MiRO und Stadtwerke bauen Wärmeauskopplung zur Nutzung von Prozessabwärme für die Fernwärmeversorgung weiter aus

Raffinerieabwärme für noch mehr Karlsruher Wohnungen

Dr. Hans-Gerd Löhr, Sprecher der Geschäftsführung der MiRO; Margret Mergen, Erste Bürgermeisterin der Stadt Karlsruhe; Dr. Karl Roth, Technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Karlsruhe. 

Die Mineraloelraffinerie Oberrhein (MiRO) und die Stadtwerke Karlsruhe haben den weiteren Ausbau der Wärmeauskopplung aus der Raffinerie in Karlsruhe beschlossen. Schon seit Herbst 2010 nutzen die Stadtwerke überschüssige Niedertemperatur-Abwärme aus den Raffinerieprozessen eines Werkteils für die Fernwärmeversorgung. Mit Gesamtinvestitionen in Höhe von rund 25 Millionen Euro werden beide Unternehmen bis Herbst 2015 auch die Nutzung weiterer Abwärmequellen im zweiten Werkteil der Raffinerie erschließen.

Zukünftig Wärmemenge für 43.000 Wohnungen

Bisher nutzen die Stadtwerke Karlsruhe Prozessabwärme mit einer Leistung von rund 40 Megawatt aus dem Werkteil 2 der MiRO für die Fernwärmeversorgung. 2013 haben die Stadtwerke insgesamt rund 300.000 Megawattstunden von der MiRO bezogen; das entspricht dem Wärmebedarf von rund 25.000 Haushalten und spart 65.000 Tonnen Kohlendioxid (CO2) pro Jahr. Mit der Niedertemperatur- Prozessabwärme aus dem Werkteil 1 der Raffinerie stehen den Stadtwerken zusätzlich jährlich rund 220.000 Megawattstunden für die Fernwärme zur Verfügung. Das Unternehmen plant, diese Wärme ab Oktober 2015 ins Fernwärmenetz einzuspeisen. Diese Wärmemenge entspricht dem Bedarf weiterer 18.000 Wohnungen. Aktuell werden in Karlsruhe rund 26.000 Wohnungen mit Fernwärme beheizt. Hinzu kommt in der gleichen Größenordnung die Fernwärmeabgabe an Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Industrie. Darüber hinaus werden durch den extensiven Ausbau der Fernwärmeversorgung in Karlsruhe bis 2020 rund 40.000 Wohnungen und viele weitere Gewerbe und Industrieunternehmen an die Fernwärme angeschlossen.

„Karlsruhes größtes Umweltprojekt erreicht eine neue Entwicklungsstufe“, freut sich Erste Bürgermeisterin Margret Mergen. „Mit der Nutzung von Prozessabwärme aus der Raffinerie werden zukünftig jährlich über 100.000 Tonnen CO2 vermieden. Damit leisten beide Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Karlsruher Klimaschutzziele“, so Mergen weiter. Auch für Dr. Karl Roth, Technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Karlsruhe, stehen die Umweltaspekte im Vordergrund. „Nachhaltigkeit und Klimaschutz bilden die Grundlage, an Hand derer die Glaubwürdigkeit und die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens gemessen wird“, so Roth. „Das MiRO-Projekt, das 2013 mit dem Energy Award ausgezeichnet wurde, gehört zu den Leuchtturmprojekten der Energiewende und findet in ganz Europa Interesse.“ Die Energieeffizienz der Raffinerie wird durch die Niedertemperatur-Abwärmenutzung um 5 Prozent gesteigert. „Das hilft der Umwelt und unserem Raffineriestandort Karlsruhe um im Wettbewerbsvergleich noch besser auszusehen“, unterstreicht Dr. Hans-Gerd Löhr, Sprecher der Geschäftsführung der MiRO.

