Karlsruhe. Das Karlsruher Dokumentarfestival dokKa feiert in diesem Jahr das zehnjährige Jubiläum. Festivalleiter Nils Menrad freut sich: „Inzwischen haben wir ein stetig wachsendes Stammpublikum, das begeistert die Dokumentarfilme und Hördokumentationen verfolgt und sich anschließend intensiv an den Diskussionen beteiligt. Hinzu kommen in jedem Jahr neue Besucher:innen, die positiv davon überrascht sind, wie sich Kino-Dokumentationen von den im Fernsehen gezeigten Filmen unterscheiden. Nach der Corona-Pandemie kehren die Menschen ins Kinosäle zurück. Diese Entwicklungen bestärken mich in meinem Gefühl: das Kino hat Zukunft!“ Gleichzeitig macht sich Nils Menrad Gedanken um die Zukunft. „Das Festival ist über die Jahre gewachsen und es werden Grenzen für das Ehrenamt erreicht.
Langfristig kann dokKa nur – mit zumindest teilweise bezahltem Personal – seine
Erfolgsgeschichte fortschreiben.“ Die Schaffung einer Stelle wäre aus Sicht von Nils Menrad ein deutlichen Bekenntnis zu der bereits von der Stadtverwaltung getätigten Aussage, dass Karlsruhe eine Filmstadt ist.
Filme und Hördokus in Kinemathek und Schauburg
dokKa präsentiert vom 17. bis 21. Mai insgesamt 18 Dokumentarfilme und
Hördokumentationen in zwei Karlsruher Kinos. Zentraler Veranstaltungsort ist die
Kinemathek in der Kaiserpassage. Zusätzliche Vorstellungen finden zum zweiten Mal in der Schauburg in der Südweststadt statt. Der Auswahlkommission, die in diesem Jahr aus Christine Reeh-Peters, Wolfram Wessels, Carmen Beckenbach, Sebastian Schönfeld und Nils Menrad besteht, ist es gelungen, das fünftägiges Programm mit einer spannenden Festival-Dramaturgie zu versehen. Gezeigt werden Arbeiten, die in den letzten zwei Jahren entstanden sind und den Querschnitt der Themen widerspiegeln, mit denen sich Künstler:innen aktuell beschäftigen.
Eröffnungsfilm porträtiert Landleben in der Ukraine
„Drei Frauen“ heißt der diesjährige Eröffnungsfilm von dokKa. Der Autor Maksym Melnyk – in der Ukraine geboren und aufgewachsen – stellt in in seinem knapp 90minütigem Werk drei besondere Protagonistinnen vor: die Bäuerin Hanna, die Postbotin Maria und die Biologin Nelya. Sie leben in einem abgeschiedenen Dorf in den ukrainischen Karpaten, dessen Name sinngemäß „kalter Ort“ bedeutet. Dort, wo im Jahr von Wolodymyr Selenskyjs Wahlerfolg 2019 kaum noch junge Menschen leben, müssen die drei Frauen im täglichen Dasein mit der sozialen Realität und der Einsamkeit zurechtkommen. Der nach Wärme suchende Film porträtiert einen unbekannten Ort mitten in Europa, an dem die Menschen sich täglich
zwischen Weggehen und Bleiben entscheiden. Gezeigt wird er am 17. Mai um 19 Uhr.
Weitere Programm-Höhepunkte von dokKa.
Die Digitalisierung des Menschen schreitet voran, wird protegiert und ist kaum noch
aufzuhalten. Ob diese Aussagen stimmen, fragt sich Katharina Pethke in ihrem 45minütigem Dokumentarfilm „Uncanny Me“ – unheimliches Ich. Sie porträtiert die 26jährige Lale, die als Model arbeitet, aber gern auf die anstrengenden Shootings verzichten würde, indem sie sich ein virtuelles Duplikat zulegt. Doch nachdem sie die ersten Schritte zur Verdopplung gemacht hat, kommen ihr Bedenken. Was heißt es tatsächlich, rechtlich und moralisch, eine Doppelgängerin seiner selbst in die Welt zu setzen? Und – wirken computergenerierte Figuren inzwischen genauso real wie echte Menschen? Präsentiert wird der Film am 19. Mai um 15.30 Uhr.
Dass „Ihre Angst spielt hier keine Rolle“ ein herausragendes Hörfeature ist, zeigt die
Auszeichnung, die die Autorin Marie von Kuck bereits für ihr Werk erhalten hat. Ende
letzten Jahres erhielt sie in Potsdam den Prix Europa, den Oskar der Doku-Hörszene. Das Feature zeigt szenisch dicht auf, wie Familiengerichte den Schutz von Frauen aushebeln. Marie von Kuck berichtet von Frauen zwischen Gewalttätern, Gerichtsinstanzen und dem Jugendamt. Sie berichtet von Frauen, die gefangen sind zwischen der Angst vor der Gewalt und der Angst um ihre Kinder. Zu hören ist das rund 60 Minuten lange Stück am 18. Mai um 14.30 Uhr.
