Die Landeshauptstadt Mainz blickt auf eine 2000-jährige Geschichte zurück. Diese reiche Vergangenheit sichtbar zu machen, nicht nur für die Menschen heute, sondern auch für künftige Generationen, ist Ziel der Konzeption „Historisches Mainz“.
Historische Baudenkmäler, Orte und Plätze werden seit mehr als 20 Jahren mit Hinweistafeln in einheitlicher Art und Weise beschildert und dadurch wieder stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Die mehr als 200 Tafeln befinden sich mittlerweile an vielen Orten in der Innenstadt, aber auch an vielen interessanten Gebäuden in den Mainzer Stadtteilen. Im Rahmen dieser Konzeption wurde nun die Wandtafel am „Provinzial-Arresthaus“, dem ehemaligen Untersuchungsgefängnis in der Diether-von-Isenburg-Straße, fertig gestellt. Oberbürgermeister Michael Ebling übergab am Montag die Stele im Beisein des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung der Öffentlichkeit: „Das „Historische Mainz“ hat sich zu einer regelrechten „Bürgerbewegung“ entwickelt, die sich für die Erinnerungskultur in unserer Stadt einsetzt und damit zugleich auch für den Tourismusstandort Mainz“.
Das Gebiet zwischen der Kaiser-Friedrich-Straße und der Rheinallee war bis Ende des 19. Jahrhunderts fast ausschließlich geprägt vom Kurfürstlichen Schloss und der 1844 an der Diether-von-Isenburg-Straße errichteten Schlosskaserne, einem gewaltigen Bau mit der dreifachen Länge des Schlossnordflügels. Eine städtebauliche Neuordnung dieses zwischen Alt- und Neustadt gelegenen Areals wurde notwendig. Im Jahr 1900 lobt die Stadt Mainz deshalb einen Wettbewerb aus. Dabei ging die Darmstädter Architekt Friedrich Pützer als Gewinner hervor. Nach Abbruch der Schlosskaserne wollte er dort ein neues Stadtzentrum bauen mit überwiegend öffentlichen Gebäuden. Das von Pützer auf dem Ernst-Ludwig-Platz geplante Rathaus wurde allerdings nie realisiert. Einen Wettbewerb für ein neues „Justizgebäude“ und ein „Provinzial-Arresthaus“ gewannen 1903 die Architekten Paul und Karl Bonatz. Nach ihren allerdings überarbeiteten Plänen entstand 1908 zeitgleich mit dem Justizgebäude der aus mehreren Flügeln bestehende Gefängnisbau. Dessen Fassade setzt an der Kaiser-Friedrich-Straße die meisten Gestaltungsmerkmale des Gerichtgebäudes fort. Zuletzt wurde das frühere Arresthaus bis Ende 2002 als Untersuchungsgefängnis genutzt.
Nachdem endgültig feststand, dass das Land Rheinland-Pfalz weiterhin Eigentümer bleiben sollte, erfolgten weitreichende Aus- und Umbauarbeiten. Zu ihnen gehörte auch die Zusammenlegung von jeweils zwei oder drei Zellen, um ausreichend große Büroräume zu erhalten. Man ertüchtigte die Decken und sorgte für eine zeitgemäße technische Ausstattung. Vier Aufzüge gewährleisten heute eine barrierefreie Erschließung. Das einstige „Provinzial-Arresthaus“ bildet mit dem Gerichtsgebäude ein monumentales Ensemble. Nicht nur stadthistorisch, sondern auch architekturgeschichtlich kommt sowohl dem einstigen Gefängnis als auch dem Gerichtsgebäude eine besondere Bedeutung zu. Es handelt sich um die beiden ersten der von Paul Bonatz ausgeführten Großbauten. Mit dem von ihm 1913 entworfenen Stuttgarter Hauptbahnhof und dem Hauptgebäude der bekannten Sektkellerei Henkell in Wiesbaden-Biebrich setzte er frühe Zeichen für seine Arbeiten in den 1920er Jahren. Diese Arbeiten machten ihn zu einem der bedeutendsten deutschen Architekten jener turbulenten Epoche.