Klägerin des von der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe nunmehr entschiedenen Verfahrens ist eine GmbH, die in Bruchsal eine Tankstelle mitsamt einer Verkaufsstelle betreibt.
Die Verkaufsstelle besteht aus einem großen Raum, in dem ‑ ohne räumliche Abgrenzung – ein Kassenbereich, ein Verkaufsbereich für den Einzelhandelsbetrieb sowie ein Imbissbereich eingerichtet sind. Für diesen im Tankstellenshop integrierten Imbissbereich hatte die Stadt im Jahr 1992 der Klägerin eine Gaststättenerlaubnis ohne Betriebszeitbeschränkung erteilt. Die Klägerin verkauft auch nach 22.00 Uhr verschiedene alkoholische Getränke (Bier, Wein, Cognac etc.). Der Verkauf dieser Getränke erfolgt durch das Personal im Kassenbereich.
Die Stadt Bruchsal sieht darin einen Verstoß gegen das am 01.03.2010 in Kraft getretene nächtliche Alkoholverkaufsverbot in § 3a des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg. Sie untersagte der Klägerin daher den Verkauf von alkoholischen Getränken in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr. Dieses Verbot umfasst auch den Verkauf alkoholischer Getränke über die Straße, den sogenannten Gassenschank. Die Stadt erkennt an, dass der Verkauf alkoholischer Getränke in Gaststätten einschließlich des Gassenschanks durch das Alkoholverkaufsverbot im Gesetz über die Ladenöffnung zwar grundsätzlich nicht berührt wird. Dies gelte aber nur, wenn nach dem äußeren Erscheinungsbild ein separater Gaststättenbetrieb gegeben sei. Wenn sich allerdings, wie im Fall der Klägerin, Einzelhandelsbetrieb und Gaststättenbetrieb nicht eindeutig abgrenzen ließen, gelte das Alkoholverkaufsverbot auch für den Gaststättenbetrieb.
Dem ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt und hat die Verbotsverfügung der Stadt aufgehoben. In den Entscheidungsgründen heißt es: Der Klägerin werde durch die von ihr angefochtene Verfügung im Kern der nach Maßgabe des Gaststättengesetzes zulässige Gassenschank in der Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr verboten. Dafür fehle es derzeit aber an einer Rechtsgrundlage. § 3a des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg sei nicht einschlägig. Zwar gelte nach dieser Vorschrift das nächtliche Alkoholverkaufsverbot grundsätzlich auch für eine Verkaufsstelle, die im Zusammenhang mit einer Tankstelle betrieben werde. Die Klägerin könne sich aber auf ihre gaststättenrechtliche Erlaubnis berufen, derzufolge der Verkauf alkoholischer Getränke einschließlich Flaschenbier zum alsbaldigen Verbrauch an jedermann auch in der Nachtzeit grundsätzlich zulässig sei. Es handle sich im vorliegenden Fall um einen gemischten Betrieb, bei dem die Schankwirtschaft neben dem in demselben Raum betriebenen Einzelhandel ihre rechtliche Eigenständigkeit behalte mit der Folge, dass der sogenannte Gassenschank weiterhin erlaubt bleibe. Voraussetzung hierfür sei nicht, dass der Verkaufsbereich des Tankstellenshops vom Gaststättenbereich räumlich abgegrenzt sei. Eine räumliche Abgrenzung sei mit Blick auf die Gefahren, denen der Gesetzgeber mit dem Alkoholverkaufsverbot entgegentreten wolle, unerheblich. Die Regelungen über den Gassenschank könnten auch nicht im Wege einer einschränkenden Auslegung nur auf sogenannte typische Gaststätten angewendet werden, in denen der Umsatz mit den anwesenden Gästen im Vordergrund stehe, der Verkauf in Form des Gassenschanks aber nur untergeordnete Bedeutung habe. Es bestehe nämlich keine Gesetzeslücke. Vielmehr habe der Gesetzgeber die Problematik des sogenannten Gassenschanks durchaus gesehen und habe Gaststätten einschließlich Gassenschank bewusst aus dem nächtlichen Alkoholverkaufsverbot ausgenommen. Dem Gesetzgeber habe auch bewusst sein müssen, dass von den ca. 1850 Tankstellen im Land eine nicht unerhebliche Anzahl über eine Gaststättenerlaubnis verfüge. Das Verwaltungsgericht würde daher seine Kompetenzen überschreiten, wenn es „frei schöpferisch“ Tankstellen mit dazugehöriger Gaststättenerlaubnis vom Gassenschank ausnehmen würde. Es sei vielmehr Aufgabe des Gesetzgebers, die Belange des Gastgewerbes (einschließlich der Belange der Inhaber von Tankstellen mit dazugehöriger Gaststättenerlaubnis) mit den ordnungsrechtlichen Belangen abzuwägen, die für ein nächtliches Alkoholverbot sprächen.
Das Urteil vom 26.03.2014 – Az. 4 K 684/12 – ist nicht rechtskräftig. Die Stadt Bruchsal kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einlegen.