Der Verwaltungsausschuss des Kreistags beriet in seiner jüngsten Sitzung am 6. November 2014 die aktuelle Situation bei der Asylbewerberunterbringung. Die Situation verschärft sich, weil die Flüchtlingszahlen rasant ansteigen. Mit 230.000 Asylbewerbern wird 2014 bundesweit gerechnet, das sind 81% mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig wird die Lücke zwischen eingeleiteten und abgeschlossenen Asylverfahren immer größer.
Von Januar bis September 2014 wurden rund 50.000 Asylverfahren mehr eingeleitet als abgeschlossen, über fast 145.000 Asylverfahren ist noch nicht entschieden, wodurch sich die Verweildauer in den Gemeinschaftsunterkünften verlängert und den Aufnahmedruck erhöht. 789 Personen wurden in den ersten neun Monaten des Jahres neu in die Gemeinschaftsunterkünfte des Landkreises aufgenommen, von denen es mittlerweile 14 mit insgesamt 1.200 Plätzen gibt. Im Vorjahr waren es noch 433 Personen. Bis Ende diesen Jahres muss die Kapazität auf 1.500 und bis Ende nächsten Jahres auf 3.500 Plätze aufgestockt werden. Asylbewerberunterkünfte wird es dann in allen 32 Kreiskommunen geben.
Um die Aufnahmequote erfüllen zu können, mussten mit Hochdruck neue Plätze geschaffen werden. Dies geschah in Form von Erweiterungen bestehender Gemeinschaftsunterkünfte wie in Rheinstetten und Bretten, der Anmietung neuer Unterkünfte in Forst und Oberhausen-Rheinhausen sowie durch zusätzliche Wohncontainer in Zeutern und Stutensee. Weitere mobile Wohneinheiten wurden für Waghäusel beauftragt und als Alternative für die derzeitige Unterbringung in Karlsbad-Ittersbach Wohncontainer geordert. Gleichzeitig sucht der Landkreis nach neuen Liegenschaften; Anfang 2015 sollen in Linkenheim-Hochstetten und in Kraichtal, Mitte des Jahres in Bretten-Diedelsheim Unterkünfte realisiert werden. Konkrete Gespräche werden derzeit u. a. mit Oberderdingen, Graben-Neudorf, Ettlingen, Pfinztal, Sulzfeld, Weingarten und Walzbachtal und Bad-Schönborn/Kronau geführt.
Landrat Dr. Christoph Schnaudigel informierte daneben, dass der Landkreis mit der Agentur für Arbeit konkrete Maßnahmen entwickelt, um Asylbewerber so weit als möglich auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln, sobald das Arbeitsverbot von neun auf drei Monate reduziert und die Vorrangprüfung für Asylbewerber, die sich mehr als 15 Monate in Deutschland aufhalten, entfallen wird.
Der Landkreis Karlsruhe hat derzeit 15 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufgenommen, die im Rahmen der Jugendhilfe stationär betreut werden. Nach einem neuen Verteilschlüssel wird die Zahl voraussichtlich auf über 30 steigen. Die Jugendhilfeeinrichtung Schloss Stutensee gGmbH hat bereits eine Inobhutnahmegruppe von acht Plätzen eingerichtet, eine Erweiterung wird derzeit intensiv geprüft.
Der Landrat informierte weiterhin, dass er Vertreter von Kirchengemeinden eingeladen hat, um gemeinsam für bürgerschaftliches Engagement sowohl im Bereich der vom Landratsamt betriebenen Gemeinschaftsunterkünfte als auch im Bereich der Anschlussunterbringung in den Gemeinden zu werben, und kündigte an, dass das Landratsamt künftig ehrenamtliche Aktivitäten koordiniert. Dies auch vor dem Hintergrund, dass sich im Bereich der Anschlussunterbringung die Zahl der zu verteilenden Personen gegenüber dem Vorjahr auf 250 verdoppelt hat und für 2015 von einer weiteren Verdoppelung auf rund 500 Personen auszugehen ist. Unklar ist dabei, wann die Aufnahme von rund 15.000 syrischen Flüchtlingen im Bundesgebiet ansteht, von denen im Landkreis Karlsruhe rund 75 Personen aufgenommen werden müssen. Weitere Aufnahmepflichten könnten sich aus der Aufnahme von jüdischen Zuwanderern aus der ehem. Sowjetunion sowie Opfern des IS-Terrors, das Land Baden-Württemberg hatte hier die Aufnahme von 1.000 Frauen und Mädchen angeboten, ergeben.
Das Defizit bei der Asylunterbringung hatte sich innerhalb von 24 Monaten bis Ende 2014 auf rund sieben Millionen EUR erhöht. Die Landespauschalen von derzeit 12.316 EUR bzw. deren angekündigte Erhöhung auf 13.722 EUR bis 2016 reichen bei weitem nicht aus, um die tatsächlich entstehenden Kosten zu decken, notwendig wären mindestens 19.100 EUR pro Asylbewerber bei 24 Monaten. Landrat Dr. Christoph Schnaudigel plädierte deshalb erneut für eine Erstattung sämtlicher Kosten durch das Land.
Der Verwaltungsausschuss beauftragte die Verwaltung, dem Kreistag ein detailliertes Konzept über die weiteren Umsetzungsschritte vorzulegen.