Wärme für die Stadt und zwei neue Stadtteile

Die Stadtwerke Karlsruhe betreiben ein rund 180 Kilometer langes Fernwärmenetz, das im Moment durch den Bau einer dritten Hauptleitung nach Süden erweitert wird. Dadurch erschließen die Stadtwerke bis 2019 Daxlanden, Grünwinkel, Oberreut und Rüppurr für die umweltschonende Fernwärmeversorgung. Das Heizwasser stammt schon heute zu über 90 Prozent aus Kraft-Wärme-Kopplung bei der Stromerzeugung im Rheinhafen-Dampfkraftwerk der EnBW und aus Prozessabwärme der Mineraloelraffinerie Oberrhein. Dort fällt Abwärme mit Temperaturen unter 130 °C an, die dort nicht weiter wirtschaftlich genutzt werden kann. Für die Fernwärmeversorgung reicht diese Temperatur. Diese Prozessabwärme wird vorrangig durch innovative Plattenwärmetauscher, die für eine effektive Wärmeübertragung auf engstem Raum sorgen, aus den Anlagen der Raffinerie ausgekoppelt und über eine Transportleitung zur Fernwärmezentrale der Stadtwerke Karlsruhe im Heizkraftwerk West geleitet. Hier wird sie in das Fernwärme-Stadtnetz eingespeist. Diese Leitung wurde von vornherein so dimensioniert, dass sie nun auch die Wärme aus dem zweiten Werkteil transportieren kann. Eine weitere Fernwärmeleitung führt von der Raffinerie über das Neubaugebiet Knielingen 2.0 nach Norden und endet im Neubaugebiet Kirchfeld Nord. Sie beheizt die beiden neuen Karlsruher Wohngebiete auf militärischen Konversionsflächen komplett und nahezu CO2-frei mit Fernwärme aus der Raffinerie. Der Primärenergiefaktor des Karlsruher Fernwärme-Stadtnetzes liegt bei 0,49 und wird sich durch die erweiterte Nutzung von Abwärme aus der Raffinerie weiter verringern. Die spezifischen CO2- Emissionen der Karlsruher Fernwärme betrugen 2013 111 Gramm pro Kilowattstunde Heizwärme.

Vorteile der erweiterten Wärmenutzung aus der Raffinerie:

  • Wichtiger Beitrag zum Klimaschutz: Die Wärme aus der Raffinerie ist sowieso vorhanden, sie muss nicht extra erzeugt werden und ist daher qasi CO2-frei. Beide Unternehmen rechnen mit einer CO2-Einsparung von über 100.000 Tonnen pro Jahr – unter der Annahme, die verdrängte Wärme würde mit neuester Erdgas-Brennwerttechnik erzeugt. Damit ist die Wärmenutzung aus der Raffinerie das größte Karlsruher Umweltprojekt.
  • Erhöhung der Versorgungssicherheit durch die weiteren Wärmequellen auf dem Raffineriegelände.
  • Äußerst zuverlässige Wärmelieferung das ganze Jahr über.
  • Höhere Stabilität bei den Fernwärmepreisen: Der Preis für Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung bei der Stromerzeugung ist direkt abhängig von Preisschwankungen an der Strombörse. Die Abwärme aus der Raffinerie dagegen unterliegt geringeren Preisschwankungen (Pumpstrom, Reparaturen usw.).
  • Erstmalige Verknüpfung des Abwärmepotenzials einer Raffinerie mit einem großstädtischen Fernwärmenetz und daher Pilotprojekt mit Signalwirkung für andere Städte und Betriebe im In- und Ausland.
  • Erhöhung der Energieeffizienz der MiRO um rund 5 Prozentpunkte.
  • Ressourcenschonung, da die Fernwärme sonst mit fossilen Energieträgern oder in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden müsste.

​Fernwärme in Zahlen

Stundenwerte der Fernwärmeversorgung

Sommertag (minimal): 20 MW
Wintertag (maximal): 300 MW

Spitzen-Stundenwerte der Erzeugungsanlagen

MiRO-Abwärme (Werkteil 2 und Werkteil 1, neu) 90 MW
RDK 7 220 MW
RDK 8 (Abnahmemessung steht noch aus) >220 MW
Heizkraftwerk West in Kraft-Wärme-Kopplung 108 MW
Heizkraftwerk West, nur Fernwärme, keine Stromerzeugung 350 MW
Heizwerk Ahaweg 100 MW
Heizwerk Waldstadt 40 MW

Fernwärme-Hauptleitungen

Nördliche Hauptleitung: durch die Hildapromenade bis zur Waldstadt
Mittlere Hauptleitung: über Weinbrenner- und Gartenstraße zur Innenstadt
Dritte oder südliche Hauptleitung (neu): über Rheinhafen- und Pulverhausstraße nach Oberreut, in einem 2. Bauabschnitt bis Rüppurr

Investitionskosten

MiRO I (Werkteil 2) ca. 30 Mio. €
MiRO II (Werkteil 1) ca. 25 Mio. € 

Wärmeversorgung Nord ca. 12 Mio. €
Dritte Fernwärme-Hauptleitung ca. 35 Mio. €