Kirche und Staat sind Partner, die einander in „fördernder Neutralität“ respektieren und ergänzen. Bei einem Empfang des pfälzischen Kirchenpräsidenten Christian Schad zum Themenjahr „Reformation und Politik“ am Freitag im Hambacher Schloss unterstrich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer die Rolle der Kirche in einer demokratischen Gesellschaft. Politische Freiheit, Selbstbestimmung und Rechtsstaatlichkeit, Solidarität, Frieden und Gerechtigkeit seien Werte, für die es sich lohne, sich gemeinsam einzusetzen, erklärten Schad und Dreyer.
Dass Kirchenpräsident Christian Schad die Vertreter von Politik und Kirche ins Hambacher Schloss eingeladen hat, kommt nicht von ungefähr. Der historische Ort als Inbegriff und Symbol für die deutsche Freiheits- und Demokratiegeschichte sei auch eng mit der Geschichte der pfälzischen Landeskirche verbunden. Denn unter den Demonstranten für Freiheit und Demokratie am 27. Mai 1832 waren viele Pfarrer und Theologiestudenten, sagte Schad zur Begrüßung der rund 160 Gäste aus der Pfalz und Saarpfalz. Unter ihnen waren neben der Ministerpräsidentin, Abgeordnete, Bürgermeister und Landräte aus der Pfalz und Saarpfalz sowie der Vorsitzende der Stiftung Hambacher Schloss, Kulturstaatssekretär Walter Schumacher.
„Der Einsatz für Demokratie und die Anerkennung der politischen Arbeit liegen uns auch heute am Herzen“, sagte Kirchenpräsident Schad in seiner Ansprache. Den haupt- und ehrenamtlich in der Politik Engagierten sprach Schad seine Wertschätzung aus – sie brächten sich zum Wohl der Gesellschaft ein. Häufig werde übersehen, wie viel Verhandlungsgeschick es brauche, den Anliegen der Bürger gerecht zu werden. „Ich danke Ihnen für Ihr politisches Engagement und mache Ihnen Mut, nicht nachzulassen, für Demokratie und bürgerschaftliche Beteiligung in unserem Land einzustehen.“
Die Bergpredigt als Kompass für Entscheidungen: Christliche Überzeugungen und Werte sind nach Ansicht von Ministerpräsidentin Malu Dreyer eine Option für Gesellschaft und Politik. „Ohne inneren Kompass geht es nicht“, sagte Dreyer. Ihr selbst gebe der Glaube die Möglichkeit, das eigene Leben „immer wieder zu überprüfen“ – was auch, im Sinn einer ethischen Verantwortung, Einfluss haben könne auf politische Entscheidungen. Freilich könne auch eine Politik ohne die Bergpredigt eine gute Politik sein. Nichtchristliche Politiker fänden ihren Kompass eben an anderen Stellen.
In einer vom Pressesprecher der Landeskirche, Kirchenrat Wolfgang Schumacher, sowie dem Leiter des Rundfunkreferates Saar, Dejan Vilov, moderierten Gesprächsrunde waren sich Dreyer und Schad einig, dass der regelmäßige Dialog zwischen Kirche und Politik für beide Seiten bereichernd und unverzichtbar ist. Schad verwies auf Parallelen zwischen dem politischen Parlamentarismus und dem presbyterial-synodalen System der protestantischen Landeskirche – „nur dass es bei uns keine Fraktionen gibt“. Und beide, Kirche und Staat, haben dieselben Visionen und Herausforderungen: Soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Bewahrung der Schöpfung und – für Kirchenpräsident Christian Schad aktuell besonders drängend – die Flüchtlingshilfe.
Fragen nach der Rolle der Frauen („Die evangelische Kirche macht das gut. Es gibt viele Frauen in den repräsentativen Etagen. Vielleicht kommt auch bald eine Kirchenpräsidentin. Wir hoffen aber, dass uns Kirchenpräsident Schad noch eine Weile erhalten bleibt“) und nach der Ökumene („Bleiben Sie dran“) beantwortete Malu Dreyer locker und launig. „Wenn ich Luther richtig verstanden habe, wollte er die Kirche reformieren und nicht spalten“, sagte die Katholikin mit Blick auf das Reformationsjubiläum. Kirchenpräsident Schad ergänzte: „Wir teilen alle ökumenische Visionen.“
Die Evangelische Jugendkantorei der Pfalz unter der Leitung von Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald und das Neustadter Posaunenconsort unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor i.R. Traugott Baur gestalteten den Abend musikalisch mit Fest- und Freiheitsliedern. Die Veranstaltung fand im Rahmen der von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ausgerufenen Reformationsdekade statt.