Eltern können in die Situation kommen, dass sie ihre Kinder nicht mehr selbst versorgen können. Wenn sich im familiären Umfeld der Familie keine Person findet, die dann einspringen kann, kommt die Unterbringung in einer sogenannten Bereitschaftspflegefamilie in Frage.
Um insbesondere eine gute Versorgung kleiner Kinder sicherzustellen, konnte das Jugendamt des Rhein-Neckar-Kreises im Jahr 1994 erstmals fünf Pflegefamilien als Bereitschaftspflegefamilien vertraglich binden. Die Familien waren dem Jugendamt bereits über Jahre hinweg als Vollzeitpflegeeltern bekannt und hatten sich durch ihre menschliche und pädagogische Arbeit bewiesen. Die Pflegefamilien waren darüber hinaus krisenerprobt und konnten bereits Erfahrungen mit Themen wie Entwicklungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten sowie im Umgang mit Institutionen und Gerichten sammeln.
Seither hat sich das Konzept der Bereitschaftspflege den veränderten Gegebenheiten angepasst. Wurden die Bereitschaftspflegeplätze in den Anfangsjahren noch mit älteren Kindern belegt, so ist der Bedarf an Plätzen für Säuglinge und Kleinkinder in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Inzwischen stehen dem Rhein-Neckar-Kreis 19 Bereitschaftspflegestellen mit insgesamt 22 Plätzen zur Verfügung. Nahezu die Hälfte der Bereitschaftspflegekinder ist unter drei Jahre alt. Es handelt sich dabei oftmals um Neugeborene, Säuglinge oder auch um Frühgeborene mit erheblichen Schädigungen und Behinderungen aufgrund der Alkohol- oder Drogenabhängigkeit der leiblichen Eltern sowie deren psychischen Erkrankungen.
Der Ablauf der Unterbringung eines Kindes in der Bereitschaftspflege ist klar strukturiert und geregelt: Geht eine Gefährdungsmeldung beim Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes ein, fragt dieser zunächst beim Pflegekinderdienst an. Das Bereitschaftspflegteam berät im Anschluss, welche Bereitschaftspflegefamilie für diesen Fall in Frage kommt. Bei dieser wird eine Anfrage gestellt, die Situation des Kindes beschrieben und der Übergabemodus des Kindes geplant. Für die Familien bedeutet dies, dass sie sich jederzeit auf eine andere Situation einstellen und ihre persönliche Planung der nächsten Wochen und Monaten umstellen müssen.
Der ständige Wechsel der Kinder, die erforderliche Empathie, die Bereitschaft Arzt- oder Gerichtstermine wahrzunehmen sowie die Teilnehme an Besuchskontakten mit den leiblichen Eltern erfordern von den Bereitschaftspflegeltern ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft und Flexibilität. Sie unterstützen dabei die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes bei der Klärung, ob ein Kind zu den leiblichen Eltern zurückkehren kann, ob eine Heimeinrichtung für seine besondere Problematik sinnvoll ist oder ob es langfristig in einer Pflegefamilie leben kann.
Die Bereitschaftspflegeeltern werden kontinuierlich von den Bereitschaftspflegeteams begleitet. Neben den Einzelgesprächen und Hausbesuchen besteht für sie ebenfalls die Möglichkeit, Fortbildungen und Supervisionen zu besuchen. Das Jugendamt zahlt den Bereitschaftspflegeeltern zudem ein Pflegegeld, das sich aus einem monatlichen Erziehungszuschlag und einem Sachkostenaufwand zusammensetzt. Ab dem 1. Januar 2015 wird der Erziehungszuschlag für das erste Jahr der Pflege erhöht. Gemeinsam mit dem Sachkostenaufwand ergibt sich somit beispielsweise bei Kindern unter sechs Jahren ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 1.315 Euro.
Der Rhein-Neckar-Kreis sucht auch weiterhin aufgeschlossenen Personen, die eine Tätigkeit in der Bereitschaftspflege wahrnehmen möchten. Alle Interessierten erhalten bei Petra Diehl vom Jugendamt des Rhein-Neckar-Kreises unter der Telefonnummer 06221 522-1520 weitere Informationen.