Kaiserslautern – Wie sich bei der Betonproduktion anfallende Restmengen kreislaufgerecht verwerten und so Ressourcen schonen lassen, haben Anja Tusch und Jonas Lillig untersucht.
Die beiden Nachwuchsforschenden arbeiten im Fachgebiet Werkstoffe im Bauwesen an der Technischen Universität Kaiserlautern (TUK) unter Leitung von Professor Dr.-Ing. Wolfgang Breit. Für ihr Forschungsprojekt „Steigerung des Frischbetonrecyclings in der Transportbetonindustrie“ haben sie jetzt den mit 10.000 Euro dotierten Otto von Guericke Preis 2022 erhalten. Das Forschungs- und Transfernetzwerk AiF zeichnet damit besondere Innovationsleistungen auf dem Gebiet der vorwettbewerblichen Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) aus.
Die Baubranche zählt zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen in Deutschland und ihre Produkte, wie Gebäude oder Straßen, sind für unseren Alltag unverzichtbar. Allein 300.000 Wohnungen wurden im vergangenen Jahr in Deutschland gebaut. Gleichzeitig ist Bauen rohstoff- und energieintensiv, insbesondere die Herstellung von Beton, zu dessen Hauptbestandteilen Zement, Wasser und Gesteinskörnung zählen.
„Bei der Transportbetonproduktion fallen Überschuss- und Restmengen an, die dem Wertstoffkreislauf relativ einfach wieder zugeführt werden können, wenn Restwasser und Gesteinskörnung in einer Recyclinganlage getrennt werden“,
erklärt Professor Wolfgang Breit, Fachgebietsleiter Werkstoffe im Bauwesen an der TUK. Obwohl die notwendigen Recyclinganlagen in fast allen Werken vorhanden sind, darf neuer Beton, laut Norm, aktuell höchstens fünf Prozent wiedergewonnene Gesteinskörnung enthalten.
„Aus Sicht der Hersteller ist eine Entsorgung des gewonnenen Materials aktuell fast immer einfacher umzusetzen als dessen Wiederverwendung“,
so Breit weiter.
Austauschquoten verfünffacht – Empfehlung für neue Beton-Norm
Ziel des Forschungsprojektes war es, zu untersuchen, wieviel wiedergewonnene Gesteinskörnung direkt im Beton wiedereingesetzt werden kann, ohne dabei eine Verschlechterung der Betoneigenschaften befürchten zu müssen.
„Wir wollten herausfinden, ob vor diesem Hintergrund eine Anpassung der aktuellen Norm nötig und sinnvoll ist. Dazu haben wir zunächst verschiedene Labor- und später auch Praxisversuche in Transportbetonwerken durchgeführt“,
sagt Anja Tusch aus dem TUK-Forscherteam.
„Unsere Untersuchungen zeigen, dass die wiedergewonnenen Gesteinskörnungen in ihren Eigenschaften denen von natürlichen gleichwertig sind, sodass Austauschquoten von bis zu 25 Prozent problemlos möglich sind. Daher haben wir gemeinsam mit dem projektbegleitenden Ausschuss eine Regelwerkempfehlung erstellt, die zur Überarbeitung der aktuell diskutierten nationalen Betonnorm dient“,
ergänzt ihr Teamkollege Jonas Lillig.
Ökologische und wirtschaftliche Vorteile für KMU
„Durch die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit sind wir als Transportbetonhersteller in der Lage, zukünftig nahezu 100 Prozent unserer Rest- und Rückbetonmengen wieder zu verarbeiten. Das schont zum einen unseren Geldbeutel und zum anderen auch wertvolle Ressourcen“,
betont Martin Unterluggauer von der TRAPOBET Transportbeton GmbH Kaiserslautern KG, die in die Praxisversuche einbezogen war. Da die Branche jährlich viele Millionen von Kubikmetern Beton produziere, stecke darin großes Potential. Das Hamburger Unternehmen TBN Transportbeton Nord GmbH & Co. KG, das jährlich fast 500.000 Kubikmeter Beton herstellt, hat sich, nach Aussage ihres Geschäftsführers Oliver Lindfeld, der Nachhaltigkeit als Leitgedanken verschrieben.
„Die Erhöhung des Anteils rezyklierter Materialien ermöglicht uns, noch nachhaltiger zu wirtschaften als bisher“,
so Lindfeld.
Dieses IGF-Vorhaben leiste daher einen aktiven Beitrag zur Ressourcenschonung im Bauwesen, von der alle kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Transportbetonindustrie profitieren, schätzt Andreas Tuan Phan, Geschäftsführer des AiF-Mitglieds Forschungsgemeinschaft Transportbeton e.V. – (FTB) ein und hebt abschließend hervor: „Die zeitnah geplante Einführung der neuen Betonnorm DIN 1045-2 bietet nämlich für Transportbetonhersteller enorme ökologische und wirtschaftliche Vorteile.“