Online-Programm von dokKa bis zum 28. Mai
Auf www.dokka.de können Interessierte mit einem kostenpflichtigen Online-Pass vom 17. bis einschließlich 28. Mai viele Programmpunkte online verfolgen. Dazu gehören auch sämtliche Gespräche, die im Nachgang jeder Film- und Hörvorführung im Foyer der Kinemathek mit den Künstler:innen geführt werden.
Dokumentarfilm- und Hördoku-Enthusiast:innen dürfen sich in diesem Jahr auf einen
besonderen Höhepunkt freuen. Ebenfalls vom 17. bis 28. Mai können sie sich auf der Online-Plattform von dokKa auf eine Reise in die Vergangenheit des Festivals begeben. Zu sehen und zu hören sind zehn Filme und fünf Hörstücke, die in den letzten zehn Jahren bei dokKa liefen. Dazu sagt Festivalleiter Nils Menrad: „Kuratiert haben das Jubiläumsprogramm die sechs Auswahlkommissions-Mitglieder, die bisher aktiv waren bzw. sind. Entstanden ist ein Rückblick auf zehn Jahre Festivalgeschichte, das ist seiner Vielfalt und Eigenartigkeit einen besonderen Überblick über das dokumentarische Schaffen in der letzten Dekade ermöglicht.“
Filmgespräche beim gemeinsamen Frühstück
Nachdem das im letzten Jahr erstmalig veranstaltete dokKa-Frühstück ein großer Erfolg war, werden alle Festival-Besucher:innen erneut eingeladen. Am 20. und 21. Mai jeweils ab 10 Uhr gibt es im Passagehof in direkter Nachbarschaft der Kinemathek ein leckeres Buffet. Das gemeinsame Frühstücken bietet die beste Gelegenheit, mit anderen Gästen ins Gespräch zu kommen. Für dokKa Festivalpass-Inhaber:innen ist das Frühstück inklusive, alle anderen zahlen 5 Euro pro Person.
AGDOK-Treffen und Recherche-Stipendium
Am 20. Mai von 11 bis 13 Uhr bietet dokKa in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft
Dokumentarfilm (AGDOK) Südwest in der Kinemathek ein offenes Treffen für alle
Filmschaffenden und Interessierten der Region an. Die AGDOK wurde 1980 gegründet und ist der einzige auf Kino-Dokumentarfilm und dokumentarische Fernsehformate spezialisierte Berufsverband in Deutschland. Anlässlich des Festivals werden Filmschaffende aus Baden-Württemberg ihre aktuellen Projekte und Ideen präsentieren und freuen sich auf den fachlichen Austausch sowie die Vernetzung. Wer eine Arbeit im Rahmen des Treffen präsentieren möchte, kann sich bei Sabine Willmann unter post@sabine-willmann.de melden.
Bereits zum zweiten Mal wird im Rahmen des Festivals das dokKa Recherche-Stipendium vergeben, das durch die Ursula Blicke Stiftung ermöglicht wird. Mit bis zu 15.000 Euro – im letzten Jahr waren es noch 10.000 Euro – werden künstlerisch-dokumentarische Projekte aus den Bereichen Dokumentarfilm und Hördokumentation unterstützt. Gefördert werden die Recherche und Vorbereitung von Projekten. Für die hierbei entstehenden Kosten, zum Beispiel für Reisen, Archivauskünfte oder Honorare, wird ein Zuschuss gewährt.
Und besonders freut es die Festivalmacher:innen, dass dokKa in diesem Jahr eine Förderung des Fonds Soziokultur aus dem Programm der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) “Neustart Kultur” erhalten hat.
Geburtstagsparty und Preisverleihungen
Die große dokKa-Geburtstagsparty startet am 20. Mai 22 Uhr im Foyer der Kinemathek. Alle Festival-Besucher:innen sind herzlich eingeladen, sich bei kühlen Getränken und anregender Musik von Projektionen verzaubern zu lassen, die auf künstlerische Weise einen Rückblick auf zehn Jahre dokKa wagen.
Zum Abschluss des Festivals werden am 21. Mai 20 Uhr die Preise verliehen. Dazu gehören die Ehrung als bester Dokumentarfilm sowie die Auszeichnung des besten Hörstückes. Die Entscheidungen zur Preisvergabe fällen Friederike Horstmann, Ivo Zen sowie Lydia Heller, die der diesjährigen Jury angehören. Zudem wird verkündet, wer ein Recherche-Stipendium erhält.
Traditioneller Abschluss des Festivals ist die Wiederholung des dokKa-Gewinnerfilms in der Kinemathek Karlsruhe.
(Quelle: dokKa e.V.)