Neustadt an der Weinstraße – Mit (rechtskräftigem) Urteil vom 16. Mai 2022 (2 K 2067/20) hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass ein als arbeitsuchend gemeldetes Kind, das keine Leistungen von der Agentur für Arbeit bezieht und lediglich seiner allgemeinen Meldepflicht nicht nachkommt, keine Pflichtverletzung begeht, die zum Wegfall des Kindergeldes führt.
Der Kläger erhielt für seine Tochter Kindergeld, die zum 1. Mai 2016 eine Ausbildung zur Altenpflegerin aufgenommen hatte. Bereits im November 2016 kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis wegen einer problematischen Schwangerschaft und meldete sich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend. Ende Dezember 2016 meldete die Agentur für Arbeit die Tochter aus der Arbeitsvermittlung ab, weil sie ohne Angabe von Gründen nicht zu einem Termin erschienen und daher nicht verfügbar gewesen sei. Die Einstellung der Arbeitsvermittlung wurde der Tochter des Klägers, die zu diesem Zeitpunkt keine Leistungen von der Arbeitsagentur erhielt, nicht bekanntgegeben. In der Zeit von Januar 2017 bis Juni 2017 befand sich die Tochter des Klägers wegen Komplikationen in der Schwangerschaft und wegen einer Darmerkrankung mehrfach in stationärer Behandlung. Ihr Sohn kam im April 2017 als Frühgeburt zur Welt.
Im Januar 2020 erfuhr die beklagte Familienkasse vom Abbruch der Ausbildung im November 2016. Sie forderte das für die Zeit ab Januar 2017 gezahlte Kindergeld vom Kläger zurück, weil seine Tochter die Berufsausbildung abgebrochen habe und bei der Arbeitsvermittlung nicht bzw. nicht mehr als arbeitsuchendes Kind geführt worden sei.
Dagegen legte der Kläger erfolglos Einspruch ein und erhob dann Klage beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG).
Das FG gab der Klage für die Monate Januar 2017 bis Juni 2017 statt, weil der Kläger für diese Monate einen Anspruch auf Kindergeld für seine Tochter als arbeitsuchend gemeldetes Kind habe. Die Tochter sei zwar durch die Agentur für Arbeit zum 29. Dezember 2016 aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet worden, weil sie ohne Angabe von Gründen nicht zu einem Termin erschienen und daher nicht verfügbar gewesen sei. Die Einstellung der Arbeitsvermittlung sei der Tochter des Klägers allerdings nicht bekanntgegeben worden. Daher sei die Arbeitsagentur nur dann zur Einstellung der Vermittlung berechtigt gewesen, wenn das arbeitsuchende Kind eine Pflichtverletzung begangen hätte. Denn die Pflicht der Arbeitsagentur zur Vermittlung des Arbeitsuchenden bestehe grundsätzlich unbefristet. Bei einem Arbeitssuchenden, der – wie die Tochter des Klägers – keine Leistungen beziehe, dürfe die Arbeitsagentur die Vermittlung erst dann einstellen, wenn die dem Arbeitssuchenden z.B. in einer Eingliederungsvereinbarung oder in einem förmlichen Bescheid auferlegten Pflichten ohne wichtigen Grund nicht erfüllt worden seien. Eine solche Pflichtverletzung liege hier jedoch nicht vor, weil die Tochter des Klägers lediglich ihrer allgemeinen Meldepflicht i.S.v. § 309 Sozialgesetzbuch (SGB) III nicht nachgekommen sei.
Für die Monate ab Juli 2017 wurde die Klage abgewiesen, weil die Tochter des Klägers im Juni 2017 ihr 21. Lebensjahr vollendet hatte und ein als arbeitsuchend gemeldetes Kind kraft Gesetzes nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres berücksichtigt werden kann.