Gegen die Regelung des rheinland-pfälzischen Ladenöffnungsgesetzes, welche die Festsetzung von höchstens vier verkaufsoffenen Sonntagen pro Gemeinde in einem Kalenderjahr gestattet, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz nach nochmaliger und vertiefter Prüfung der auf dieser gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage erlassenen Rechtsverordnung der Stadt Worms über die Freigabe des verkaufsoffenen Sonntags in Worms am 29. Dezember 2013 in einem Normenkontrollverfahren. Es hatte bereits im Dezember vorigen Jahres den Antrag der Gewerkschaft ver.di (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft), den Vollzug dieser Verordnung im Wege einer einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen, abgelehnt.
Nach dem Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz müssen Verkaufsstellen an Sonntagen grundsätzlich geschlossen sein. Abweichend hiervon können Städte durch Rechtsverordnung an höchstens vier Sonntagen eine Öffnung der Geschäfte zulassen. Von dieser gesetzlichen Ermächtigung machte die Stadt Worms Gebrauch und setzte mit der angegriffenen Rechtsverordnung einen verkaufsoffenen Sonntag am 29. Dezember 2013 für die Zeit von 13 bis 18 Uhr fest.
Zur Begründung ihres hiergegen gestellten Normenkontrollantrags machte die Gewerkschaft ver.di geltend, die Verordnung sei rechtswidrig, weil bereits ihre Ermächtigungsgrundlage im Ladenöffnungsgesetz gegen den verfassungsrechtlich gewährleisteten Sonn- und Feiertagsschutz verstoße. Denn sie lasse voraussetzungslos vier verkaufsoffene Sonntage im Kalenderjahr zu. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Normenkontrollantrag als unbegründet ab.
Die angegriffene Verordnung sei rechtmäßig, ihre Ermächtigungsgrundlage im Ladenöffnungsgesetz sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Grundgesetz schütze den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung. Die Landesverfassung hebe das Prinzip der Arbeitsruhe sogar noch ausdrücklicher hervor als das Grundgesetz. Der verfassungsrechtliche Sonn- und Feiertagsschutz fordere insbesondere, dass für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis bestehe. Die Erwerbsarbeit solle an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich ruhen. Die gesetzliche Regelung, wonach verbandsfreie Gemeinden, Verbandsgemeinden und kreisfreie und große kreisangehörige Städte durch Rechtsverordnung bestimmen können, dass Verkaufsstellen an höchstens vier Sonntagen pro Gemeinde in einem Kalenderjahr geöffnet sein dürfen, stehe mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang und wahre ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes. Dabei sei auch zu beachten, dass das Ladenöffnungsgesetz eine Öffnung von Verkaufsstellen an einer Reihe von Sonntagen ausnahmslos ausschließe, nämlich am Ostersonntag, Pfingstsonntag, Volkstrauertag, Totensonntag, an Adventssonntagen im Dezember sowie an Sonntagen, auf die ein Feiertag falle. Darüber hinaus dürfe die zugelassene Ladenöffnungszeit fünf Stunden nicht überschreiten und nicht in der Zeit zwischen 6.00 Uhr und 11.00 Uhr – während der Hauptgottesdienste – liegen. Die Regelung gestatte entgegen der Annahme der Antragstellerin auch nicht voraussetzungslos und ohne das Vorliegen von Sachgründen die Zulässigkeit von vier verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen im Jahr. Vielmehr sehe die Landesverfassung selbst die Möglichkeit vor, Ausnahmen vom Schutz der Arbeitsruhe zuzulassen, wenn es das Gemeinwohl erfordere. Dieses Gemeinwohlerfordernis gelte unmittelbar und binde die hier zuständigen Stellen. Zudem sehe das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren vor, dass vor Erlass einer Rechtsverordnung zur Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und kirchliche Stellen, die jeweilige Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer sowie gegebenenfalls die betroffene Ortsgemeinde anzuhören seien. Damit werde hinreichend gesichert, dass Aspekte, die gegen eine Öffnung von Verkaufsstellen an einem Sonntag sprächen, nicht unberücksichtigt blieben.
Urteil vom 20. Mai 2014, Aktenzeichen: 6 C 10122/14.OVG