Was macht eine Stadt überhaupt aus, was hebt sie ab von einer reinen Besiedlung? Was ist der Unterschied? Was der besondere Reiz? Mit diesen Fragen beschäftigten sich die Redner beim feierlichen Festakt der Stadt Weinheim am Samstagabend zum Jubiläum „750 Jahre Stadt Weinheim“. Mit ausdrucksstarken Reden und Grußworten, rund 500 geladenen Gästen, einem niveauvollen Kulturprogramm und guter Stimmung bis in den späten Abend wurde der Festakt zu einem ersten Höhepunkt im Jubiläumsjahr 2014.
„Städte lassen sich an ihrem Gang erkennen wie Menschen“. So zitierte Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard den Schriftsteller Robert Musil. „Was geht, das lebt auch“, ergänzte der OB – und dieses Leben in einer Kommune mache eine Stadt aus. Historisch und gegenwärtig seien die Städte die Wiege der Demokratie. Bernhard sprach dabei von einer „lokalen Demokratie, die immer wieder neu und von unten aufgebaut werden muss“. Diesmal zitierte er den Nürnberger OB und Städtetagspräsidenten Ulrich Maly, der die kommunale Ebene mitunter das „Versuchs-Laboratorium für die Weiterentwicklung der Demokratie“ nennt. Von der Wiege sprichwörtlich bis zur Bahre, so Bernhard, seien es in der Regel die kommunalen Leistungen, die von den Menschen als staatliches Handeln wahrgenommen werden. „Das bedeutet Verantwortung, das bedeutet aber auch, inmitten einer immer emanzipierteren und selbstbewussteren Gesellschaft ständig im Fokus zu stehen.“
Die Kommune habe die Nase immer im Wind – ein Fähnchen helfe da nicht viel. Die kommunale Ebene sei auch der Ort, wo Mitmenschlichkeit und Solidarität am schnellsten Hilfe und Unterstützung bringe. Hier werde die Lebenswelt zur Mitwelt. Hier präge sich die Stimmung der Menschen aus – und ein. Hier wolle der Mensch an der Hand genommen werden, hier brauche er Ansprache und Anschluss. Je globalisierter unsere Welt sei, je digitalisierter, schnelllebiger, unpersönlicher – umso mehr habe die Kommune die Aufgabe, Stabilität zu bieten. Stabilität und Sicherheit des direkten Umfeldes, das Gefühl des Aufgehobenseins. Heiner Bernhard: „Unsere Vision einer Stadt ist eine Gemeinschaft, in der man sich umeinander kümmert, in der man nicht beieinander, sondern miteinander lebt. Besser noch: Füreinander.“
Nachdem Bernhard zahlreiche Ehrengäste aus der ganzen Region begrüßt hatte, hielt der Heidelberger Historiker Prof. Dr. Bernd Schneidmüller einen ebenso kurzweiligen wie informativen Vortrag zur Weinheimer Stadtwerdung. Ein zentraler Satz darin lautete: „Nach fast einem Jahrhundert Hin und Her fiel schließlich ganz Weinheim dauerhaft an die Kurpfalz. Als die Wittelsbacher im 14. Jahrhundert die unveräußerlichen Bestandteile ihres Kurfürstentums definierten, gehörte Weinheim dazu. Die Folgen reichen bis in unsere Gegenwart. Wir hören heute nämlich gleich das Grußwort des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und nicht desjenigen von Hessen.“
In seinem Grußwort – stellvertretend für Rathaus- und Behördenchefs der Region – ging auch Mannheims Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz auf den Charakter einer Kommune ein und nannte – wie zuvor Heiner Bernhard – die Identifikation mit dem kommunalen Umfeld als zentralen Begriff.
„In den letzten 25 Jahren, die seit dem Fall der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze nun fasst vergangen sind, haben wir viele Gemeinsamkeiten und unterschiedliche Perspektiven gegenseitig kennen gelernt und sind in vielfältiger Weise aufeinander zugegangen“, so beschrieb es Jutta Fischer, die als Bürgermeisterin der Lutherstadt Eisleben für die Weinheimer Partnerstädte ein Grußwort übermittelte. Sie hatte auch eine politische Botschaft im Gepäck: „Wir wollen das Ziel, die Zusammenarbeit in Europa und der Welt nicht aus den Augen verlieren, denn genau so wichtig wie nach dem Zweiten Weltkrieg sind diese Städtefreundschaften heute, da es wieder verschiedenste Bestrebungen gibt, Grenzen zu verändern und damit Menschen heimatlos zu machen, sie Vertreibung, Schikanen und Unterdrückung auszusetzen.“
In launigen Worten und mit lustigen Anekdoten aus Weinheims Geschichte leitete Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner dann zum geselligen Teil des Abends über, der auf der Bühne zuvor vom Orchester der Musikschule gestaltet worden war. Im Foyer sorgte dann die Band „Travellers“ für einen stimmungsvollen Ausklang.