengungen. Seit Januar 2022 waren Polizei und Staatsanwaltschaften in den 4 beteiligten Bundesländern den Tätern auf der Spur. Dabei konnten die Ermittlungen auf europäischer Ebene durch die konzentrierte Mitwirkung von Europol vertieft und verdichtet werden.
Für die Sprengungen der Automaten verwendeten die Täter in den meisten Fällen Festsprengstoff. Ein Trend, den auch das Bundeskriminalamt für das gesamte Bundesgebiet bestätigt. Die Taten werden immer gefährlicher für Anwohner, Passanten und Einsatzkräfte. Auch das waghalsige Fluchtverhalten nach den Sprengungen ist von hoher krimineller Energie geprägt. Teilweise entfernten sich die PS-starken Fahrzeuge mit Spitzengeschwindigkeiten von über 250 km/h über die Autobahnen vom Tatort.
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